Psychosoziale ProzessbegleitungAb dem 1. Januar 2017 haben besonders schutzbedürftige Verletzte einen Anspruch auf professionelle Begleitung und Betreuung während des gesamten Strafverfahrens, die sogenannte psychosoziale Prozessbegleitung.
Was bedeutet psychosoziale Prozessbegleitung?Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der Begleitung vor, während und nach der Hauptverhandlung. Sie umfasst die qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung im Strafverfahren. Damit soll vor allem die individuelle Belastung der Opfer reduziert werden. Prozessbegleitung ersetzt also nicht die Anwältin oder den Anwalt. Rechtsberatung ist und bleibt die Aufgabe allein der Anwältinnen oder Anwälte. Prozessbegleitung ist eine nicht-rechtliche Begleitung und damit ein zusätzliches Angebot für besonders schutzbedürftige Opfer.
Psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter haben das Recht, bei Vernehmungen des Opfers dabei zu sein.
Wer ist anspruchsberechtigt?Insbesondere Kinder und Jugendliche, die Opfer von Gewalt- und Sexualdelikten geworden sind, haben einen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung. Allerdings muss ein Antrag bei Gericht gestellt werden, das bei Vorliegen der Voraussetzungen die Prozessbegleitung beiordnet.
Auch erwachsene Opfer können bei Gewalt- oder Sexualverbrechen einen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung haben ebenso wie Kinder, Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner, die ihren Angehörigen durch eine Straftat verloren haben. Hier entscheidet das Gericht auf Antrag nach Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens.
Muss man die psychosoziale Prozessbegleitung bezahlen?Im Falle einer Beiordnung durch das Gericht ist die Prozessbegleitung für das Opfer kostenfrei. In den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht vorliegen, kann sich jeder Verletzte auch auf eigene Kosten eine psychosoziale Prozessbegleitung nehmen.
Wer darf psychosoziale Prozessbegleitung vornehmen?Wichtig ist eine professionelle Begleitung. Daher werden hohe Anforderungen an die Kompetenzen der begleitenden Person gestellt. Im Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) sind die Mindestanforderungen an die Qualifikation geregelt. Die Prozessbegleiterin bzw. der Prozessbegleiter muss fachlich, persönlich und interdisziplinär qualifiziert sein.
Wie finde ich psychosoziale Prozessbegleiterinnen bzw. Prozessbegleiter?Die Länder sind für die Ausführung der psychosozialen Prozessbegleitung zuständig und damit auch für die Frage, welche Personen als Prozessbegleiterinnen oder Prozessbegleiter anerkannt werden. Weitere Informationen dazu finden Sie auf den jeweiligen Seiten der Ländern.
Nach welchen Standards arbeiten psychosoziale Prozessbegleiterinnen und Prozessbegeleiter?
Die psychosozialen Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter sind zur Neutralität gegenüber dem Strafverfahren verpflichtet. Aufgabe der Prozessbegleitung ist nicht die Aufklärung des Tatgeschehens. Das bedeutet, dass die Prozessbegleitung mit dem Opfer auch nicht über das Tatgeschehen selbst spricht oder das Tatgeschehen aufarbeitet. Darüber wird das Opfer auch zu Beginn der Prozessbegleitung aufgeklärt. Die Prozessbegleiterin oder der Prozessbegleiter kann auch jederzeit als Zeugin bzw. Zeuge im Strafprozess vernommen werden. Ein Zeugnisverweigerungsrecht steht den Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleitern nicht zu.
Die wesentlichen rechtlichen Grundlagen für die psychosoziale Prozessbegleitung sind in § 406g der Strafprozessordnung und im Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) geregelt.
Quelle:
http://www.bmjv.de/DE/Themen/Opferschut ... _node.htmlGesetzestext "Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren":
http://www.bmjv.de/DE/Themen/Opferschut ... onFile&v=1Gesetzestext aus der Strafprozeßordnung (StPO):
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__406g.htmlsowie weiterführende Infos zu den Ausführungsgesetzen der Länder NRW, Hessen und Bayern auf der Seite des BMJV, s. 1. Link oben
LG, Petra