Hallo,
ich bin „Verbündeter“ und muß mir aber einfach mal alles von der Seele schreiben.
Ich bin 39J, männlich.
Zum ersten mal kam ich mit sMB vor ca. 14 Jahren durch meine damalige Freundin in Berührung, die auch während der Beziehung zu mir durch ihren Vater mißbraucht wurde.
Wir haben uns in einem Internat kennengelernt, in dem ich studentischer Erzieher war und sie Schülerin. (ps: als ich merkte, daß wir uns beide ineinander verliebt hatten, habe ich sofort am nächsten Tag fristlos die Stelle gekündigt, um eine Chance auf eine gleichberechtigte Beziehung zu geben. Dies nur, um irgendwelchen Mißverständnissen vorzubeugen.)
Ich merkte recht schnell, daß meine damalige Freundin auch eine „dunkle“ Seite hatte, fragte sie auch mal, ob es irgendwas gäbe...aber sie wollte nicht drüber sprechen. Für mich war das soweit „ok“ und ich sagte halt in etwa „Wenn irgendwas ist, können wir über alles sprechen“, da es mir vorkam als tanze sie um ein Thema herum.
Im Laufe der Beziehung eröffnete sie mir dann, daß ihr Vater sie mißbrauche.
Ich habe dann versucht ihr zu helfen, sie zu stützen. Das Thema wurde immer „beziehungsbestimmender“, da sie einfach nicht reagierte. Ich war handlungsunfähig, da sie mir immer zu verstehen gab, daß sie keine Intervention von außen wünsche und sie mir das alles im Vertrauen gesagt habe. Letztendlich lief sogar alles ganz umgekehrt: Es kam dann dazu, daß sie die Stadt und das Internat verließ um wieder bei Ihrer Familie (und ihrem Vater!!) zu leben. In dem Moment zweifelte ich etwas an ihrer Glaubwürdigkeit, da ich überhauot nicht verstehen konnte, warum sie sich nicht mit Händen und Füßen gegen einen "Rückzug" in die Familie wehrte. Unsere „Beziehung“ wurde zu einer Fernbeziehung. Ich versuchte sie aus der Situation zu bekommen, bot ihr an, daß ich in „ihre Stadt“ ziehen könne und wir dann dort zusammen ziehen könnten. Sie verneinte.
Wir trennten uns immer öfter und kamen wieder zusammen. Es ging nicht „mit“! Es ging nicht „ohne“! „Mit“ war ich zu Tode betrübt und in permanenter Sorge, daß ihr etwas zustößt. „Ohne“ war es noch schlimmer, da ich Ihr dann überhaupt keine Rückzugsmöglichkeit mehr bieten konnte und ich es für mich als "ich lasse sie im Stich" ansah.
Ich denke, ihr ging es ähnlich...nur, daß sie „mit“ meiner Sorge nicht eine Beziehung führen konnte und „ohne“ mich keinen Ansprechpartner hatte. Vielleicht hätte ich sie damals auf „die Schnauze“ fallen lassen müssen. Vielleicht hätte sie dann reagiert.....ich weiß es nicht und werde es wohl auch nie sicher erfahren.
Aufgrund dessen, daß sie mir ja alles „im Vertrauen“ erzählt hatte, traute ich mich nie mit einer „offiziellen“ Stelle (Beratungsstelle, Psychologe etc.) in Kontakt zu treten, da ich dachte, daß es dann ggf. zum Selbstläufer (Gefahr in Verzug) geworden wäre und ich somit dann über den Kopf meiner Freundin entschieden hätte. Sie war ja auch nach ihrer Aussage in psychologischer Betreuung....aber: wie ich heute weiß, wird sie dort nicht alles erzählt haben....denn: da hätte die Psychologin anders reagieren müssen.
Nun ja: letztendlich trennten wir uns, ich lernte meine heutige Frau kennen und wir verloren uns fast vollständig aus den Augen. Dennoch blieb bei mir aber immer ein Fragezeichen stehen: „was hätte ich anders machen können/sollen/evtl. sogar müssen?“ und es versetzt mir immer einen traurigen Stich, wenn ich an meine Exfreundin denke. Ich habe mich aber nie getraut, nochmals bei ihr zu fragen, was aus der damaligen Situation geworden ist, da ich bei ihr keine schmerzlichen Erinnerungen hervorrufen möchte. Ich weiß lediglich, daß sie vor ca. einem Jahr eine langjährige Beziehung aufgab, da sie meinte nun den „Richtigen“ gefunden zu haben......ich wünsche es ihr.
Ich konnte ihr einfach damals nicht helfen, so sehr ich es mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln auch versuchte und ich fühlte mich so verantwortlich. Immerhin war ich doch einige Jahre älter und dachte immer: „Wenn sie jetzt einen Freund in ihrem Alter findet...der wird damit nicht mal annähernd fertig. Du mußt Dich bemühen! Du musst für sie stark sein!“ Es war auch so......ihr Ex-Freund (ich kannte ihn nicht) war laut ihren Aussagen regelmäßig in Thera und Klinik.
Was bewegt mich aber dazu jetzt (nach 14 Jahren) darüber zu schreiben?
Nun passierte vor drei Monaten folgendes: Eine Mitarbeiterin von mir, welche mir gut vertraut ist, teilte mir mit, daß sie (jetzt 22-jährig) im Alter von ca. 6 – 18 Jahren von ihrem Vater mißbraucht wurde.
Ich habe zunächst erschrocken reagiert, mich dann aber mit ihr unterhalten und ihr u.a. auch den Rat bzgl. eines Psychologen bzw. Thera gegeben. In den weiteren Gesprächen wurde ich aber (zunächst von mir nicht als unnormal bemerkt) emotional immer gebundender, begann eine irrationale Angst zu entwickeln, daß sie (die ja anders als meine Exfreundin damals nicht mehr IN der Mißbrauchs-Situation ist) mißbraucht werden könnte.
Dann fiel mir auf, daß ich die beiden Personen (meine Exfreundin und die Mitarbeiterin) nicht mehr sauber auseinanderhalten kann....es passierte, daß ich in Gedanken ihre Namen unabsichtlich vertauschte bzw. immer wieder den Namen meiner Exfreundin nannte, wenn ich eigentlich an die Mitarbeiterin dachte.
=> ich habe sofort einen Termin beim Psych gemacht und hatte nun auch schon eine Sitzung. Den Kontakt zur Mitarbeiterin muss ich/ müssen wir wieder auf „normales“ Geschäftsgebahren runter schrauben, was unheimlich schwer ist. Aber alles andere wäre für beide nicht gut.
Nur: es tut so weh, wenn man weiß, daß jemandem Leid widerfahren ist und man (weil man selber zur Zeit nicht in der notwendigen Verfassung ist) nicht unterstützen darf, sondern den/diejenige beiseite stellen muß. Aber es ist schon richtig: ich bin emotional viel zu aufgewühlt, als daß ich eine adäquate Stütze sein könnte.
Nun ja, übernächste Woche habe ich meinen nächsten Psych-Termin, den ich schon sehnsüchtig erwarte, da ich einfach im Moment nicht alleine mit der Thematik zurecht komme.
Mit meiner Frau kann ich nicht wirklich über das Thema sprechen. Dies würde sie an meiner Liebe zu ihr zweifeln lassen und den „Stich“ möchte ich ihr nicht setzen. Ich habe zwei wirklich Top-Freunde mit denen ich auch sprechen kann und die sich wirklich redlich bemühen. Aber ich glaube, ich muß die damalige Situation endlich professionel aufbereiten.
Wer bis hierhin gelesen hat: danke......es musste einfach mal in Schriftform raus. ------ Nun, habe ich alles noch mal gelesen und überlege, ob ich es überhaupt noch veröffentlichen soll.....weil: mir ist beim Schreiben einfach schon vieles klarer geworden. Ach, ich stell´s mal ein....vielleicht hilft es irgend jemanden oder er/sie findet sich wieder.
Viele Grüße
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