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 Betreff des Beitrags: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 11.05.2015, 18:57 
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Registriert: 11.05.2015, 18:49
Beiträge: 3
Hallo liebes Forum,

mein Name tut nichts zur Sache, aber ich bin männlich und Mitte 30.


Es ist eine schwierige Situation, in der ich Hilfe von Menschen suche, die über dieses Thema mehr Erfahrung oder vlt. besser mehr Weisheit verfügen als ich selbst. Zunächst kurz, was ich empfinde, bevor ich das eigentliche Problem schildere. Bin überaus ratlos und frustriert, denn das Wissen was ich über eine Person (weiblich) habe löst in mir einen großen Gewissenskonflikt aus:

Respektiere ich Ihren Wunsch der Geheimhaltung oder wende ich mich an Personen die dieses Verbrechen ahnden und für Gerechtigkeit sorgen. Ich nutze nun die Gelegenheit der Anonymität und versuche so exakt wie möglich zu beschreiben was ich erlebt habe. Aber genug davon, hier geht es nicht um mich sondern um eine junge Frau dessen Leben die Hölle sein muss. Trotzdem muss ich die Geschichte wohl aus meiner Sicht schildern.

Vor ca. eineinhalb Jahren führte mich meine persönliche Situation in ein neues berufliches Umfeld, in dem ich sie kennen lernte. Zunächst hatten wir nur auf kollegialer Ebene, sprich beruflich miteinander zu tun. Das änderte sich aber nach einigen Wochen, denn wir stellten fest, dass wir uns gegenseitig sympatisch waren. Das übliche "näher kennen lernen" fand statt, ausschließlich aber zu Arbeitszeiten. Privat hatten wir vorerst keinen Kontakt.

Aber auch das änderte sich bald. Sie lud mich zu sich ein und bei diesem Treffen stellte sich für mich definitiv heraus, dass diese Frau etwas zu verbergen hat. Natürlich habe ich auch vorher bemerkt, dass etwas nicht stimmen kann, denn sie hatte an einigen Tagen im Betrieb seltsame Verhaltensweisen gezeigt (z.B.Tränenausbrüche und Kreislaufprobleme) die vermuten ließen dass sie massive private Probleme haben müsste. Zu diesem Zeitpunkt vom "worst case" auszugehen hielt ich natürlich für maßlos übertrieben, trotzdem entschloß ich mich vorsichtig zu hinterfragen was mit diesem überaus netten Menschen denn los ist und ob ich in irgendeiner Form helfen könnte.

Mit Geduld und Einfühlungsvermögen stellte ich über einen längeren Zeitraum immer intimer werdende Fragen zu ihrer Person und musste immer mit Ablehnung und Schweigen ihrerseits eingestehen mich zu bremsen, sie nicht in Situationen zu bringen die ihre emotionale Instabilität noch mehr gefährden als ohnehin schon. Immerhin waren wir nur Arbeitskollegen zu dem Zeitpunkt und ich entschied die fiesen Fragen über all das was "verstörend" wirkte zu unterlassen.

In der zwischenzeit funktionierte es super, ehrlich: Wir quatschten über all mögliches, hatten ne menge Freude zu zweit oder auch mit Kollegen zusammen, dennoch blieb diese dunkle Ecke in die sie immer wieder flüchtete. Vielleicht ahnt ihr es schon, ja ich baute mehr Gefühle zu ihr auf als ich eigentlich wollte und gestand es ihr nach eine Weile. Wir sprachen offen darüber, aber sie machte mir klar, dass von ihrer Seite aus rein gar nichts als freundschaftliche Gefühle vorhanden wären und es ihr leid täte. Also schraubten wir den Kontakt etwas zurück und ich bekam meine Gefühle in den Griff. Ich kann stolz behaupten wir wurden Freunde, obwohl ich sie doch immer ein klein wenig mehr als das mochte, es störte aber nicht weiter.

Dann passierte unglaubliches in kürzester Zeit. Sie verschärfte den Kontakt sehr, fing von sich aus an ihre Probleme mit mir zu teilen, nicht das alltägliche, sondern das wesentliche und bevor ich eigentlich bemerkte was passiert, gestand sie mir, mich mehr lieb zu haben als es Monate zuvor besprochen wurde. Es war schön, wirklich. Und auf Grund dieser neuen Vertrautheit erzählte sie mir dann folgendes:

Von ihrem siebten (!!!) bis 16ten Lebensjahr habe ihr Stiefvater sich an ihr vergangen! Sie gestand mir einige unfassbare Dinge, die meisten Details ließ sie aber aus, denn allein der Horror es auszusprechen ließ sie in Angstzustände und unkontrollierten Weinkrämpfen ausbrechen. Dennoch ließ sie mich an einigem Teilhaben, ich gestehe ein sensibler Mensch zu sein, es verstört mich bis heute enorm. Also entschied sie, entschieden wir, weitere Gespräche die auf diese Grausamkeiten zielten zu unterlassen. Unser beider Willen wegen.

Dieses Vertrauen, was sie mir zuteil werden ließ, so schlimm und irreal es auch auf mich wirkte, löste eine unbeschreibliche Zuneigung in mir aus, die ich ebenfalls bis heute für sie empfinde.

Wir führten nach den ersten Gesprächen darüber, ein paar Monate eine Art Beziehung, waren aber nicht wirklich ein Paar. Es war ein Gemisch aus Vertrautheit und Distanz: "Heute so, morgen so" was mich letztendlich zu sehr belastete und sie bat mir Zeit zu geben um damit klar zukommen. Es war sehr egoistisch von mir diese Auszeit in Anspruch zu nehmen, aber sie verstand es und akzeptierte diese Entscheidung. Noch heute empfinde ich starke Gefühle für sie, aber wir haben entschieden getrennte Wege zu gehen. Sehr sporadisch besteht aber Kontakt, sehr oberflächlich.

In dieser Zeit habe ich immer wieder versucht mir die Frage zu beantworten was ich tun soll. Fest steht, eine gemeinsame Zukunft wird nicht stattfinden. Wir sind zwei Menschen die aufgrund höherer Umstände nicht wieder zueinander finden werden. Dazu trägt ihre Vergangenheit, aber auch meine bei. Nun meldet sich aber mein Gewissen zu Wort, denn all dies ist ein streng gehütetes Geheimnis. Der Stiefvater wurde nie für seine Taten zur Rechenschaft gezogen, weil die einzige Person (Sie) die Ihn belasten könnte noch heute zu sehr davon eingeschüchtert ist was damals alles passiert ist. Jetzt teile ich aber dieses Wissen, in einem Gewissen Umfang, und stelle mir die Frage ob ich etwas rechtliches oder moralisches oder gar beides Unternehmen soll, was an erster Stelle das Vertrauen zu ihr völlig torpediert und auch das Leben mehrerer Menschen gewaltig erschüttert würde. Habe ich das Recht, über Ihren Kopf etwas zu unternehmen? Ist es als verantwortungsvoller Mensch nicht sogar meine Pflicht dagegen vorzugehen? Sollte ich mich raushalten, weil es an Ihr liegt, obwohl mir bewusst ist, dass sie noch heute unter dem Einfluss Ihrer Vergangenheit steht und leidet?!

Ihre Familie ist nicht darüber informiert was alles passierte. Die Mutter trennte sich, als meine Freundin 16 Jahre alt war, vom Stiefvater womit das Elend endete. Es gibt eine Halbschwester (heute 18 Jahre), auch sie weiß nichts von all dem.


Mein Küken ist heute 27 Jahre alt. Sie ist nach meinem Wissen in psychologischer Beratung und wird medikamentös behandelt. Sie gestand mir einen Suizid Versuch ab dem Zeitpunkt seit wir uns kennen.

Helft mir, was soll ich machen?!




Grüße



Es ist alles stark zusammengefast und dennoch viel zu lesen. Einige Details habe ich weggelassen um Überhaupt ein Überblick zu verschaffen. Ich möchte klarstellen, dass ich noch immer sehr starke Gefühle für sie empfinde, behaupte sie mittlerweile sogar zu lieben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 11.05.2015, 20:27 
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Registriert: 27.11.2006, 12:08
Beiträge: 2046
Huhu,

abgesehen davon, dass es n no-go wäre ihr "geheimnis" zu brechen, sehen wirs doch mal realistisch: Es kann auch nur Leid bringen, denn er wird ohne ihre Aussage eh nicht zur Rechenschaft gezogen. Und die Stabilität das durchzustehen hat sie noch gar nicht, sonst käme der Wunsch von ihr.

Ich denke, du brauchst vor allem jemanden, mit dem du darüber sprechen kannst. Vielleicht magst du eine Beratungsstelle suche? Wenns mal zu viel wird und einen überschwemmt geht sicher auch die Telefonseelsorge oder das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen (zumindest sagen sie, dass sie auch Angehörige beraten).

Naja und hier biste natürlich auch willkommen. ;)

LG,

Pu


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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 12.05.2015, 23:17 
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Registriert: 11.05.2015, 18:49
Beiträge: 3
Danke Pu

Du schlägst also allen Ernstes vor, ich soll sie diesem Schicksal selbst überlassen und mögliche Konsequenzen ignorieren?
Natürlich ist sie zu instabil, und wird deshalb wahrscheinlich nie etwas dagegen unternehmen.

Doch wird sie...sich das Leben nehmen. Und so egoistisch das auch klingt...ich könnte damit den Rest meines Lebens auch nicht umgehen egal wie oft ich mit qualifizierten Personen versuche das aufzuarbeiten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 13.05.2015, 05:31 
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Registriert: 17.09.2005, 11:51
Beiträge: 3307
hi und willkommen hier, mr.data

nö, das schlägt pu nicht vor, zumindest lese ich das nicht daraus

ich denke auch, dass es ihre entscheidung ist, denn sie ist jetzt ein erwachsener mensch

ich denke, was du zu ihrer unterstützung tun kannst, wäre zb sie auf ihrem weg zu einer emotionalen stabilität zu unterstützen

das fordert ganz sicher viel geduld, denn sie wird in ihrem eigenen tempo die geschehnisse aufarbeiten.
gegen ihren willen ist wohl schon zu viel in ihrem leben geschehen und zur zeit ist es , so wie du berichtest, noch gegen ihren willen, den täter anzuzeigen. bring sie bitte nicht unter handlungs- und zugzwang, indem du mit einer anzeige dafür sorgst, dass die polizei vor ihrer tür steht, um sie zu befragen.
viel geduld und viel kraft wünscht dir
dieBirmas

_________________
Der Hass auf das Böse hat ein beängstigend gutes Gewissen.
Jacques Wirion


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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 13.05.2015, 05:51 
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Beiträge: 139
...

_________________
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Zuletzt geändert von lana am 24.01.2019, 10:51, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 13.05.2015, 15:23 
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Registriert: 11.05.2015, 18:49
Beiträge: 3
Hallo lana und danke

Natürlich hat mein Gewissen zum Thema eine vordergründige Rolle, das möchte ich nicht bestreiten. Irgendwie muss ich damit ja klar kommen und mich darum kümmern dass es klappt. Aber würde mich nicht an "Euch" wenden, wenn ich wüsste was zu tun ist. Mir ist durch eure Antworten auch klar geworden, dass ich eigentlich nichts machen kann als durch zu halten und es ihr zu überlassen was passieren wird. Ich ziehe eine Beratung was allein meine Person angeht auch sehr in Betracht, denn so gut es tut hier gelesen zu werden...es wird nicht ausreichen.

Trotzdem möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass ich sehr stark glaube, dass sie eines Tages den Schlussstrich durch Suizid ziehen wird. Ich fühle mich durchaus in der Lage das zu beurteilen, also kann ich das doch nicht einfach geschehen lassen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wie sollte ich mich Verhalten, was tun?!
BeitragVerfasst: 13.05.2015, 18:46 
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Registriert: 08.12.2013, 12:31
Beiträge: 1512
Hallo mr.data,

wenn deine große Sorge wegen eines möglichen Suizids besteht, dann unterstütze sie dahin gehend, dass sie weiterhin psychologische Hilfe bekommt, dass dich als Menschen/Vertrauensperson hat, dass sie dadurch langfristig stabiler wird.

Durch eine Hauruckaktion wie Anzeige, die sie nicht selbst startet, sondern noch dazu von der Person gestartet wird, der sie sich Anvertraute, schätze ich eher so ein, dass dies sie genau in die Richtung treibt, von der du sie abbringen möchtest.

Mal angenommen du würdest eine Anzeige in die Wege leiten.
Sie wäre unter noch größerem Druck, als sie eh schon ist.
Müsste Befragungen durchstehen und durchhalten, was sie im Privaten schon kaum schafft.
Ohne ihre Aussage, käme der T*t*r fein raus.
Schlimmer noch, er wüsste dann, dass sie geredet hat. Was a) eine reelle Gefahr darstellen kann (da man ja rechtlich ohne ihre Aussage nichts machen kann, wird er weiterhin frei rumlaufen) b) wird sie das u.U. so sehr ängstigen, dass sich das mit der ohnehin schon vorhandenen Angst multipliziert und ... die Gefahr des Suizids, der gefühlten Ausweglosikeit noch steigert.
Hinzukommend, dass sie DIR nicht mehr vertrauen könnte und dann u.U. niemanden mehr hätte oder wenigen, bei denen sie einen Vertrauensversuch in Erwägung ziehen würde, sich dann auch nicht mehr traut, was ebenfalls die Suizidgefahr steigern kann.

Eine Anzeige halte ich daher für kontraproduktiv. Auch ein Überreden dazu.

Das heißt nicht, dass sie das nie machen wird. Mag ja sein, dass die Verjährungsfrist abläuft. Aber wer weiß, vielleicht ist sie ja mit Mitte 30 Anfang 40 soweit bereit und möchte ihn von sich aus anzeigen. Dann ist die Verjährungsfrist vielleicht rum, aber sie stark genug und hat den Willen sein Privatleben aufzumischen, sich das nicht mehr gefallen zu lassen.

Natürlich, wenn sie von sich aus auf dich zu kommt und sagt: jetzt möchte ich eine Anzeige, dann steh ihr bei.

Aber so, gib ihr das Zeichen, dass dir ihr Vertrauen viel wert ist. Dass du sie nicht auch noch unter Druck setzt (das hatte sie ja lange genug und hat es offensichtlich noch).
Hol dir selbst Hilfe, das ist eine gute Idee. Jemand bei dem du dich wohl fühlst und wo sie auch sicher sein kann, dass keine Anzeige ohne ihre Zustimmung gestartet wird.

Jede Person der sie sich von sich aus anvertraut, ist für sie ein großes Risiko, aber auch ein riesen großer Schritt. Überfordere sie nicht mit einem Sprung über eine Klippe. Hilf ihr dabei, ihre Hängebrücke Stück für Stück zu bauen.
Vielleicht gibt es auch Verbündete mit denen du dich austauschen kannst.

Bestärke sie darin, ihren Weg weiter zu gehen, in kleinen Schritten, in ihren Schritten. Und sich dir anzuvertrauen ist ein großer Schritt. Menschen zu vertrauen auch.

_________________
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold... und wer bezahlt (dafür)?


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