Hallo liebes Forum,
mein Name tut nichts zur Sache, aber ich bin männlich und Mitte 30.
Es ist eine schwierige Situation, in der ich Hilfe von Menschen suche, die über dieses Thema mehr Erfahrung oder vlt. besser mehr Weisheit verfügen als ich selbst. Zunächst kurz, was ich empfinde, bevor ich das eigentliche Problem schildere. Bin überaus ratlos und frustriert, denn das Wissen was ich über eine Person (weiblich) habe löst in mir einen großen Gewissenskonflikt aus:
Respektiere ich Ihren Wunsch der Geheimhaltung oder wende ich mich an Personen die dieses Verbrechen ahnden und für Gerechtigkeit sorgen. Ich nutze nun die Gelegenheit der Anonymität und versuche so exakt wie möglich zu beschreiben was ich erlebt habe. Aber genug davon, hier geht es nicht um mich sondern um eine junge Frau dessen Leben die Hölle sein muss. Trotzdem muss ich die Geschichte wohl aus meiner Sicht schildern.
Vor ca. eineinhalb Jahren führte mich meine persönliche Situation in ein neues berufliches Umfeld, in dem ich sie kennen lernte. Zunächst hatten wir nur auf kollegialer Ebene, sprich beruflich miteinander zu tun. Das änderte sich aber nach einigen Wochen, denn wir stellten fest, dass wir uns gegenseitig sympatisch waren. Das übliche "näher kennen lernen" fand statt, ausschließlich aber zu Arbeitszeiten. Privat hatten wir vorerst keinen Kontakt.
Aber auch das änderte sich bald. Sie lud mich zu sich ein und bei diesem Treffen stellte sich für mich definitiv heraus, dass diese Frau etwas zu verbergen hat. Natürlich habe ich auch vorher bemerkt, dass etwas nicht stimmen kann, denn sie hatte an einigen Tagen im Betrieb seltsame Verhaltensweisen gezeigt (z.B.Tränenausbrüche und Kreislaufprobleme) die vermuten ließen dass sie massive private Probleme haben müsste. Zu diesem Zeitpunkt vom "worst case" auszugehen hielt ich natürlich für maßlos übertrieben, trotzdem entschloß ich mich vorsichtig zu hinterfragen was mit diesem überaus netten Menschen denn los ist und ob ich in irgendeiner Form helfen könnte.
Mit Geduld und Einfühlungsvermögen stellte ich über einen längeren Zeitraum immer intimer werdende Fragen zu ihrer Person und musste immer mit Ablehnung und Schweigen ihrerseits eingestehen mich zu bremsen, sie nicht in Situationen zu bringen die ihre emotionale Instabilität noch mehr gefährden als ohnehin schon. Immerhin waren wir nur Arbeitskollegen zu dem Zeitpunkt und ich entschied die fiesen Fragen über all das was "verstörend" wirkte zu unterlassen.
In der zwischenzeit funktionierte es super, ehrlich: Wir quatschten über all mögliches, hatten ne menge Freude zu zweit oder auch mit Kollegen zusammen, dennoch blieb diese dunkle Ecke in die sie immer wieder flüchtete. Vielleicht ahnt ihr es schon, ja ich baute mehr Gefühle zu ihr auf als ich eigentlich wollte und gestand es ihr nach eine Weile. Wir sprachen offen darüber, aber sie machte mir klar, dass von ihrer Seite aus rein gar nichts als freundschaftliche Gefühle vorhanden wären und es ihr leid täte. Also schraubten wir den Kontakt etwas zurück und ich bekam meine Gefühle in den Griff. Ich kann stolz behaupten wir wurden Freunde, obwohl ich sie doch immer ein klein wenig mehr als das mochte, es störte aber nicht weiter.
Dann passierte unglaubliches in kürzester Zeit. Sie verschärfte den Kontakt sehr, fing von sich aus an ihre Probleme mit mir zu teilen, nicht das alltägliche, sondern das wesentliche und bevor ich eigentlich bemerkte was passiert, gestand sie mir, mich mehr lieb zu haben als es Monate zuvor besprochen wurde. Es war schön, wirklich. Und auf Grund dieser neuen Vertrautheit erzählte sie mir dann folgendes:
Von ihrem siebten (!!!) bis 16ten Lebensjahr habe ihr Stiefvater sich an ihr vergangen! Sie gestand mir einige unfassbare Dinge, die meisten Details ließ sie aber aus, denn allein der Horror es auszusprechen ließ sie in Angstzustände und unkontrollierten Weinkrämpfen ausbrechen. Dennoch ließ sie mich an einigem Teilhaben, ich gestehe ein sensibler Mensch zu sein, es verstört mich bis heute enorm. Also entschied sie, entschieden wir, weitere Gespräche die auf diese Grausamkeiten zielten zu unterlassen. Unser beider Willen wegen.
Dieses Vertrauen, was sie mir zuteil werden ließ, so schlimm und irreal es auch auf mich wirkte, löste eine unbeschreibliche Zuneigung in mir aus, die ich ebenfalls bis heute für sie empfinde.
Wir führten nach den ersten Gesprächen darüber, ein paar Monate eine Art Beziehung, waren aber nicht wirklich ein Paar. Es war ein Gemisch aus Vertrautheit und Distanz: "Heute so, morgen so" was mich letztendlich zu sehr belastete und sie bat mir Zeit zu geben um damit klar zukommen. Es war sehr egoistisch von mir diese Auszeit in Anspruch zu nehmen, aber sie verstand es und akzeptierte diese Entscheidung. Noch heute empfinde ich starke Gefühle für sie, aber wir haben entschieden getrennte Wege zu gehen. Sehr sporadisch besteht aber Kontakt, sehr oberflächlich.
In dieser Zeit habe ich immer wieder versucht mir die Frage zu beantworten was ich tun soll. Fest steht, eine gemeinsame Zukunft wird nicht stattfinden. Wir sind zwei Menschen die aufgrund höherer Umstände nicht wieder zueinander finden werden. Dazu trägt ihre Vergangenheit, aber auch meine bei. Nun meldet sich aber mein Gewissen zu Wort, denn all dies ist ein streng gehütetes Geheimnis. Der Stiefvater wurde nie für seine Taten zur Rechenschaft gezogen, weil die einzige Person (Sie) die Ihn belasten könnte noch heute zu sehr davon eingeschüchtert ist was damals alles passiert ist. Jetzt teile ich aber dieses Wissen, in einem Gewissen Umfang, und stelle mir die Frage ob ich etwas rechtliches oder moralisches oder gar beides Unternehmen soll, was an erster Stelle das Vertrauen zu ihr völlig torpediert und auch das Leben mehrerer Menschen gewaltig erschüttert würde. Habe ich das Recht, über Ihren Kopf etwas zu unternehmen? Ist es als verantwortungsvoller Mensch nicht sogar meine Pflicht dagegen vorzugehen? Sollte ich mich raushalten, weil es an Ihr liegt, obwohl mir bewusst ist, dass sie noch heute unter dem Einfluss Ihrer Vergangenheit steht und leidet?!
Ihre Familie ist nicht darüber informiert was alles passierte. Die Mutter trennte sich, als meine Freundin 16 Jahre alt war, vom Stiefvater womit das Elend endete. Es gibt eine Halbschwester (heute 18 Jahre), auch sie weiß nichts von all dem.
Mein Küken ist heute 27 Jahre alt. Sie ist nach meinem Wissen in psychologischer Beratung und wird medikamentös behandelt. Sie gestand mir einen Suizid Versuch ab dem Zeitpunkt seit wir uns kennen.
Helft mir, was soll ich machen?!
Grüße
Es ist alles stark zusammengefast und dennoch viel zu lesen. Einige Details habe ich weggelassen um Überhaupt ein Überblick zu verschaffen. Ich möchte klarstellen, dass ich noch immer sehr starke Gefühle für sie empfinde, behaupte sie mittlerweile sogar zu lieben.
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