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 Betreff des Beitrags: Das Opfer entscheidet...
BeitragVerfasst: 02.03.2004, 00:01 
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Registriert: 01.03.2004, 23:42
Beiträge: 5
Ich bin der Ehemann eines Missbrauchsopfers. Meine Frau wurde in ihrer Kindheit in einem Zeitraum von zehn Jahren von ihrem Stiefvater regelmäßig verg*****t.

Ich wusste es vor unserer Hochzeit, habe aber zehn Jahre geschwiegen, da ich ihre "Entscheidung" akzeptierte, die Sache zu verdrängen.

Nun haben wir selber Kinder und der Tä*er geht - trotz Aufforderung - den Kindern nicht aus dem Weg, sondern verhält sich relativ normal, wenn meine Frau ihre Mutter besucht. Ich bin meist nicht dabei, da mich eine unbändige Wut erfasst, wenn ich ihn nur sehe. Meine Frau empfindet nach eigener Aussage überhaupt keine Gefühle ihm gegenüber.

Nachdem er beim Rosenmontagszug entgegen der Abmachung auftauchte und sogar für unsere Kinder Bonbons aufsammelte ist mir die Hutschnur geplatzt.

Ich habe eine Sammel-SMS an alle in der Familie geschickt, in der ich schrieb, was passiert ist.

Ich denke, dass jeder - besonders Eltern - ein Recht haben, zu erfahren, was passiert ist. Außerdem können Sie dann mit aufpassen, dass der T**er nicht in die Nähe von Kindern kommt.

Nun richtet sich der Hass einiger gegen mich. Okay, eine SMS ist sicherlich nicht der beste Weg - aber wie sonst? Aber in erster Linie heißt es, ich hätte nichts sagen dürfen, da das Opfer entscheiden müsse, ob es reden will oder nicht.

Ich denke, dass jemand der als Kind dermaßen eingeschüchtert wurde, auch noch im Erwachsenenalter nicht diesen Freimut besitzt. Durch Schweigen wird nur der Täter geschützt und es kommt vielleicht zu weiteren Opfern.

Was meint ihr?

Sorry, hab nur etwas die triggernden Worte geändert. Bitte hierfür um Verständniss
Ingo


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 00:17 
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Registriert: 24.05.2003, 00:00
Beiträge: 2214
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Hallo,

was sagt denn deine Frau zu deiner Aktion?
Ich verstehe dich schon und auch deine Angst, deine eigenen Kinder könnten gefährdet sein.
Aber ich geb auch zu, wenn mein Mann das ohne mein Wissen gemacht hätte und/oder ohne meine Einwilligung, wäre ich schon sauer und mir wäre das auch sehr unangenehm. Schließlich bin ich die Betroffene und habe u.a. auch aus großer Scham und Angst geschwiegen, und wenn nun einer das öffentlich macht, bin auch ich bloßgestellt, nicht nur der Täter. Und ich muss Auskunft geben, möglicherweise, und, wenn der Rest der Familie das anzweifelt oder leugnet, müsste ich mich dafür rechtfertigen (und wollte eigentlich nie in diese Situation kommen).
Für mich wäre eine solche Aktion ein großer Vertrauenbruch!

Loreley


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 00:21 
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Beiträge: 2083
Wohnort: Göttingen
Hallo Partner,

erst mal willkommen hier.

Also, was mir so in deiner Schilderung fehlt, ist das was deine Frau, die ja die Betroffene ist, dazu sagt.

Sicherlich hast du "eigentlich" mit deiner Aussage recht, das Schweigen die T**er schützt, es zu neuen Opfern kommen kann.

Aber auf der anderen Seite bringst du damit auch deine Frau jetzt in die Sitaution, das Sie Fragen seitens der Familie beantworten muss!!. Das heisst du zwingst sie dadurch, sich gegenüber der Familie, den Eltern zu rechtfertigen. Sie hat jetzt also die Wahl. Entweder sie gibt das zu, und muss sich dem aussetzen was jetzt auf sie zukommt, oder sie streitet alles ab und stellt sich den damit emotionalen Konsequenzen dir gegenüber.

Letztendlich ist deine Frau also wieder in einer Lage wie sie schon mal war. Sie durfte nicht entscheiden, über sie wurde entschieden. Sie muss allerdings mit den Konsequnezen leben.

Natürlich kann ich deine Wut, und auch deine Hilflosigkeit verstehen. Und sicherlich auch viele der Verbündeten/Partner hier auf der Seite.
Meine Sicht habe ich dir aus der des Betroffenen gesagt.

Bitten kann ich dich bloss, deine Frau - eagl was sie jetzt tut- zu unterstützen, denn ich denke sie brauch jetzt ne ganze Menge hilfe.

Wenn deine Frau allerdings hinter deiner Entscheidung steht, vergiss mein Posting einfach

Ingo

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Sieh nicht nur die Handlungsweise, die dich bewegt etwas zu tun,
sondern begreife den Mechanismus der dich abhält etwas zu tun,
damit du lernst etwas zu tun.


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 01:13 
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Registriert: 01.03.2004, 23:42
Beiträge: 5
Vielen Dank für die Antworten. An den * sehe ich wohl, dass ich auch hier ins Fettnäpfchen getreten bin. Sorry.

Ich habe meiner Frau zuvor gesagt, dass ich das tun würde. Ich war sehr wütend, habe aber abgewartet, aber immer wieder angedeutet, dass ich das tun würden. Meine Frau meinte zu mir: "Wenn du meinst du musst das tun...". Sie sagte auch einmal (lange her, als wieder etwas war und ich wütend war)zu mir, dass sie manchmal schon denkt, dass es gut wäre, wenn es endlich raus wäre. Diese scheinbar gefühllosen Reaktion nehmen mich auch mit, mehr als vielleicht ein Wutausbruch.

Insofern bin ich mit der Reaktion jetzt zufrieden: meine Frau hat nichts getan, der Hass richtet sich gegen mich und es ist endlich raus.

Sie macht auf mich auch einen gelösteren Eindruck, aber eine konkrete Aussage kriege ich nicht raus.

Am Telefon sagte sie zu einer Tante: "Ich habe das nicht gekonnt."

Ich bin so zwiegespalten: habe ich ihr nun etwas abgenommen, was sie wollte, aber nicht konnte.

Mein Schwager/ihr Bruder schreibt:"Das musst du schon ihr überlassen."

Aber Überlassen ist einfach, da muss man nichts tun.


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 06:58 
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Beiträge: 2214
Wohnort: Inmitten einer Wohngemeinschaft
Hallo Partner,

es ist nie so einfach, so aus der Distanz und ohne jegliches Hintergrundswissen eine Antwort zu geben.
Es mag natürlich sein, dass Deine Frau Dir irgendwo doch dankbar ist über diese Initiative, weil sie das Verheimlichen nicht mehr ertragen hat. Ich denke mir, ich an ihrer Stelle hätte Dir schon deutlich gemacht, dass ich diese Informationsweitergabe so nicht wollte. Für mich persönlich wäre es so gewesen, wie Ingo das so treffend ausgedrückt hat: ich hätte mich übergangen gefühlt und hätte das Gefühl gehabt, es hätte wieder einer "Macht" über mich, und sei es in der Weitergabe meiner Geschichte. Die möchte ich schon, wenn überhaupt, eigen"mächtig" und aus freien Willen selbst weitergeben.

Vielleicht hat sie auch irgendwo resigniert vor deinen Reaktionen...., kann und will ich nichts zu sagen, weil ich Euch und Eure Beziehung überhaupt nicht kenne.
Am besten sprich mit ihr, ganz oft und ganz viel. Lass Dich nicht abhalten oder täuschen von irgendwelchen "gefühlslosen" Reaktionen, die sind nur nach außen "gefühlslos". Aber erzwinge nichts und übe nicht zu viel Druck aus!

Veilleicht würde es ihr (und Euch) auch helfen, in einer Beratungsstelle Hilfe zu suchen. Ich kann mir gut vorstellen, dass mit dem Öffentlichmachen der Geschichte auch ganz viele Emotionen wieder hoch kommen, und da ist es schon gut, für sie und für Dich, wenn da ein(e) Helfer(in) zu Seite steht.

Loreley


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 10:11 
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Beiträge: 224
Wohnort: newwe de Äbbelwoiäquator
Lieber Partner,

auch ich bin Verbündeter und ich kann Deinen Zwiespalt vor der Offenbahrung gut verstehen. Es gleicht einer klassischen griechischen Tragödie. Man hat zwei Handlungsoptionen und beide sind irgendwo falsch. Es ist fraglich ob Du das Schweigen brechen solltest, aber DU hast eben auch (und das auch rechtlich) Verantwortung für das Schicksal Deiner Kinder. Doch damit, dass Du ein tragischer Held bist, wirst Du sicher nicht zufrieden sein. Es steht nach Deinem Posting eigentlich in Frage, WER Dich für Dein Verhalten angreift. Wenn es Deine Frau ist, rate ich Dir als Verbündeter, versuche Ihre Gefühlswelt zu verstehen, rede mit anderen Betroffenen hier um zu begreifen und versuche damit eine gemeinsame Gesprächsbasis herzustellen. So lange die fehlt, solange ihr Euch nicht richtig versteht (und da müssen wir als Verbündete in der Regel in Vorleistung gehen) werdet Ihr nicht vorankommen.
Sind es aber "nur" Verwandte oder Bekannte, die Dir das Vorwerfen und nicht Deine Frau (so habe ich das Posting verstanden) hast Du denke ich richtig gehandelt und ich wünsche Dir viel Kraft. Die Tendenz der Gesellschaft zum Täterschutz ist gerade im engen Umfeld der Täter (..der war doch selber arm dran damals) recht ausgeprägt. Auch in dieser Variante selber gilt: Du hast als Verbündeter nun wahrscheinlich eine schwierige Zeit vor Dir (wegen der Auswirkungen auf Deine Frau). Sie es als Verantwortung für Eure Zukunft an und unterstütz sie wo Du kannst. Denn das ist auch ein wesensmerkmal für moralisches Handeln: Die eigene Verantwortung dann auch annehmen.

Liebe Grüsse und viel Kraft für Euch beide


Derrick

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liebe und leben lernen


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 22:56 
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Beiträge: 5
Es sind die (übrigens jüngeren) Brüder meiner Frau, von denen die Vorwürfe kommen. Einer hat nach der Scheidung ihrer Eltern gar den Namen des Stiefvaters angenommen, dieser hat ihm eine selbstständige handwerkliche Existenz ermöglicht. Nun will er (ihr Bruder) mir "auf die Fresse" hauen, zumindest wohl gestern. Ich mache ihnen nicht zum Vorwurf, dass sie nichts gemerkt haben. Von 6-16 dauerte es. Das hat mich am allermeisten schockiert.

Ich habe mit einer Tante telefoniert, die alle Seiten versteht. Sie hat nun offenbart, dass sie selbst eine ähnliche Erfahrung mit einem Onkel machte , als dieser 15 war. Meine Frau hat das schockiert, sie wusste, dass da etwas war, aber nicht wer. Die Tante hat sich damals gewehrt und massiv gedroht. Danach war Ruhe. Sie hat eine Therapie gemacht, sagt, sie kann heute mit dem Onkel normal umgehen. Zur Zeit der Therapie brach meine Frau den Kontakt zu ihr ab, zuviel erzählte sie. Der Tante ist jetzt bewusst, warum der Kontakt abbrach, sagt sie. Und sie fragt sich, warum sie nichts gemerkt hat.

Sie empfahl meiner Frau eine Therapie. Meine Frau war schon bei zwei PsychologInnen. Beider haben von einer Therapie abgeraten. Da würden verdrängte Sachen hochkommen, dass müsse nicht sein. Vielleicht haben sie nur gemerkt, dass meine Frau nicht wirklich von sich aus kam, ich weiß es nicht, ich weiß auch nicht, ob das wirklich so wahr. Ich weiß nur, dass ich ihr so gerne helfen möchte aber weiß nicht wie. Wäre Nichtstun richtig gewesen? Nichtstun war auch schwer...

Meine Frau meint, sie weiß noch nicht, ob sie es gut oder schlecht finden soll, wie es gelaufen ist. Sie macht sich Sorgen um ihre Mutter. Sie macht sich Sorgen um ihre Oma. Eine andere Tante hat sich überhaupt nicht gemeldet, was meine Frau als schlechtes Zeichen deutet.

Ihre Mutter meint, ich würde ihr Leben zerstören. Ich meine, dass das jemand anders getan hat.

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Dinge, die "raus" sind, besser sind, als Dinge die "hineingefressen" werden. Meine Frau leidet an Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und anderen Leiden, bei denen ich einen psychosomatischen Hintergrund vermute. Im Moment macht meine Frau einen äußerst gefassten Eindruck, aber ich nehme euren Hinweis ernst, mich davon nicht täuschen zu lassen. Ich suche das Gespräch mit ihr. Jetzt gerade telefoniert sie mit einer Freundin (die von nichts weiß, sie spricht über völlig andere Dinge. Ich nutze die Zeit, mir das hier von der Seele zu schreiben.

Er, der alles verursacht hat, hat sich heute vom Arzt krankschreiben lassen. Ich hoffe, er hat es nötig.


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BeitragVerfasst: 02.03.2004, 22:59 
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Registriert: 01.03.2004, 23:42
Beiträge: 5
Hallo,

mir fällt gerade auf, dass es hier üblich ist, mit Anrede und Gruß zu schreiben. Entschuldigt bitte, dass ich das bislang versäumt habe.

Und vielen Dank, für die Antworten, die ich bislang erhalten habe, und dir mir helfen, meine Gedanken zu Ordnen.

Liebe Grüße
Partner


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