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 Betreff des Beitrags: Wie soll es denn nun zusamen weiter gehen?
BeitragVerfasst: 08.12.2004, 10:13 
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Registriert: 15.11.2004, 16:33
Beiträge: 8
Wohnort: Hamburg
Hallo ihr, ich bin nun als Verbündete seit 1,5 Jahren in Therapie, um das alles zu verkraften. Mein Mann ist seit sieben Monaten in einer Trauma-Klinik. Was mich in zunehmendem Maße nervt, ist dass ich immer noch ständig die selben Ratschläge bekomme, die da wären: Kümmer dich um dich selbst, versuche dich innerlich zu lösen, setze dir Grenzen usw. usf. Weniger von meinem Therapeuten - der steht eigentlich sehr gut hinter mir und ermuntert mich immer wieder, einfach weiter zu gehen und der Stimme meines Herzens zu lauschen - als vielmehr von Freundinnen und Freunden sowie von diversen Beratungsstellen, die ich aufgesucht habe, um mehr Infos über den Verlauf der Symptomatik zu bekommen und hilfreiche Tipps, wie man denn nun in der Familie mit einem schwer traumatisierten Menschen umgeht. Mein Mann sagt immer, ich soll so sein wie immer und mich nicht verbiegen. Aber das geht eben nicht! Oft sage ich etwas unbedarftes, bin zu offen, zu gerade heraus und - zong - ernte ich das Erebnis in Form von Rückzug und Wut etc. Kürzlich wollte er sich sogar trennen - als Antwort auf meine Frage, wann es denn nun mal zu einem gemeinsamen Gespräch mit mir und seinen Klinik-Therapeuten kommt. Ich meine, ich verstehe das nicht: es kann doch nicht sein, dass immer nur jeder für sich seine eigene Therapie macht und es keine vernünftige Paartherapie gibt für Paare, bei denen einer der beiden schwer traumatisiert ist. War gestern bei der Opferhilfe in der Hoffnung,dass die soetwas anbieten, aber auch da nur ratlose Gesichter. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Ich möchte jetzt wirklich mal eine Perspektive gemeinsam mit meinem Mann entwickeln und nicht immer nur die guten Ratschläge hören, dass ich mich um mich selbst kümmern soll. Ich meine, das habe ich jetzt lang genug gemacht und irgendwie fühle ich mich auch innerlich relativ stark und gefestigt. Liebe Grüße von Osterei :?:


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.12.2004, 11:14 
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Registriert: 24.05.2004, 09:10
Beiträge: 130
hi!

Ich bin zwar nicht Verbündeter sondern Überlebender, würde aber trotzdem gern was dazu sagen, da ich sehr wohl eine Verbündete habe: Meine Frau.

Du schreibst:
Zitat:
Ich möchte jetzt wirklich mal eine Perspektive gemeinsam mit meinem Mann entwickeln und nicht immer nur die guten Ratschläge hören, dass ich mich um mich selbst kümmern soll

Sehr wichtig ist meiner ansicht nach, dass ihr beide miteinander redet und zwar offen und konstruktiv. Damit meine ich, daß Verletzungen, Anschuldigungen bzw Beschuldigungen vermieden werden sollten, aber trotzdem jeder von euch beiden sagen kann, was er/du fühlt und was er/du sich gerne möchte. Genauso haben meine Frau und ich auch über die momentane Situation gesprochen. Wie denkt jeder von uns beiden darüber, wie gehen wir beide damit um, welche Dinge/Verhalten/Wörter bringen den anderen Partner in Wut, verärgern, verletzen bzw. triggern?

Ja, meine Frau ist auch des öfteren sehr direkt und offen und ich werde dadurch wütend, verletzt oder eingeschnappt und ziehe mich zurück. Aber wir setzen uns nach so einer Situation hin und reden miteinander. Dabei ist wichtig, daß auch ich sage, was ich fühle, empfinde und wieso ich so reagierte. Genauso aber umgekehrt auch. Auch sie sagt, was sie fühlt, empfindet und wieso sie so reagierte/handelte. Oft spielte da bei uns beiden die Hilflosigkeit mit. Ich war hilflos, weil ich mit direkter, offener Art nicht umgehen konnte und manchmal immer noch nicht kann. Ihre Hilflosigkeit kommt oft, weil sie mit manchen Verhaltensmustern von mir konfrontiert ist, die nicht leicht verständlich und nachvollziehbar sind (zB SVV). Aber im Nachhinein reden wir miteinander. Eines was mir dadurch aufgefallen ist, ist, daß wir dadurch viel mehr Nähe und Vertrauen aufbauen konnten. Denn wir lernen uns beide nun auf ganz andere und tiefere Art kennen.

Wichtig ist aber auch, daß du sehr wohl auf dich selbst achtest, denn nur wenn es dir gut geht, kannst du auch ihm helfen. Das gleiche Prinzip gilt auch für ihn. Beispiel: Bist du auf die T*t*r wütend, sauer und aggressiv, so wird auch dein Verhalten in einem "normalen" Streit eher aggressiv sein, da der Streit für dich ein Ablassventil deiner Wut und deiner Aggressionen wird. Dadurch aber wird er abblocken. Geht es dir gut, bist du ruhig und im Einklang mit dir selbst (indem du beispielsweise deine Wut durch Malen, Gedichte schreiben usw schon ausgedrückt hast), kannst du logischerweise auch mit ihm in einer ruhigen Art sprechen und so mit ihm gemeinsam eine ruhige, entspannte Diskussionsatmosphäre schaffen, wodurch ihr euch auch durch Gespräche wieder annähern könnt und so viel voneinander lernt. Umgekehrt gilt das auch für ihn ;-)

Die Grenzen des anderen akzeptieren und respektieren ist auch eine sehr wichtige Sache. Gilt wiederum für euch beide. Beispiel: Es ist Wochenende und meine Frau und ich kochen etwas gemeinsam. Oft triggern mich M*ss*r und dergleichen im Sinne, daß ich einen neuerlichen SVV-Drang bekomme. Daher lasse ich sie das Gemüse, das Fleisch usw schn**d*n. Dadurch aber hat sie in letzter Zeit "mehr" Tätigkeiten beim Kochen als früher in unserer Beziehung und Ehe. Viele Frauen der heutigen Zeit würden jetzt behaupten, daß ich ein fauler Mann bin, der die Frau am Herd stehen sehen will und würden mich durch Diskussionen dazu zwingen wollen, daß ich jetzt das Schn**d*n der Zutaten übernehme. Dadurch, daß meine Frau aber weiß, wieso ich das jetzt momentan nicht mache, kann sie auch meine Grenze erkennen, akzeptieren und respektieren. Umgekehrt weiß ich aber auch, daß ich nicht alles und all meine Erlebnisse ihr erzählen kann, denn auch sie ist nur ein Mensch, der nur bis zu einer gewissen Grenze aufnahmefähig ist. Und manche meiner Erinnerungen sind sehr grausig und könnten einem H*rr*rfilm entsprungen sein. Daher respektiere ich auch ihre Grenze der Aufnahmefähigkeit.

Manche Dinge die er dir bei gemeinsamen Gesprächen sagt, können für dich auch recht hart sein, auch wenn er nichts angreifendes oder persönliches sagt. Beispiel: Wenn es mir nicht gut geht, so ist es möglich, daß der Anblick des n*ckt*n Körpers meiner Frau bei mir triggern kann. Das hat aber absolut nichts mit ihr zu tun und ich will sie damit auch nicht verletzen. Es triggerd einfach. Und ich weiß, daß es für sie sehr hart war, als ich ihr das erste Mal gestand, daß ich in bestimmten Situationen meiner psychischen Verfassung ihren Körper ekelhaft finde. Oder als ich ihr erzählte, daß ich mich oft nach einem Streit mit ihr selbst v*rl*tz*. Dadurch wirkte es für sie, als wäre sie schuld an meinem Verhalten was natürlich nicht korrekt ist.

Das aller wichtigste ist meiner Ansicht nach für beide: Füreinander da sein. Damit meine ich aber jetzt nicht irgendwelche weisen Ratschläge zu geben, sondern den anderen Partner einfach in den arm nehmen, wenn dieser das benötigt. Einfach nur da sein. Oft können Worte, auch wenn sie noch so gut gemeint sein verletzender wirken als gar keine Worte und zärtliche Berührungen oder ein hilfegebender Blick sagen oft tausendmal mehr als Worte.

So das ist mal so auf die schnelle, was mir eingefallen ist, wie meine Frau und ich damit umgehen und wie wir auch mitenander umgehen.

Ich hoffe, euch beiden hilft es ein wenig weiter und wünsche eurer Ehe noch viel Kraft und Stärke.

lg
chris


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.12.2004, 16:22 
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Registriert: 15.11.2004, 16:33
Beiträge: 8
Wohnort: Hamburg
Hallo Chris, vielen Dank für deine Antwort. Ihr scheint aber schon einen Schritt weiter gekommen zu sein als wir. Bei meinem Mann ist es nämlich leider immer noch so, dass er über so gut wie gar nichts reden kann. Das macht mich manchmal etwas mutlos. Ich weiß ja immer noch nicht, in welcher Traumaklinik er überhaupt ist. Er hat mir nur sehr, sehr wenig von seiner Thera erzählt und von seinen Erinnerungen so gut wie gar nichts. Es ist ganz, ganz schwierig, etwas konkretes zu unserer gemeinsamen lebensplanung aus ihm heraus zu bekommen, also wie es nun weiter geht, wann er aus der Klinik kommt, ob er dann noch seine Wohnung braucht oder wieder zu uns ziehen wird usw. usf. Er will mich auch nicht zu einem gemeinsamen Gespräch mit den Therapeuten in der Klinik haben. AUf der anderen Seite ist es einfach nur wunderschön, wenn er zu uns zu Besuch kommt. Wir verstehen uns wunderbar, haben Sex und Zärtlichkeiten und genießen einfach nur das Beisammensein. Meine Frage also ist: Wie können wir in Zukunft das gemeinsam schaffen, wenn mein Mann so voller Ängste ist, dass er mit mir über kaum etwas reden kann. Wie kann er mich auf der einen Seite so lieben und auf der anderen Seite so wenig vertrauen? Kannst du das nachvollziehen? Liebe Grüße von Osterei


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.12.2004, 20:46 
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Registriert: 22.11.2004, 21:11
Beiträge: 58
Wohnort: hsk
Hallo Osterei,

viel kann ich im moment nicht sagen, aber ließ mal was ich geschrieben habe unter Tränenforum.

Hilft vieleicht ein wenig.Hoffe ich wenigstens. :roll:

Gruß Jörg.

_________________
Langsam wird die Wiese grün,
nur wann fängt sie an???


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