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 Betreff des Beitrags: Kindergarten
BeitragVerfasst: 07.06.2005, 19:47 
Ich bin Erzieherin im Kindergarten und habe seit ein paar Wochen ein Problem. Ich betreue einen Jungen, J. 6 Jahre und 3 Monate alt. Er hat eine Schwester von 8 Jahren und eine von 4 Jahren. Es scheint eine "ganz normale" Mittelstandsfamilie zu sein, eigenes Häuschen, Vater arbeitet viel, Mutter ist Hausfrau, die Großeltern nehmen die Kinder ab und zu am Wochenende und helfen wo sie können. Es ist eine sehr christliche Familie, die auch oft an Veranstaltungen und Freizeiten vom CVJM teilnimmt.
J. ist ein aufgewecktes Kind, durchschnittlich intelligent, sehr interessiert an allen möglichen Themen, fiel im Kindergarten bisher nur dadurch auf, dass er Probleme hat, sich an Regeln zu halten. Er versucht oft, sich durchzuwuseln, anstatt zu sagen, er möchte z.B. sein Pausenbrot nicht essen...Ebenso haben er und seine Schwester eine sehr ausgeprägte Fäkaliensprache, die sie am Liebsten am Esstisch im Kindergarten auspacken und alle anderen Kinder damit anstecken.
Anfang Januar fing es bei uns an... J. war mit Lu., einem 4-Jährigen Jungen im Waschraum. Lu. kam zu mir und berichtete, J. habe in die Hose gepieselt und könne nicht herkommen. Ich hab ihm eine neue Hose gebracht, er zog sich um und für mich war die Sache damit erst mal erledigt.
Am nächsten Tag kam die Mutter von Lu. und erzählte, der Sohn habe zuhause erzählt, J. wollte ihn überreden, "an seinem Pipi zu lutschen", was er allerdings nicht getan hat. Lu. konnte sich seiner Mutter anvertrauen und ist damit auch in der Kindergartengruppe entrüstet herausgeplatzt.
Es folgte ein Gespräch mit der Mutter von J., die erklärte, er habe derzeit (und seit längerem) eine Phase, in der er sich und seinen Körper entdeckt. Er spielt an seinem Penis, zeigt sich oft seiner Familie und hat sich wohl zuhause auch vor anderen Kindern ausgezogen und seinen Penis herumgezeigt. Die Mutter fragte den Kinderarzt um Rat, der sagte, es sei eine normale Phase, die sich auswüchse...
In der folgezeit haben wir J. nicht wirklich aus den Augen gelassen.
Einmal ist er ausgebüxt und hat, wieder im Waschraum, Le., 4 1/2 Jahre, dazu gebracht, an seinem Penis zu lutschen.
Wieder ein Gespräch mit J. Mutter, die daraufhin mit J. zu einer Familientherapeutin gegangen ist, da sie Angst hat, J. übertrage dieses Verhalten durch eigene Missbrauchserfahrungen.
Le. erzählte zuhause nichts von dem Vorfall im Waschraum, die Eltern erfuhren durch uns Erzieherinnen davon. Wir alle waren hilflos und wussten nicht recht, wie wir mit der Sache umgehen sollten.
J. durfte nicht mehr alleine in den Waschraum gehen oder unbeobachtet spielen, immer war eine Betreuerin dabei, was natürlich den anderen Kindern auffiel. Wir waren in der Zwickmühle: wie schützen wir alle anderen Kinder vor J. - und wie schaffen wir es gleichzeitig, ihn nicht in eine Täterrolle zu drängen??
Wir hatten ein Gespräch mit einer Psychologin, mit dem wir recht unzufrieden waren, kam als Konsens heraus: Das sind Kinder, die spielen bloß, das kann durchaus Spielen sein...
Unsere Frage, wie wir mit J. und den beiden anderen Jungen umgehen sollten, wurde nicht befriedigend beantwortet, so hatten wir noch zwei Beratungsgespräche bei Kobra e.V.
Hier wurde uns geraten, eine eigene Einstellung zu kindlicher sexualität zu finden, da auch Kindergartenkinder sexuelle Wesen seien und durchaus onanieren und Sexspiele treiben...
Immerhin erhielten wir hier Informationen über mögliche Anzeichen für sexuellen Missbrauch.
Im Urlaub konnte sich Le., auf gezielte, aber versteckte Fragerei des Vaters seinen Eltern öffnen. Hier kam die Geschichte aus dem Waschraum heraus wie noch einiges anderes:
J. packt am Esstisch seinen Penis aus, die Kinder müssen ihren Kopf unter den Tisch stecken und ihn sich angucken. Sie dürfen dabei nicht lachen, damit es keine Erzieherin bemerkt.
J. sagt Dinge wie: Ich nehme jetzt meine Tasse, gehe damit aufs Klo und trinke dann mein Pipi...
Aufgrund der neuen Tatsachen hatten wir 2 Erzieherinnen ein Gespräch mit J. in dem wir ihm sagten, dass wir solches Verhalten hier nicht haben wollen. Es sei toll, ein Junge zu sein, wir könnten auch verstehen, dass er stolz auf seinen Penis sei und ihn herumzeigen möchte, so wie es sicher angenehm sei, wenn er ihn streichelt und berührt. Aber seine Mutter habe ihm ja schon erklärt, dass es Dinge gibt, die man am besten nur zuhause machen solle, da manche Leute dieses Verhalten nicht mögen. Ebenso dürfe man kein anderes Kind zwingen, etwas zu tun was es nicht will.
J. erzählte, er habe eine Taschenlampe bekommen, mit der er sich unter seiner Bettdecke ansehen dürfe und wenn er zuhause seiner Mama und seinem Papa seinen Penis zeige, würden sie sagen, dass es schön sei, dass er einen habe und dass sie ihn jetzt schon sehr oft angesehen haben und er ihn wieder einpacken soll...
Wir haben ihm gesagt, dass wir keine Lust mehr haben, ihn zum WC zu begleiten und dass wir ihm vertrauen, dass er hier alle Kinder in Frieden lässt. Wir haben ihm das Versprechen abgeknöpft, dass er nichts mehr tun wird.
Bis heute ging alles gut.
Heute kam die Mutter von Lu. und erzählte, dass J. und Lu. bei J. zuhause gespielt haben, auch allein in seinem Zimmer. Nun hat J. den kleinen gezwungen, sich auszuziehen, hat ihn festgehalten und an dessen Penis gelutscht. Auch soll er an seinen Po geleckt haben und ihn gezwungen haben, an seinem Penis zu lutschen.
Lu. möchte nicht mehr in den Kindergarten kommen, er hat Angst vor J., der sich im Kreis immer neben Lu. setzt und ihm so noch mehr Angst macht. Wir gehen dazwischen und hoffen, Lu. die Sicherheit zu geben, die er braucht.

Nun, ich weiß, dass solche Ferndiagnosen immer schwer zu stellen sind. Ich weiß, dass Kinder heutzutage viel im Fernsehn sehn, auf der Straße aufschnappen oder einfach aus Neugierde oder aus einem Geborgenheits-defizit heraus handeln (wie die Psychologin sagte: Vielleicht wurde er nicht lang genug gestillt und drum lutscht er so gern an Penissen, weil die ebenso weich und gut zum saugen geeignet sind wie die Mutterbrust). Ebenso weiß ich, dass man ein Kind von 6 Jahren nicht als Täter bezeichnen kann.
Aber wie soll ich mit J. umgehen? Was rate ich seinen Eltern?
Wie soll ich die anderen Kindergartenkinder von Angriffen von J. schützen? Anfangs versuchte er die Jungs zu überreden, mittlerweile setzt er Zwang ein. Kann er das aus Filmen haben? Oder deutet das schon sehr auf einen Missbrauch hin? Ebenso die Heimlichkeiten, es darf keiner Lachen, damit es niemand erwachsenes mitbekommt...
Was tue ich mit Le. und Lu.?? Sind sie von einem fast gleichaltrigen missbraucht worden? Gibt es Missbrauch unter so jungen Kindern?

Ich weiß tatsächlich nicht, was hier angebracht ist und wohin ich mich wenden kann, was ich den 3 Elternpaaren anbieten oder raten kann. Persönlich bin ich schon sehr erleichtert, dass dieser 3. Vorfall nicht unter meiner Aufsichtspflicht passiert ist - aber ich hoffe, dass ich allen 3 Kindern gerecht werden kann und ihnen die Hilfe und den Schutz zukommen zu lassen, den sie brauchen.

Herzlichen Dank fürs Zuendelesen des Romans :-)


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 07.06.2005, 22:58 
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Registriert: 14.03.2005, 00:52
Beiträge: 718
hallo towa

haben soeben dein beitrag gelesen.
vorweg möchten wir dir sagen, dass wir es sehr bemerkenswert finden, das du dir weiterhin gedanken darum machst! wir denken viele würden sagen, sie hätten genug unternommen und nun überlassen sie es dem zufall, wie es weiter geht...
dafür erstmal ein grosses lob unserer seits :bindafür:

gerne würden wir dir morgen auf dein beitrag antworten.
möchten das ganze erstmal etwas sackenlassen und uns dann ein paar gedanken dazumachen.
aber wir wollten dich wissenlassen, das es jemand gelesen hat und dir auch antworten wird!
wir hoffen, du verstehst das und wünschen dir erstmal viel kraft für den morgigen tag!

ängstlich & Schneeflöckchen_isa


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 08.06.2005, 12:30 
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Registriert: 23.06.2004, 23:47
Beiträge: 361
hallo towa...

habe deinen beitrag auch gelesen und schliesse mich erstmal ängstlich an ...
ansonsten .. muss ich sagen, bin ich bei deinen fragen ziemlich überfordert... denn ich habe leider keine pädagogische ausbildung oder pädagogisches wissen ......... deswegen kann ich nicht wirklich was raten ..
aber ich schreibe einfach mal ein paar gedanken dazu auf ok ?
wenn du magst, kannst sie ja lesen ....
also ... erstmal .... was ich dir raten würde ist, sich mit weiteren ärzten, psychologen etc. in verbindung zu setzen ...... denn leider haben soooooo viele ärzte keine ahnung.. das weiss ich aus eigener erfahrung sehr sehr gut.. deswegen immer mehrere (experten)meinungen einholen !!! denn wenn es auch ärzte gibt, die sagen, es is nich schlimm, es is ok, muss das NOCH LANGE NICHT der wahrheit entsprechen ....

ok.. jetz zu meinen gedanken ....
ich habe da sicherlich einen sehr sher subjektiven blick, da ich selbst überlebende bin und es sein kann, dass ich es viellt. grundsätzlich sehr überbesorgt bin .....
also ......
ich denke, es ist wichtig, was zu unternehmen .....
und ja...... auch unter kindern gibt es mb ..... ( das is ein sehr schweres und umstrittenes thema) .... aber ich denke, die mechanismen sind ähnlich ... wobei natürlich das kind erstmal nich so krass als täter zu stigmatisieren ist, weil er in dem alter es nicht bewusst macht....
deswegen würde ich auch den eltern der opfer..... eher raten, dass mit ihren kindern in eine beratung/thera gehen ... denn ich denke, es ist klar, dass sie schaden genommen haben ... (einer will ja noch nich mal mehr in den kiga und hat angst) .....
die sache is ja die, dass einer, der mehr macht hat (zwar nur unwesentlich mehr aber halt doch mehr) die kinder zu was gezwungen hat, was die nicht wollen und zwar in einem bereich, der sehr sensibel ist und sich in dem alter zusammen mit der eigentl. identität gerade herausbildet ..... also ist das mb !!...... und es muss darüber geredet werden mit den kindern !!!!!!!!!!!! denn sie müssen wissen, dass das nicht richtig war... und dass das nicht normal ist etc. ...........
und wie gesagt. im falle des kindes, von dem es ausgeht, da würde ich probieren erstmal noch mehr infos einzuholen .... und dann eventl. eben einen guten thera suchen für ihn.. was nicht einfach sein dürfte.... (meine erfahrung) aber man darf das thema auf alle fälle nicht unter den tisch fallen lassen .......
das is wie gesagt nur meine meinung .....
ich werde, falls ich dazukomm dir in den nächsten tagen eventl. noch ein buchtitel nennen, der dieses thema mb unter kindern zum thema hat..
es gibt meines wissens nur eines darüber.... irgendwo hab ich den titel aufgeschreiben .. muss es aber erstmal in meinem wust an unterlagen suchen
ok .. das wars erstmal von meiner seite.....

ich wünsch dir viel kraft.
viele grüsse
pada
nono


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 08.06.2005, 19:54 
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Hallo Towa,

zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich es ganz toll finde, wie sehr Ihr euch um die Kinder und deren Familien kümmert! Ihr beobachtet viel und führt Gespräche,d ass zeigt sehr viel Engagement.
Es ist, so aus der Distanz betrachtet, wirklich alles ein bisschen merkwürdig.
Dass Kinder irgendwann die Geschlechtsunterschiede entdecken und sich dafür interessieren, ist ein ganz normaler Entwicklungsschritt. Das geht mitunter soweit, dass alle möglichen Leute danach gefragt werden :"Bist du ein Junge oder ein Mädchen?" Und natürlich will man sich das alles auch einmal anschauen und "erforschen".
Was mich misstrauisch macht, ist das "Penis lutschen" und den Druck und Zwang, den J. dabei mitunter ausübt. Das sind nun keine typisch kindlichen Verhaltensweisen.
Die Erklärung der Psychologin, er sei nicht lange genug gestillt worden und lutsche deswegen am Penis, ist wohl der größte Quatsch, den ich je gehört bzw. gelesen habe!
Wo hat er's also her? Schwierig, ich weiß nicht, ob ein zufällig geschauter Sexfilm ein solches Verhalten so manifestieren kann? Würde ich eher mal anzweifeln.
Du schreibst, dass die Mutter mit J. bei einer Familientherapeutin war. War das ein einmaliger Kontakt oder wird er dort betreut?
Wie kam die Mutter überhaupt auf den Gedanken, dass der Junge vielleicht Missbrauchserfahrungen gemacht hat?
Ihm klar zu machen, dass Selbstberührungen (und - befriedigungen)nichts schlimmes sind, ist vollkommen o.k., aber auch ebenso die Erklärung, dass ein solches Bedürfnis nicht in einer Kindergartengruppe befriedigt werden sollte.
Was kann man weiter tun? Ich würde weiter darauf hinwirken, dass J. therapeutisch behandelt wird. Ob nun ein Missbrauch stattgefunden hat oder nicht, sein Verhalten ist auffällig und man sollte schauen, was er vielleicht sonst damit ausagiert.

Wünsche Euch bei Eurer weiteren Arbeit alles Gute!

Loreley


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 08.06.2005, 21:29 
:D Herzlichen Dank schon mal für Eure Antworten.

Ja, Loreley, dies ist die Große Frage, die uns alle Beteiligten umtreibt: Wo hat J. dieses Verhalten her?

Wie gesagt, wir (meine Kollegin und ich sowie unsere Vorgesetzte vom Amt) waren bei dieser Psychologin, die das mit dem Stillen gesagt hatte. Sie hat auch gemeint, er könnte es in einem Film gesehen haben oder nachts durchs Schlüsselloch seiner Eltern geguckt haben...
Das mit dem Film glaube ich nicht, ich bin mir ziemlich sicher, dass es in diesem Haushalt solche Filme nicht gibt, das ist schließlich "Sünde", und wenn es dennoch welche geben sollte, sind sie so verwahrt, dass die Kinder mit Sicherheit nicht dran kommen - in der Familie gibt es nicht mal Chips und Salzstängele, weil die "schädlich" sind...
Natürlich kann ich nicht beschwören, dass er nicht woanders einen solchen Film gesehen hat, aber dennoch habe ich das Gefühl, dass dadurch vielleicht Neugierde, eher aber Abscheu ausgelöst werden.

Sollte sein Verhalten auf der natürlichen Neugierde beruhen, sollte sie doch eigentlich schon gestillt worden sein durch die beiden ersten Übergriffe auf die Jungs. (Wie ich heut erfahren hab, hat er es früher im heimischen Umfeld auch bei Mädels versucht) Er HAT ja die Erfahrung gemacht, wie es sich anfühlt, wenn er lutscht und leckt, ebenso, wie wenn bei ihm beides ausgeführt wird.

Bleibt immer noch die Frage nach dem Zwang, den er einsetzt. Wo hat er den her? Hat er den selber erlebt? Ebenso die Heimlichkeit. Lu.s Mutter erzählte mir heute, J. habe Lu. eindringlich davor gewarnt, es jemandem zu erzählen. Ein Glück, dass sich Lu. nicht daran gehalten hat...
DIESES Verhalten ist es, was mich stutzig macht. Und hilflos, traurig, unsicher...

Zur Therapie: Wie schon erwähnt, ist es eine sehr christliche Familie, und die Mutter hat recht schnell einen Termin bei einer Psychologischen Beraterin bekommen, die eine Familienaufstellung gemacht hat. Soweit ich weiß, hatte die Mutter allein ein paar Sitzungen bei ihr, und J. war wohl auch dort. Was genau dort geschieht, weiß ich nicht. Ich habe Zweifel, ob die Kernpunkte überhaupt angesprochen werden. Ich kenne die christliche Richtung hier im Umkreis, und bei allem Respekt und Verständnis - ich KANN die Auffassungen nicht gut heißen. In einem evangelischen Internat hier im Umkreis haben es die Eltern durchgesetzt, dass es keinen Sexualkundeunterricht mehr gibt, weil das die Kinder auf dumme Gedanken bringen kann. Meiner Meinung nach schadet Unwissen mehr, als zuviel zu wissen und neugierig zu sein...
Grade darum bin ich mir nicht sicher, ob diese Therapie für J. so geeignet ist. In einem Zwischenbericht der Mutter (sie hat von unserer Amtsleiterin die Auflage bekommen, uns über den Verlauf der Therapie zu unterrichten, ansonsten wird das Jugendamt eingeschaltet) hat sie über ihre eigenen Eindrücke bei der Familienaufstellung von J. berichtet. Seine Schwestern kamen dort wohl gar nicht vor, er sei ein starker Löwe gewesen und die Eltern spielten eine untergeordnete Rolle. Als die Therapeutin fragte, ob seine Mutter anwesend sein solle oder nicht, habe er wohl wortlos mit einem Finger auf die Tür gezeigt, was seine Mutter sehr schockierte. Ich kann mir dieses Verhalten sehr gut vorstellen bei ihm, ihm liegt die Rolle eines Paschas...

Wie die Mutter auf den Gedanken kam, er könne selbst Missbrauchserfahrungen gemacht haben?
Zuerst natürlich die Tatsache, dass er an seinem Körper sehr interessiert ist und sich gerne darstellt...
Dann natürlich auch die Tatsache, dass er seit einiger Zeit andere Kinder überreden will, ihm gefällig zu sein. In dieser Hinsicht wurde sie zuerst vom Kinderarzt beruhigt, aber nachdem es nicht aufhörte, sich nicht "ausgewachsen" hat, sagte ihr eigenes Gefühl, dass dies KEIN normales Verhalten ist.
Nachdem zuletzt herauskam, dass er viele Dinge auch im Kindergarten heimlich tut und andere dazu bringt, mitzumachen und auch den Mund zu halten, auch dass er Zwang einsetzt, kann sie sich das Verhalten ihres Sohnes schon gleich gar nicht mehr erklären. Und ich denk, dass sie einfach ANGST hat, dass ihrem Sohn etwas angetan wurde, von dem sie nicht die leiseste Ahnung hat. Daher der Gang zur Beratung. Die Therapie ist, soweit ich weiß, weiter gegangen, demnächst wird wieder ein Zwischenbericht abgegeben. Ich bin sehr gespannt, was die Mutter berichtet, auch wenn ich jetzt schon ein bissel Angst hab. Denn wenn die Therapeutin festgestellt haben sollte, dass mit J. alles in Ordnung ist, wird sie so erleichtert sein, dass sie nicht zustimmen würde, eine zweite Meinung einzuholen. Schon gar nicht von einer freien Beratungsstelle ohne christlichen Hintergrund. Und dazu werde ich ihr zweifellos raten.

Ach, mir ist die ganze Geschichte so arg... mir tun alle 3 beteiligten Kinder leid, so wie mir deren Eltern leid tun. Jede dieser Familien gibt sich um ihre Kinder große Mühe, sie fördern sie, ernähren sie anständig, tun was für ihre Bildung und ihr Wohlgefühl. Die Eltern kümmern sich nicht nur um Äußerlichkeiten, sie tun wahrhaftig auch was für die kleinen Seelen. Grade darum ist diese ganze Sache hier eine verzwickte Kiste
*seufz*

Und nono, über den Buchtitel würde ich mich sehr freuen :D


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BeitragVerfasst: 08.06.2005, 21:52 
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hi towa.....

hm.. hab jetz mal deinen beitrag überflogen .....
aber mir ist sofort was aufgefallen .... FAMILIENAUFSTELLUNG??????
da klingelt doch gleich was bei mir....... oje.....
könntest du in erfahrung bringen, ob die thera nach Hellinger arbeitet?
wenn ja... ist es klar, warum sie so zeugs von sich lässt.. wenn das wirklcih so sein sollte.. dann erkundige dich mal über hellinger... er ist mehr als umstritten .......
es gab hier vor einiger eine sehr grosse diskussione darüber.....
soviel erstmal dazu .....
buchtitel folgt später
wünsch dir viel kraft
grüsse
nono


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BeitragVerfasst: 08.06.2005, 22:09 
äh, ich hab tatsächlich keine Ahnung, was genau diese Therapie ist. Mit dem Inhalt hab ich mich bislang nicht auseinander gesetzt, ich war schon heilfroh, dass etwas unternommen wurde, auch wenn ich, wie gesagt, skeptisch ob der christlichen Gebundenheit war und bin.

Könnte mich hier jemand aufklären, was mit dieser Familienaufstellung im Einzelnen gemeint ist und warum dieser Hellinger so umstritten ist? Es würde mich sehr interessieren, auch wenn es in Sachen J. nun schon geschehen ist...


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 08.06.2005, 22:20 
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Registriert: 23.06.2004, 23:47
Beiträge: 361
hi towa...

also ich kann nicht genau sagen, ob familienaufstellung immer nach hellingers methode gehen muss, dafür kenn ich mch einfach viel zu wenig aus in richtugn familienthera .. ok ?
aber kannst ja hier mal gucken .... http://www.agpf.de/Hellinger.htm
z.b.

noch ne sache....
ich als obermisstrauischer mensch .. man darf, egal wie seriös, christl.ettc.eine familie nach aussen hin wirkt nie vergessen, dass es auch fassade sein könnte.....

mal davon abgesehen .. von der ganzen aktuellen sache.. wäre ja viellt. ganz gut, wenn es für die erzieherinnen eine weiterbildung in der richtung gäbe? es gibt im übrigen auch gruppen die theaterstücke für kinder in dem alter machen, um sie stark zu machen und das nein-sagen zu lernen ....
gut, sehr viele sagen dafür ist es noch zu früh und die kinder zu jung...
aber mein freund sagte mal .... als er das mit dem präventivprogramm für schulen hörte.. schade, da wärs, selbst wenn es das damals gegeben hätte, schon viel zu spät gewesen ......
und das ist kein einzelfall .....

nur so ne überlegung ....

gruss
nono


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BeitragVerfasst: 08.06.2005, 23:03 
@ nono

Es gibt auch Weiterbildungen in diesem Bereich. Schon in den 90ziger Jahren war das hochaktuell, und es gab viele interessante Angebote mit diesem Thema.
Die Schwierigkeit ist halt immer, wie gehe ich meinen Verdachtsmomenten nach? Spreche ich die Familien direkt an? Werden sie nicht abblocken und mir erst recht Lügen erzählen? Wende ich mich ans Jugendamt, selbst auf die Gefahr hin, dass man gegen mich vorgehen wird, wenn es nicht stimmt oder es nicht bewiesen wird? Oder: wird das Jugendamt überhaupt reagieren? Es ist manchmal ein Drahtseilakt.....

@ towa

Ich würde mich auch erst mal nicht von dem Bild der "christlichen Familie" so total beindrucken lassen. Man weiß letztlich nie, was hinter dieser Fassade steht.
Wo hat der Junge diese Fäkaliensprache her? Man kann sich nicht vorstellen, dass in einer so gut situierten Familie so gesprochen wird.
Oder doch.......?
Man kann sich sov ieles nicht vorstellen, aber ich denke, hier könnten Dir ganz viele von guten und starken Fassaden nach außen hin berichten, aber auch darüber, wie es oft hinter der Fassade aussieht.
So ganz verstehe ich nicht Deine Einstellung "Beratungsstellen mit christlicher Gesinnung" gegenüber. Wie meinst Du denn das?

Loreley


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 08.06.2005, 23:07 
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I n g o !!!!!!

Wieso bin ich denn als Gast hier aufgeführt?????????????

Loreley


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.06.2005, 00:01 
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Beiträge: 1339
kannmich dem nur ansdhliessen,

also mwinw familie war eine gutsituierte famile (mittelstand) mit gutem ruf,
mitter auch im elternbeirat und so...auch christlich udn so...udn was war? alles nur nach aussen..diese fassade kann perfekt tarnen.

vor helinger kann ich auch nur warnen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

pinky

_________________
persona non grata auf dieser welt


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.06.2005, 05:51 
Offline

Registriert: 24.05.2003, 00:00
Beiträge: 2214
Wohnort: Inmitten einer Wohngemeinschaft
@ towa

Sorry, eine Frage habe ich noch:

Wie schafft man es, eine Mutter zur Auflage zu machen, über eine Therapie zu berichten?
Mit einer Androhung, sonst das Jugendamt einzuschalten?
Und Ihr glaubt, dass die Mutter jetzt die Wahrheit erzählt?
Da wäre ich persönlich jetzt erst einmal etwas skeptisch.
Welche Mutter (oder Vater) möchte gern Kontakt zum Jugendamt haben?

Ich versuche in einem solchen Fall gerne, Kontakt mit den Therapeuten aufzunehmen. Natürlich geht das nur mit Zustimmung der Eltern, aber ich erkläre ihnen, dass es wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen, und dass der Therapeut uns vielleicht wichtige Tipps geben kann, wie wir dem Kind weiterhelfen können.
Auf alleinige Berichte der Eltern verlasse ich mich nicht nicht so gerne. Eltern sind immer auch in irgendeiner Weise emotional beteiligt, sodass doch auch gewisse Sachverhalte (vielleicht gar nicht bewusst) verfälscht werden können.

Schöne Grüße

Loreley


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BeitragVerfasst: 09.06.2005, 11:39 
Hi Towa!

Lese leider erst jetzt deine Anfrage hier und möchte auch erst mal vorab deinen Mut loben! Hätte ich bloss nur so aufmerksame Erzieher gehabt, wäre mir sicherlich vieles erspart geblieben!

Das der Verdacht, dass J. selbst missbraucht wurde kann ich sehr gut nachvollziehen, denn Kindersexualität hat meiner Meinung nach absolut nichts mit Zwang und Angsteinflössendem Verhalten zu tun. Ich bin zwar kein Therapeut und habe auch keine pädagogische Ausbildung, aber ich unterscheide für mich persönlich sehr wohl zwischen Kindern, die ihre eigenen und eventuell auch "fremde" Kindergeschlechtsteile erkunden und kennenlernen (also Kindersexualität), aber die Art, dass J. Zwang und Angsteinflössung verwenden um andere Kinder zu Dingen zu verleiten, die ihnen nicht gefallen, hat meiner Meinung nach absolut nichts mit Kindersexualität zu tun. Weiters hat Kindersexualität auch nichts mit der Art und Weise wie Erwachsene Sexualität praktizieren und erleben zu tun.

Was mir auch auffällt, ist, dass du immer wieder erwähnst, dass die Familie von J. sehr christlich ist und alles was mit Sexualität zu tun hat als Sünde dargestellt wird (hoffe, dass ich das da nicht falsch verstanden habe). Und genau daher wäre ich schon kritisch gegenüber der Familie von J. Aber nicht weil sie christlich sind (denn die Religion ist eine schöne Religion), sondern deswegen, weil die Familie Sexualität als Sünde darstellen. Dadurch entsteht ein Schwarz-Weiß-Denken, wodurch es gerade da leichter wird, dass J. eventuell missbraucht wurde/wird aber selbst nicht darüber spricht, da dass was er erlebte/erlebt ja Sünde ist, er also ein schlechter Mensch ist (denn das ist es ja, was Kinder verstehen, wenn etwas mit Sünde und ihnen selbst verknüpft ist).

Mich erinnert das Verhalten von J. sehr stark an mein Verhalten als Bub: Ich habe nämlich ähnliches mit anderen Mädchen gemacht (zB wollte ich mein bestes Stück als 5jähriger in eine Vagina einer gleichaltrigen reintun - bin froh, dass damals das bei mir aus physischen Gründen noch gar nicht ging). habe den fringer reingetan usw....Dabei habe ich auch so Sachen gesagt wie "...sag nichts weiter. Das bleibt unter uns, wenn du was sagst, bist du gemein und böse....usw" habe sogar einmal das ganze mit schmerzufügen untermauert :(

Als ich in die Volksschule kam war ich anfangs auch noch so, ich zeigte in der Klasse den anderen Buben, wie ich ein Mädchen am Boden festhalten kann und ihr den Rockhochziehe und sie begrabsche oder wie sich die grossen drauflegen und wie sie sich dann auf dem mädchen bewegen.... wie ich sie zu bestrafen habe, wenn sie etwas sagt usw....

...damals hat kein Kind gegenüber den Lehrern oder Eltern etwas darüber erzählt, was ich da in der Klasse getan habe, aber die Buben und die Mädchen der Volksschulklasse wollten das nicht, was ich da machte und haben sich zusammen getan und mich auf sehr brutale Art und Weise so zum Aussenseiter(wurde dann selbst von ihnen misshandelt). Damals lernte ich, sowas niemals wieder zu tun und heute bin ich froh darüber, egal wie brutal ich von ihnen dann geschlagen wurde, denn erstens ich verdiente diese Schläge und ohne den misshandlungen der anderen Kinder wäre ich sicherlich zu einem erwachsenen Täter geworden, was mir doch erspart geblieben ist.

Und ich war als Kind so, weil ich eben selbst missbraucht wurde und dachte, dass sei normal, ich dachte so behandelt man andere Menschen.....

Wie sah eigentlich die therapeutische "Begutachtung" von J. aus...? Denn so weit ich weiß wird gerade bei Kindern, bei denen Verdacht auf Missbrauch besteht ja nicht über Sprechtherapie eine Diagnose gestellt, sondern vor allem durch das Spielen:
zB Thera und Kind sitzen am Boden, viele Puppen, Stofftiere liegen dort herum. Dann nimmt Thera zwei Puppen oder zwei Stofftiere oder eine Puppe und ein Stofftier zur hand und spielt "Vater-Sohn-sind-alleine". Thera macht dann da "normale" dinge, beispielsweise Vater (Puppe) zeigt dem Sohn (Puppe) wie man mit einem Spielzeugauto auto fährt....das Kind macht das dann im Laufe der Sitzung mit (Nachahmung). Wenn Thera ein vertrautes Verhältnis aufgebaut hat, lehnt sich Thera zurück und lässt das Kind alleine "Vater-Sohn" weiterspielen und beobachtet, was die Vaterpuppe mit der Sohnpuppe macht. Eventuell geht Thera auch aus dem Zimmer (welches dann logischerweise kammeraüberwacht ist) und beobachtet dann über Monitore, was das Kind alleine mit den Puppen anstellt....
Daraus läßt sich nach mehreren Sitzungen(Beobachtungen, Gesprächen) recht schnell erkennen, was zu Hause los ist ohne das das Kind zum reden gezwungen wird....

Vor allem würde eine Gesprächsthera kaum helfen, denn ist J. wirklich noch komplett in der Missbrauchsituation, so ist es ja schon kaum möglich zu reden: Ein Erwachsener (der Missbraucher) verbietet reden, ein anderer Erwachsener will das gerdet wird, was soll da J. dann tun...? Reden oder nicht reden? Die regeln der Grosssen (Erwachsenen) müssen doch eingehalten werden, so wie ich es gelernt habe, aber wer von den grossen hat jetzt recht? Der missbrauchende Erwachsene (grosse) oder die liebe Tante/ der liebe Onkel da gegenüber von mir (der/die Thera)?

Gleichzeitig finde ich es seltsam, dass die Mutter von J. zur selben Therapeutin geht...denn beide sind doch in den Verdacht des missbrauchs verwickelt, wodurch sowohl die Mutter, als auch J. eigentlich zu zwei unterschiedlichen Theras gehen sollte damit die Therapeutin Urteilsfrei gegenüber J. bzw. der Mutter sein kann, was bei einer Thera kaum der Fall sein kann.

Naja, ich wäre bei J. und seiner FAmilie auf jeden Fall sehr aufmerksam und hoffe, dass du und die anderen Erzieher/innen weiterhin die Kraft haben werdet, eine für die gesamte Gruppe und auch für J. eine gute Lösung zu finden.

lg
chrisrudi


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 09.06.2005, 15:04 
Sodele, erst mal die Fragen beantworten:

1. Fassade der christlichen Familie:
Ich bin mir klar darüber, dass dies alles nur Fassade sein kann und auch in Familien mit sehr chistlichem oder gutbürgerlichen Haushalten viel verdeckt abgeht. Reinsehn kann man nie, ich kann nur meine Einschätzung und mein Gefühl beschreiben - was durchaus auch falsch sein kann.

2. Weiterbildungen:
Meine Kollegin wollte zu einer heute stattfindenden Fortbildung zu dem Thema gehen, trotz frühzeitiger Anmeldung war leider schon alles ausgebucht :(

3. Theaterstücke etc. zum Selbstvertrauen aufbauen und Nein-sagen-lernen:
Es werden bei uns im Dorf immer wieder Kurse vom WSD (women self defense) angeboten, die sind für Kinder ab 5. Sie lernen Selbstbehauptung, einige Selbstverteidigungstechniken und rigoroses Nein-sagen. Da dies kostenpflichtig ist, darf dies nicht im Kindergarten angeboten werden (chancengleichheit). So müssen die Eltern selber dafür sorgen, dass ihre Kinder dort mitmachen. Wir im Kindergarten machen dafür Werbung und beraten die Eltern dahingehend auch, aber mehr können wir nicht tun.

4. Christliche Beratungsstellen:
Allgemein habe ich nichts gegen christliche Beratungsstellen, ich finde es gut, dass es Beratungsstellen mit den unterschiedlichen Trägern gibt.
Doch so, wie ich hier im Dorf und im Nachbardorf den christlichen Glauben kennengelernt habe, bin ich gerade bei DIESER Beratungsstelle, zu der J. geht, skeptisch. Unser CVJM hat das ganze Dorf in der Hand, und ich als Aussenstehende merke immer wieder, wie Familien, Paare und auch Kinder unter Druck gesetzt oder ausgegrenzt werden. In meinem Dorf werden Kinder auf Wunsch der Eltern aus dem Unterricht geschickt, wenn Ottfried Preußler (Die kleine Hexe) oder Astrid Lindgren (Pippi mit den übermenschlichen Kräften) vorgelesen wird - die Autoren seien "vom Teufel besessen". Wir hatten schon Eltern im Kindergarten, die uns verbieten wollten, die Kinder Mandalas malen zu lassen, weil dies okkult sei... zwei Beispiele, denen ich noch mehr hinzufügen könnte.
Ich selber war jahrelang in der katholischen Kirche tätig, ich finde es schön, wenn Kinder einen Glauben haben, Glaube gibt Hoffnung und Zuversicht, gibt Kraft und lässt Gemeinschaft erleben. Glaube ist etwas Gutes, wenn er nicht zu fanatisch gelebt wird.
Allerdings hat J. selber auch schon mal den Satz rausgehauen: Wer nicht an unseren Gott glaubt, kommt in die Hölle :?
DESHALB bin ich skeptisch, wenn jemand im Nachbardorf zu der christlichen Beratungsstelle geht, weil es ja durchaus passieren könnte, dass die Menschen, die ja ohnehin schon in einer schweren Situation sind, noch weiter manipuliert werden können, in eine Richtung, die ihnen ganz sicher nicht gut tut. Denn das, was ein Großteil der evangelischen Christen hier im Dorf lebt, ist kein positiver Glaube an einen gütigen Gott, sondern eher die Angst, irgendetwas zu tun, wofür man in die Hölle kommt. Unser letzter ev. Pfarrer hat sich aus diesem Grunde versetzen lassen...

5. Die Auflage, über die Therapie zu berichten:
Diese Auflage kommt von unserer Amtsleiterin. Wir haben im gesamten Kindergarten 65 3-6-Jährige, 5 2-Jährige und 13 Grundschüler. Für all diese Kinder tragen wir Verantwortung.
Nachdem die Vorfälle mit J. bekannt wurden, musste etwas unternommen werden. Bislang sind wir von unbeteiligten Eltern noch nicht angesprochen worden, vielleicht hat wirklich jeder Beteiligte diesmal den Mund gehalten - was an sich ein Wunder wäre... Dennoch müssen wir alle Kinder schützen und versuchen, J. sowie seinen beiden "Opfern" zu helfen.
Natürlich hat auch meine Amtsleiterin Angst vor neuen Vorfällen. Auch wenn ich nicht hoffe, dass es vorkommt: J. kann jederzeit wieder im Waschraum oder sonstwo zum Zuge kommen. Bisher hatte er Glück, dass die Eltern der beiden Jungs hilflos und gutmütig waren und mit J. Mitleid hatten. Aber wir haben in der Einrichtung auch andere Kaliber, die wütend an die Decke gehen können. In einem solchen Falle muss der Kindergarten nachweisen, dass so viel wie möglich getan wurde, um so etwas zu verhindern. Deshalb die Auflage an die Mutter, mit ihrem Sohn eine Therapie zu machen und uns darüber in Kenntnis zu setzen. Unter diesem Aspekt ist es erst mal zweitrangig, ob die emotional getroffene Mutter uns tatsächlich die Wahrheit erzählt. Sollte es noch einmal zu einem Vorfall im Kindergarten kommen und werden wir Erzieherinnen zur Rechenschaft gezogen, können wir Bezug auf all das nehmen, was wir bisher unternommen haben.
Trotz alledem hoffen wir natürlich, dass J. Mutter uns die Wahrheit erzählt. Peinlich ist es ohnehin schon, und ich hoffe sie weiß, dass wir ihr und ihrem Sohn nicht feindlich gesinnt sind. Die Eltern wie auch wir haben ja nur das eine Ziel: Ihm zu helfen.
Die Drohung, das Jugendamt einzuschalten ist wiederum eine Schutzmaßnahme für die Einrichtung. Ich hoffe sehr, dass es J. nicht schadet und es ein weiterer Ansporn für die Eltern ist, sich WIRKLICH um ihn zu bemühen.

6. Kontaktaufnahme zum Therapeuten:
Meine Kollegin hat versucht, Kontakt zur Therapeutin aufzunehmen. So etwas geht in einem bürokratischen Kindergarten natürlich nur mit Einverständnis der Eltern, da ja auch ein Therapeut Schweigepflicht hat. So wie wir mit Ergotherapeuten und Logopäden zusammenarbeiten, hätte ich J. Therapeutin auch gerne einmal im Kindergarten gehabt, damit sie ihn in diesem wesentlichen Lebensumfeld auch einmal erleben und beobachten kann. Leider ist der Kontakt bisher nicht zustande gekommen.

Dies alles sind so unheimlich viele Dinge, die so schwer zu durchschauen sind. Ich bin "nur" eine Erzieherin, die das Kind im Schnitt 4 Stunden am Tag betreut. Ich bin durch meine Amtsleitung und gesetzliche Vorgaben gebunden, ich werde von mehreren Seiten unterschiedlich beraten, bei dem ganzen will ich nicht den Respekt vor den Kindern und den Eltern vergessen, nicht die liebevolle Zuneigung zu den Kindern unterlassen. Ich habe insgesamt 25 Kinder zu betreuen, von denen jeder seine eigene Geschichte und seine eigenen Problemchen und Schwächen mitbringt. Eltern kommen und fragen, ich habe jede Woche 2 Elterngespräche zum Entwicklungsstand...Ich habe nicht viel Handlungsspielraum, ich gehe mit dem Gedanken an J. und Lu. ins Bett und wache mit ihnen wieder auf. Ich sehe die gehetzte und verzweifelte Mutter von J., die zusammengesunken auf nem Kinderstuhl sitzt, ich sehe die verwirrten und hilflosen Eltern von Le. und Lu.... sie alle dauern mich sehr, aber ich weiß im Moment noch immer nicht genau, was ich tun kann.

Vielen Dank an chrisrudi. Das bisschen, was ich von der Therapie weiß, ist, dass er wohl auch seine Familie anhand von Spielzeugtieren benannt hat... im übrigen sagte meine Kollegin heut, dass die Therapeutin nach systemischer Familientherapie arbeitet, dass ihr aber auch der Name "Hellinger" bekannt vorkäme... wir werden uns noch einmal genauer erkundigen.

Euch allen herzlichen Dank für Euer Interesse und Eure Hilfe :)


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BeitragVerfasst: 09.06.2005, 15:52 
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Wohnort: Inmitten einer Wohngemeinschaft
Darf ich nur mal ganz neugierig fragen, in welcher Ecke Deutschlands Du wohnst und in welcher Trägerschaft Eure Einrichtung ist?
Musst nicht anworten, wenn Du nicht willst, es würde mich halt nur mal persönlich interessieren.......

Gruß,
Loreley


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