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 Betreff des Beitrags: "Überlebende"
BeitragVerfasst: 02.08.2005, 13:09 
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Registriert: 18.06.2005, 23:45
Beiträge: 63
Hallo,

ich möchte mal ganz gerne was über den Begriff "Überlebende" loswerden und auch die Meinung von anderen dazu mal hören.
Ich stolpere im Internet immer wieder über den Begriff Überlebende in Zusammenhang mit M***brauch. Zu diesen "Überlebenden" gehöre ich leider auch, aber ich persönlich finde den Begriff nicht so ganz passend. Vielleicht erläutere ich einfach mal meine Sichtweise, es ist auch einfach nur meine Meinung und ich will damit niemanden persönlich angreifen oder verletzen.
Ich verbinde mit dem Begriff überleben einfach nur etwas, was einen am sterben hindert. Überleben kann ich demnach vieles, Autounfälle, Krankheiten, Überfälle und natürlich auch den M***brauch. Das sagt aber im Endeffekt nicht aus, wie man etwas überlebt und was man überlebt hat. Außerdem will ich ja nicht einfach nur etwas überleben, sondern Leben. Ich persönlich möchte irgendwann Leben und nicht einfach nur Überleben. Ich möchte endlich ein Leben führen, in dem ich nicht von Angst, Panik und meiner Vergangenheit verfolgt werde, sondern es vielleicht schaffe sie so in mein Leben zu integrieren, dass ich bestimme wo es langgeht und nicht die Vergangenheit.
Ich bevorzuge für mich persönlich den Begriff "Betroffene", denn ich finde, dass es mehr aussagt. M***brauch ist etwas, was einen betroffen macht, was das Weltbild erschüttert und in kein Lebenskonzept reinpasst. Von daher finde ich den Begriff besser.
Ich fände es schön, wenn auch andere ihre Meinung dazu äußern würden. Vielleicht habe ich ja auch wieder mal eine etwas verdrehte Denkweise.

Jumanji

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 02.08.2005, 13:46 
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Registriert: 27.07.2005, 12:25
Beiträge: 38
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Hallo Jumanji.

Ich finde Deine Frage sehr berechtigt. Fühle mich auch nicht als "Überlebende", weil ich mich oft genug frage, ob ich denn wirklich lebe.
Aber "Betroffene" bin ich auch nicht. Das erinnert mich an "Betroffenes Schweigen"... Fürchterlicher Ausdruck... Ich bin nicht betroffen, ich bin verletzt, gedemütigt, traurig, verzweifelt und so viel mehr...

Leider fällt mir aber auch kein besserer AUsdruck ein. War kein sehr konstruktiver Beitrag, sorry...

LG
Lilli

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 02.08.2005, 15:26 
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Registriert: 04.01.2003, 01:00
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Seit dem ich dieses Posting hier gelesen habe, denke ich nun schon darüber nach.

Überlebende, Opfer, Betroffen. Meiner Meinung nach kann man nicht in Worte fassen was es ausmacht.

In dem Buch "Trotz allem" steht:

Frauen, die als Kind Opfer s*x*eller M*ssbrauchs waren, nennen sich in den USA häufig "survivors" (Überlebende) Survivors betont nicht nur die Dramatik der Verletzung, sondern auch die Kraft und den Mut der Frauen, mit diesem Trauma zu leben, sowie sich in aktiver Auseinandersetzung damit aus ihrer Opferrolle herauszuarbeiten.

Überleben hat für mich etwas sehr passives und es hat für mich auch in keinster weile etwas mit leben zu tun.


Dies dazu von mir. Sind nur Gedanken.

sad

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 Betreff des Beitrags: Worte und Begriffe
BeitragVerfasst: 02.08.2005, 23:12 
Ich finde es wichtig, über Begriffe zu reden. Denn jeder sieht etwas anderes in bestimmten Worten. Schweigen ist selten goldig, oder?

Schubladen sind schrecklich, doch ziehe ich kühn und frech zunächst welche auf.

"überleben" - sehe ich als einen Zustand, in dem es unmöglich scheint, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
"betroffen" ist eine Betonung der passive Komponente. Für viele "Betroffene" ist es eine schreckliche Vorstellung, die Kontrolle zu verlieren und nicht mehr aktiv bestimmen zu können - wie damals. Das "Opfer" reihe ich dort auch ein. Doch die Realität wird mit diesen Begriffen nicht ausreichend widergespiegelt. Denn sie lässt es sehr wohl zu, sich von der Vergangenheit zu lösen ohne sie zu ignorieren, um sie schliesslich in das eigene Leben zu intergrieren. Andere sagen dazu "Heilung".

Es gibt Menschen, die Missbrauch in der Kindheit erfahren haben. So denke ich, auch wenn ich die "kommerziellen" Begriffe bisweilen nutze.

"Verbündete" ist auch ein erschreckender Begriff für mich. 8) Aber man kann ja darüber reden.


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 00:49 
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kurzer gedanke

verbündet kling irgendwie nach geheimnis.

sad

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 09:13 
so sehe ich das auch, sad. der begriff verbündete wird zb eingesetzt im krieg: die verbündeten mächte, geheimbündnisse usw.
mit dem begriff überlebende konnte meine tochter auch nicht so viel anfangen, sah sie sich doch als lebende tote und eine tote kann ja schlecht überlebt haben, nicht wahr?

ich fühle mich eher als begleiterin, als unterstützende person meiner tochter - verbunden fühle ich mit ihr ohnehin seit vielen jahren in form von familienbanden :wink:

ich sehe diese begriffe als eine von vielen möglichkeiten personengruppen zu beschreiben. einen begriff, der es ganz genau trifft, hab ich leider auch noch nicht gefunden, deshalb ist es mir recht so wie die begrifflichkeiten hier eingesetzt werden - schließlich weiß jeder was damit gemeint ist.

hexchen


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 09:15 
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Registriert: 18.06.2005, 23:45
Beiträge: 63
Danke für die Antworten. Hatte schon fast befürchtet, dass ich die einzige bin, die den Begriff nicht sonderlich gut findet. Irgendwie gibt es anscheinend keine wirklich treffende Bezeichnung für das was einem da wiederfahren ist und wie man im Endeffekt sich anschließend selber sieht. Anscheinend ist es ziemlich schwierig zu sagen, ob man lebt, überlebt, betroffen, verbündet oder einfach nur ein Mensch ist. Ein Mensch mit Fehlern und Schwächen, wie jeder andere auch und dabei wie jeder andere auch durch seine Erfahrungen, ob gute oder schlechte, geprägt ist.
Ich habe auch mittlerweile den Eindruck, dass es nichts ungewöhnliches, wenn auch was schreckliches und furchtbares ist, wenn man als Kind m***braucht worden ist. Es scheint normal zu sein und von daher sind die Menschen, Kinder, Erwachsenen denen das passiert auch normal zu sein, mit all ihren Einschränkungen und Reaktionen auf die traumatischen Erlebnisse.
Hört sich wahrscheinlich ein bisschen verdreht und unverständlich an, aber vielleicht versteht es ja doch der/die eine oder andere.

LG Jumanji

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 09:44 
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Beiträge: 38
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jumanji hat geschrieben:
Es scheint normal zu sein und von daher sind die Menschen, Kinder, Erwachsenen denen das passiert auch normal zu sein, mit all ihren Einschränkungen und Reaktionen auf die traumatischen Erlebnisse.


Ich weiger mich, das was passiert ist, als "normal" anzusehen.
"Normal" ist ein dehnbarer und sehr subjektiver Begriff, aber das kann nicht "der Norm entsprechen"... Geht einfach nicht, das würde mein ganzes Weltbild durcheinanderbringen...

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 11:39 
für mich ist das etwas, wie eine weiterentwicklung
ich war opfer,
mit beginn der aufarbeitung wurde ich betroffen, meint betroffene
in mir ist nun das bewusstsein, ich habe überlebt, meint, ich bin nicht völlig untergegangen, nicht völlig zerstört worden, bin überlebende
und mein ziel, das in vielen bereich schon erreicht ist, ist einfach zu leben
ich bin lebendig, mit all den gefühlen, all den erfahrungen, all das macht meine lebendigkeit aus :wink:

verbündete finde ich auch etwas unglücklich gewählt den begriff, doch einigen partnerInnen von menschen, die sMb erlebt haben, gibt dieser begriff halt und vielleicht ist es auch so ein bisschen kriegerisch, zusammen zu kämpfen für das leben, trotz allem
nicht gegen irgendetwas

lg
Birmas


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 03.08.2005, 11:43 
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Registriert: 03.02.2005, 09:14
Beiträge: 1083
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Zuletzt geändert von shadow123 am 09.08.2006, 13:53, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Antwort zum Begriff "Überlebende/r"
BeitragVerfasst: 04.08.2005, 22:21 
Ihr Lieben,

ist euch schon einmal aufgefallen, dass Überlebende im allgemeinen Sprachgebrauch Menschen sind, die die Schrecken der Konzentrationslager im 3.Reich überlebt haben ?

Im Falle von Inzest/s**uellem MB ist quasi die eigene Familie das Konzentrationslager. Daher finde ich die Gedanken-und Begriffsassoziation
mehr als gerechtfertigt.
Der MB ist so schrecklich, dass ein unschuldiges Kind enorme seelische Verdrängungsmechanismen wie Abspaltung, Wegdrifften aus der Wirklichkeit, Verleugnung etc. anwenden MUSS, um zu Ü B E R L E B E N.
Wie schrecklick ist es wohl für ein kleines Kind, sich eingestehen zu müssen, die nächsten zehn, fünfzehn Jahre im hauseigenen KZ verbringen zu müssen ???
Es ist UNMÖGLICH, daher finde ich den Begriff :"Überlebende/r von s**uellem/emotionalen MB in der Kindheit als absolut gerechtfertigt.

Damit ist nicht gesagt, dass das einstige Opfer - welches durch Erinnern/
Aufarbeitung des MB zu/r/m Überlebende/n wird, nicht nach oft jahrelanger Therapie oder anderen Formen des Verarbeitens auch und HOFFENTLICH zu/m/r LEBENDEN wird.
Allen Überlebenden und mir selbst wünsche ich dies von Herzen.

Seid stark und gebt nicht auf. Auch die Erklimmung des höchsten Berggipfels beginnt mit einem kleinen Schritt.

Liebe Grüße. Rose-Gast


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