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 Betreff des Beitrags: will mich erinnern...
BeitragVerfasst: 20.11.2009, 14:52 
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Registriert: 20.11.2009, 14:25
Beiträge: 2
Hallo miteinander :)

Ich bin ganz neu hier ;) Der Grund wieso ich schreibe: Ich habe in kürze meinen ersten Termin bei einer Therapeutin. Nach vielen Jahren der Ungewissheit, hab ich mich endlich dazu entschlossen mit meiner Vergangenheit aufzuräumen. Was in meinem Fall vorallem bedeutet, dass ich mich erinnern will.

Ich hatte bereits mit ca. 9/10 Jahre den Wunsch zu sterben. Kann mich daran erinnern, dass ich mich dermassen schlecht fühlte, das ich fand, ich bin es nicht wert zu leben. Ich habe schon immer Nägelgekaut, bzw. ich weiss einfach nicht mehr wann es angefangen hat. Ich war ne Zeitlang Bettnässerin, das weiss ich auch noch so genau weil es mir natürlich peinlich war. Ich kann mich an Nächte erinnern, wo ich als Kind schreiend im Bett lag, weil ich so wahnsinnige Bauchkrämpfe hatte. Meine Elter haben mich dann auch zum Arzt gebracht, mit dem Erfolg, das es irgendwann wieder vorbei war. Körperlich wurde aber nichts festgestellt. Meine Mutter hat daran leider keine detailierten Erinnerungen mehr und kann mir diesbezüglich nicht weiterhelfen.

All das, fand nach meiner Erinnerung im Alter von ca. 9 Jahren bis max 11 Jahren statt. Der Wunsch zu sterben blieb bis ich selber Mutter wurde und mir geschworen habe, nicht freiwillig zu gehen...

Und nun bin ich erwachsen. Und bin mit meiner Vergangenheit immer noch nicht im reinen. Ich will endlich wissen, was mich damals dermassen aus der Bahn geworfen hat. Kinder wollen sich nicht umbringen. Das weiss ich nun mit Sicherheit, da ich selber habe :)

Nun meine Frage an euch. Hat irgendjemand was ähnliches "gemacht". Sich also mit Hilfe versucht zu erinnern? Ich frage mich was passiert, wenn ich weiss was es war und wenn es mir dann zuviel ist? Wie geh ich damit um? Werde ich diesen Schritt bereuen und mir wünschen lieber weiterhin mit dem unwissen gelebt zu haben? Oder ist es befreiend? Meine Therapeutin hat mir insofern schon Mut gemacht, das sie gesagt hat, das ich nicht vom "schlimmsten" ausgehen muss. Das ich vllt als Kind einfach in einem Moment total einsam war, oder sowas ähnliches. Ich weiss zwar nicht ob man sich deshalb umbringen will? Aber wär ja auch ne Möglichkeit...

Diese Ungewissheit, dieses für mich nicht Fassbare macht mir leider bis heute das Leben schwer. Mal mehr mal weniger. Manchmal gehts mir Monatelang super und dann bin ich wieder total am ende...
Ich habe davon genug und will deshalb aufräumen.

Wär sehr nett, wenn ihr mir eure Erfahrungen erzählen könntet. Vllt bin ich dann etwas mutiger :)

Ladina


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BeitragVerfasst: 21.11.2009, 00:01 
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Beiträge: 2616
Wohnort: Südhessen
Hallo Ladina,

ja, ich denke hier haben viele diese Erfahrung gemacht - ich auch. Ich habe viel gewusst und wollte den Rest auch noch wissen, ich nenne es meine "Blackbox". Ich weiß von Leuten, die sich nach und nach erinnern konnten und es lieber nicht gewusst hätten. Ich habe meine Blackbox bis heute nicht öffnen können und mir fehlen nach wie vor Erinnerungen. Aber die Therapie habe ich nie bereut... es ging irgendwann nicht mehr darum, dass ich alles weiß, es ging darum, dass ich leben kann. Ich meine nicht vegetieren, sondern leben... Viele Dinge konnte ich bearbeiten und verarbeiten. Das Restultat ist, dass ich seit inzwischen 3 Jahren nachts durchschlafen kann, alptraumfrei. Ich kann die Tage seitdem ohne Flashbacks erleben, ich kann einfach frei sein von meiner Vergangenheit in dem meisten Dingen.

Was ich Dir also sagen möchte: ob Du Dich erinnerst oder nicht, Therapie ist ganz sicher nicht der falsche Schritt.

Ich wünsche Dir viel Erfolg und alles Gute.
Isa

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Manche Wege entstehen, indem man sie geht.
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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 21.11.2009, 14:01 
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Registriert: 24.05.2003, 00:00
Beiträge: 2214
Wohnort: Inmitten einer Wohngemeinschaft
Auch wir konnten uns jahre -ja, jahrzehntelang nicht an gewisse Dinge erinnern. Manche Situationen hatten wir gut im Kopf, darüber konnten wir auch sprechen.
Aber erst nach ca. 6 Jahren Therapie kamen die ersten wirklich schlimmen Erinnerungen. Da meldete sich plötzlich eine 16jährige, die noch voll in einer Verg**szene drin steckte. Und sie erzählte eine Situationen, die für unsere "Host" damals mit einem Filmriss endete und deren Ende absolut "weg" war.
Das war sehr schlimm für B., die das alles auf der Kassette, die wir aufgenommen hatten, hören konnte. Sie dachte, sie hält diese Erinnerung nicht aus, aber doch gab es eine gewisse "Erleichterung", weil es nun klar war, wie es weiterging.
Auch jetzt wieder kämpfen wir mit Erinnerungen an ein Erlebnis einer ca. 3jahrigen, schrecklich, unfassbar und wieder kaum auszuhalten. Zum ersten Mal waren wir auch nicht mehr arbeitsfähig und mussten uns eine Woche krank schreiben lassen, weil die Kräfte einfach versagten.
Es werden nicht die letzten Erinnerungen sein. Und so manches Mal hat B. sich gewünscht, nie diese Therapie angefangen zu haben!
Und doch gibt es ein Weiterkommen. B. ist in der Lage, heute lange mit (bestimmten) Menschen zu reden und das Zusammensein auch zu genießen. Sie ist in der Lage, zu weinen und sich trösten zu lassen. Und sie hat sich getraut, im Sommer in der Klinik zum ersten Mal über unser "Viele-sein" zu sprechen.
Vor der Therapie gab es viele Zeiten und Begebenheiten, die "vergessen" wurden, immer wieder Selbstmordgedanken. Heute aber gibt es Menschen, auf die wir uns einlassen können, von denen wir uns stützen lassen und die uns bedingungslos glauben. Selbstmordgedanken gibt es kaum noch.
In einer solchen Situationen waren wir vor der Therapie nie, auch nicht in unserer Ehe und in unserem doch sehr kommunikativen Beruf.
Von daher kann ich nur jedem zur einer Therapie raten. Es ist ein verdammt harter Weg, aber es lohnt sich!

Alles Gute!

Rebecca


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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 21.11.2009, 15:59 
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Registriert: 20.11.2009, 14:25
Beiträge: 2
Liebe Sasita,
Liebe Rebecca

Vielen Dank für Eure Antworten :)

Ihr macht mir Mut! Ihr schreibt mir zwar ganz ehrlich, dass es hart wird/werden kann, aber Ihr schreibt mir auch ganz klar, dass es der richtige Weg ist.

Ich bin nun mit meinen über 30 Jahren an einem Punkt, wo ich nicht mehr zweifeln will. Ich will mir auch nicht mehr diese und jene Ausrede zurechtbiegen, wieso ich so anders bin. Wieso ich ständig versuche so normal wie möglich zu sein. Wieso ich mich wundere, wieso andere, eigentlich alle in meiner Umgebung so locker leben können.

Ich habe vorallem auch genug davon, die Schuld dafür, wie ich bin, schon immer war, bei mir zu suchen. Ich will mal wütend sein können, auf etwas das passiert ist, oder auf jemanden. Bisher richtete sich meine Wut und mein Hass immer nur gegen mich :( Es wär so schön, wenn das ein Ende hätte, wenn ich mich endlich annehmen kann.

Das wünsch ich mir von der Therapie.

Ich hab hier im Forum auch schon gelesen, dass der Zeitpunkt des Erinnerns oft dann kommt, wenn "Ruhe" ins Leben eingekehrt ist. Ich glaube das ist bei mir nun soweit. Ich habe keine Kleinkinder mehr, meine Scheidung liegt bereits ein paar Jahre zurück und ich lebe in einer stabilen Partnerschaft. Im übrigen das erste Mal mit einem Mann, der mich so wie ich bin aushält und meinen Wunsch mit meiner Vergangenheit auf den Grund zu gehen unterstützt :)

Trotz allem hab ich natürlich Angst, ob ich mich da nicht überfordere...

Liebe Grüsse
Ladina


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