Gegen - Missbrauch e.V.

Hallo,

ich habe folgendes Problem:

Ich bin von meinem Opa missbraucht worden. Es fing mit 14 Jahren an und dauerte ca. 3-4 Jahre. Genau weíß ich es nicht mehr. Es war aber keine physische Gewalt oder Drohungen dabei und ich bin auch nicht vergewaltigt worden. Deshalb fällt es mir schwer meine Gefühle einzuordnen. Richtig und falsch verschwimmt, genau wie gut und böse.

Auf der Suche im Net bin ich immer auf Opfer gestoßen, die lange Zeit Opfer von offensichtlich gewalttätigem Missbrauch wurden. Wo kann ich jemanden finden, der auch Probleme damit hat, die schönen Gefühle einzusortieren, die von meinem Opa ausgelöst wurden und das für mich daraus resultierende Gefühlschaos mit Scham und Schuld, das mich seit dem letztem Jahr noch mal massiv getroffen hat, obwohl es schon 25 Jahre her ist.

Verstandesmäßig habe ich schon viel verarbeitet, aber meine Gefühle brauchen da deutlich länger. Und es bricht immer wieder auf. Ich komme mir vor wie meine pubertierenden Kinder - eine ständige Berg-und Talfahrt der Gefühle. Manchmal denke ich, dass es doch eigentlich gar nicht so schlimm war, aber dann würde es ja nicht immer wieder kommen. Ich verstehe noch gar nicht richtig, was für Auswirkungen auf meine Seele und meine weitere Entwicklung der Missbrauch hatte. Vielleicht will ich auch gar nicht, dass er so groß war, weil ich Angst habe, es dann nicht zu schaffen.

Gruß ME

hallo ME

Bin zwar von klein auf mb worden, aber ich kann gut verstehen, dass dich das total einholt, denn wenn der Körper reagiert hat und man selber noch dabei gelächelt hat, fühlt man sich heute total schuldig

wünsch dir einfach alles Gute und viel Kraft

baba

Danke Baba,

schön zu wissen, dass ich nicht allein bin.

ME

hallo ME,
der erste täter hier neigte auch nicht zu offenem sadismus
möchte dir auch sagen, dass ich das kenne und auch die verstrickung verstehe, die diese form auch mit sich bringt

ich finde aber begrifflichkeiten wie "sanfter" oder "verführerischer" MB irreführend und in mir sträubt sich einiges gegen diese bezeichnungen

ich habe für mich selbst daher die bezeichnungen "offener" und "verdeckter" sadismus gewählt, die ich aber sonst nirgends gelesen habe

willkommen hier und grüße
birmas

Hallo Birmas,

den Begriff "Sanfter MB" habe ich auf de Seite "Kinderschreie" gefunden. Ich habe immer das Gefühl, dass der MB bei anderen deutlicher schlimm war. Bei mir herrscht eigentlich ein Schuldgefühl vor, da es körperlich ja nicht wirklich schlimm war. Ich merke aber, dass in mir viel Wut und Trauer ist und dass ich nicht genau verstehe wie das alles zusammenhängt. Ich habe weder Trigger noch Flashs, sondern immer eine genaue Erinnerung an das was geschehen ist. Mein Opa ist längst tot. Aber meine Gefühle brechen plötzlich auf ohne für mich erkennbaren Grund. Ich möchte so gerne verstehen, was mit mir passiert. Und ich habe noch keine anderen Betroffenen gefunden, denen es ähnlich geht.

Ich weiß nicht, ob Sadismus das richtige Wort ist. Das klingt so, als wolle man dem Anderen absichtlich schaden. Okay, sanft ist auch missverständlich. Aber das ist das einzige, was ich an Bezeichnung je dazu gefunden habe.

Was genau meinen Opa dazu getrieben hat, werde ich nicht mehr erfahren, eben weil er tot ist.

Gruß ME

ich muss da Birmas recht geben-- der Begriff sanft in dem Zusammenhang finde ich ziemlich unpassend...egal was deinen Opa dazu getrieben hat, er hatte da kein Recht zu...ich kenn auch beides...also mb mit psychischen und physischen Druck und ohne...hm, finde macht beides eine Kinderseele kaputt....
Lg dark luna

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der Weg ist das Ziel

Hallo ME,

ich finde ein Großvater, der sich an seiner Enkelin vergeht, schadet ihr absichtlich!!!

Ein Mensch, der ein (familiäres) Vertrauensverhältnis so komplett und nachhaltig zerstört durch den Missbrauch seiner Position zu dem Opfer, der ein Kind körperlich und seelisch manipuliert, um - aus was für niedrigen Beweggründen auch - Macht auszuüben, schadet einem Menschen.
Konkret: Dein Großvater hat Dir geschadet und seine Bedürfnisse über Dein körperliches und seelische Wohl gestellt, ohne Rücksicht.

Wenn Du schreibst, dass die Gefühle zu der Erinnerung ohne ersichtlichen Grund aufbrechen, dann klingt das für mich sehr wohl nach einem Flashback, der vielleicht auch in Verbindung mit Triggern (was ja nichts anderes als Auslösereize heißt) auftaucht.

Ich kenne es auch, Vergleiche anzustellen und zu dem Fazit zu kommen, dass es bei mir ja nicht so schlimm war, wie bei xyz, aber ein Teil von mir weiß auch, dass es nicht vergleichbar ist.
Tue es aber auch immer und immer wieder. Aber erfahrenes Leid von verschiedenen Menschen ist nicht gegeneinander aufzuwiegen, das sagt mir immerhin mein Kopf.

Ich weiß, dass "sanfter" oder "verführerischer" MB die gängigen Bezeichnungen sind.
Aber ich finde sie genau aus dem Grund irreführend:
Der Täter wird nicht als der rücksichtslose Sadist gesehen, der er ist.
Ich finde, diese Bezeichnungen unterstützen noch die Verwirrung, Schuldgefühle und die Selbstvorwürfe der Opfer.
Ein "sanfter Verführer" will doch niemandem schaden, es ist keine Gewalt im Spiel, etc...

Und ich sage: Doch! Es ist Gewalt im Spiel, es ist das Ausnutzen des Vorteiles, dass das (meist) jüngere Opfer nicht durchschaut, wie es manipuliert wird.
Das ist Gewalt und kommt einer Gehirnwäsche gleich.

Versteh' mich nicht falsch, ich will Dir nichts aus meiner Erfahrung und Wahrnehmung überstülpen, jeder findet wohl seinen eigenen Weg durch diese Verwirrungen.
Das war nur ein Teil meines Weges da hindurch.

MfG
Birmas

Hallo,

ich fühle mich nicht, als wenn du mir etwas überstülpst.

Im Gegenteil, ich hoffe ja durch das, was ihr schreibt, für mich da weiter zu kommen.

Mein Verstand kennt die logischen Erklärungen, aber mein Gefühl kommt da nicht mit. Ich bin eher ein Verstandesmensch und komme mit Ursache und Folge deutlich besser klar, als mit für mich nicht logisch erklärbaren Gefühlen, die für mich keinen sichtbaren Auslöser haben, wenn sie hochkommen.

Ich habe einiges an meinem Verhalten damit erklärt, dass meine Mutter psychisch krank ist und schon unter Depressionen und Angstneurose leidet seit ich Jugendliche war - also Überlebensstrategien.

Jetzt frage ich mich aber, welcher Teil von mir sich so entwickelt hat, wie ich bin, weil der MB statt fand. Ich will verstehen, aber auch nicht alles darauf schieben. Vielleicht macht es mir aber auch Angst, wie groß er MB war?! Manchmal verliere ich den Bogen unter den Füßen und schwimme einfach und das Gefühl mag ich nicht so gerne.

Danke, dass ihr mir eure Meinung schreibt. Die Freunde und auch mein Mann, die von dem MB wissen und mit denen ich darüber sprechen kann, kennen das nur theoretisch. Nur eine Bekannte ist selbst Opfer, aber ziemlich schlimm mit heftigen Folgen.

Gruß ME

hi ME,

du weisst, dass auch "verharmlosen" eine folge bzw. überlebensstrategie ist ja? ... und ist okay, dieses als schutz zu gebrauchen, nur irgendwann muss man verstehen, dass es eben ein mechanismus und nicht die reine wahrheit (sprich nicht die logik) ist (die einem das sagt), sondern es aus dem gefühl und dem überleben raus kommt ....
man kann da jahrelang rumdiskutieren, warum es nich so schlimm war - hab ich auch lange gemacht - aber das bringt dich nicht weiter ....

war nur so n gedanke

gruss
atra

Hallo Nono,

gut, dass du es so klar schreibst. Die Idee ist mir eben auf einem Spaziergang auch schon gekommen, dass ich verharmlose. Handliche Pakete kann man eben besser verstauen und damit umgehen.

Ich bin zur Zeit ziemlich unter Druck, weil mein normales Leben ja weiter läuft. Ich habe drei Kids (13/15/16) und der Mittlere ist hochbegabt. Leider keiner von den angepassten unkomplizierten, sondern einer von denen, die das "normale" Leben nicht gut schaffen und "blaue Briefe " bekommen. Die Post war eben da. Ich wusste es zwar schon, aber es ist einfach doch heftig.

Ich kämpfe zur Zeit eben an den beiden Fronten: Schule (für meinen Sohn, der es alleine nicht schafft) und bei mir der MB, der sich diesmal intensiv meldet. Ich weiß, dass ich da jetzt ran muss und bin quasi mittendrin. Aber manchmal denke ich, dass ich es einfach nicht mehr schaffe. Mein Körper rebelliert seit Jahren mit Schmerzen, aber organisch ist alles okay bis auf einen Beckenschiefstand (ja, ich habe den Zusammenhang schon erkannt). Kuranträge werden abgelehnt, bei KG muss man nach drei Rezepten 12 Wochen pausieren, meine Ärztin geht in 2 Monaten hier weg und ich muss mir eine neue suchen. Die ewigen Kämpfe zermürben mich. Es läuft so wenig einfach rund. Ich weiß, das ist das Leben, aber es reicht mir.

Sorry, für das Gejammer. Aber der Kopf quillt über.

ME

bei mir war es der Vater, in meiner Erinnerung auch ohne Gewalt und Schmerzen. Ganz im Gegenteil, es waren die einzigen Berührungen, die nicht weh taten und nach denen ich mich so sehr sehnte. Körperkontakt, streicheln und Berührungen auf nackter Haut, ich dachte, das wäre Liebe. Eben seine Art, es mir zu zeigen.
Ich habe mich lange, viel zu lange gewehrt, es als einen widerwärtigen ekelhaften Missbrauch zu akzeptieren. Ich hatte sonst überhaupt keinen Zugang zu ihm, er hasste mich, demütigte und schlug mich und nahm mich im normalen Alttag einfach garnicht wahr.

Erst als kürzlich in einer Einzelsitzung in der Klinik plötzlich wieder im Zusammenhang mit der Erinnerung ein unkontrollierbares Ekelgefühl in mir hochstieg und ich fürchtete, der Therapeutin auf den Tisch zu kot...., gab es kein Schönreden mehr.
Wenn ich heute daran denke, bin ich traurig und immer noch sehr ent-täuscht , weil es halt eine jahrzehntelang hochgehaltene Täuschung war.
Und ich darf nicht vergessen, dass dieses "Missverständnis" - er liebt mich nur, wenn ich ihn berühre- mein Sexualleben nachhaltig beeinflusst hat.
Dobermann

Hallo ME.

auch bei mir gab es keine körperliche Gewalt.
Und im allgemeinen neige ich auch dazu, zu sagen dass mir im gegensatz zu anderen quasi garnichts passiert ist.

Das wesentlichste beim MB ist aber nicht die körperliche, sondern die seelische gewalttat.
Und auch die äußert sich bei dir, genauso wie sie sich bei mir und jedem andern Überlebenden äußert.

Alles was dich in dem zusammenhang heute quält, ist eine folge von der seelischen gewalttat.

Ich wünsche dir auf jedenfall viel Kraft und hier wird immer jemand sein der sich dein "Gejammer" gerne anhört

Danke für Euer Verständnis und die verschiedenen Erklärungen und Meinungen. Das hilft mir.
Ich werde das mal sacken lassen und darüber nachdenken und-fühlen. Dafür brauche ich Zeit und den passenden Raum, der im Alltag nicht immer zu finden ist.

Gruß ME

Ich hoffe ich habe nicht zu deutlich geschrieben, wenn ja lösche ich es sofort wieder ..
Genau dieses scheinbar gewaltlose ist ja das fatale.
Was so wehrlos macht. Wenn man Schmerzen zugefügt bekommt, weiß man sofort das ist falsch und wehrt sich instinktiv. Dieses scheinbar gewaltslose lähmt erstmal. Kinder können das nicht einordnen. Der Körper regiert nun mal. Menschen sind se.uelle Wesen. Es beginnt so harmlos mit dem lebensnotwendigen Kuscheln oder spielen. Und geht so weiter...... und plötzlich ist da noch ein Gefühl - Ekel. Wie einordnen das ganze? Auch wenn Kindskörper reagiert, weiß es im Prinzip gar nicht, was genau da passiert. Es ist noch unbefangen. Und das wird ihm genommen. Und das ist fiese perfide gewalt. Wenn es keine gewalt ist, warum dann der Ekel, warum die Scham, warum die Selbstzweifel, warum die Schuldgefühle? Alles gerät durcheinander. Und genau das ist der MB - die gehirnwäsche, die manipulation und dass man in diesem Gefühlsmatsch hängt. Derjenige hat gemacht was ER wollte. ER ist weitergegangen und hat ein natürliches Bedürfnis von dem Kind genutzt, um SEINE Bedürfnisse zu stillen. Kinder schäkern nun mal gerne. NICHTS ABER NICHTS rechtfertigt dieses Verhalten. Du hast ja nicht umsonst dieses gefühlsdurcheinander. Hätte er das nciht getan, würdest Du dich nicht mit solchen Dingen auseinandersetzen müssen. Viel Kraft wünsche ich Dir.

Danke Aufmupf,

du hast es gut beschrieben.

genau - das Gefühl hakt. Es fühlt sich teilweise an, als wäre ich einmal komplett durchgerührt worden. Nicht passt zusammen. Ich bin traurig, aber zeige nach außen Wut. Das habe ich mittlerweile erkannt, aber kriege es oft trotzdem nicht hin, das zu zeigen, was ich fühle. Ich will meine Kids auch nicht durcheinander bringen, besonders, weil ich selbst damit gelebt habe, dass meine Mutter wegen der Depressionen oft und viel geweint hat. Das ging ca 2 Jahre nach Beginn des MBs los. Diese Hilflosigkeit sollen meine Kids nicht fühlen.

Immer habe ich gedacht, dass ich es mit 14 schon besser hätte wissen sollen. Jetzt sehe ich meine 13-jährige Tochter und weiß, dass ich es nicht gekonnt habe. Aber fühlen tu ich es seit Jahren anders. Und irgendwann damals habe ich gesagt, dass ich nicht mehr wollte und er hat aufgehört. Auch da ist das Schuldgefühl, warum ich es nicht eher gesagt habe. Und ich kann mich einfach nicht erinnern, was ich damals gefühlt habe!

Schafft man es jemals, seine Gefühle auf die Reihe zu kriegen und das Schuldgefühl und die Scham zu überwinden? Und das, was damals passiert ist, nicht als jetzt Erwachsenen zu beurteilen?

ME