Gegen - Missbrauch e.V.

Hi,

ich habe neulich einen Film gesehen, über eine Frau, die ihren Vater auf Schadensersatz nach sexuellem Kindesmissbrauch verklagt hat (nicht in Deutschland). Und zwar war das so. Zuerst war ihr Vater strafrechtlich vor einem Gericht. Bei dem Prozess war die Tochter 'Zeugin', Kläger war der Staat. Der Vater bekam dann drei Jahre, kam nach zwei Jahren wegen guter Führung wieder frei. Später hat die Tochter den Vater auf Schadensersatz verklagt. Der Prozess zog sich lange hin, am Schluss gab es einen Kompromiss, sie erhielt eine hohe Summe Schadensersatz, und einen Brief vom Vater, indem er das zugibt, was er ihr angetan hat.

mir war vorher der Unterschied zwischen einem strafrechtlichen Verfahren und einer zivilen Schadensersatzforderung gar nicht so klar. Ich hab komischerweise wenig Interesse an ersterem, aber eine Schadensersatzforderung, in dem es um den mir angetanen Schaden geht... Ich überlege mir, ob ich das mache... nicht unbedingt des Geldes wegens, sonder wegen der damit verbundenen Anerkennung des mir entstandenen Schadens...

stellt euch vor, was los wäre, wenn wir alle diejenigen verklagen, die... . Glaub man den Statistiken über sexuellen Kindesmissbrauch, dann müsste es eine Klagewelle geben. Dann kann die Gesellschaft uns nicht mehr ignorieren, und das Tabu wäre gelockert...

hat jemand von euch Erfahrung mit sowas, oder ist Anwalt, oder hat mich einem Anwalt gesprochen, oder kennt sich sonst mit dem deutschen Rechtssystem aus? Gibt es in Deutschland einen Präzedenzfall? Gibt es Anwälte, die sich auf sowas spezialisieren?

Danke,
Mira

bei der beantragung von OEG, falls man erfolg hat und einem eine rente zugesprochen wird, werden täterInnen je nach beweislage und zahlungsfähigkeit in regress genommen

allerdings ist es zur zeit leider noch so, dass einem antrag auf OEG eher entsprochen wird, wenn man vorher eine anzeige erstattet hat

infos zum OEG gibt es hier:

http://www.gegen-missbrauch.de/oeg

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Der Hass auf das Böse hat ein beängstigend gutes Gewissen.
Jacques Wirion

Hi,

danke Birmas! Ich kannte das OEG gar nicht. Hab mir den Link angeschaut, den du geschickt hast. Hierbei geht es um eine Leistung des Staates, richtig? Das ist also ähnlich wie Arbeitslosen- oder Sozialhilfe.

Ich hatte eher daran gedacht, den Täter direkt auf Schadensersatz / Schmerzensgeld zu verklagen. Also eine zivilrechtliche Klage. Das hat erstmal nichts mit dem Staat, oder den OEG zu tun, richtig? Ich kenne mich leider mit den Gesetzen überhaupt nicht aus.

Weiss jemand etwas darüber? Gibt es in Deutschland einen Präzedenzfall wo jemand ihren Vater auf Schmerzensgeld / Schadensersatz wegen sexuellem Missbrauch in der Kindheit verklagt hat?

Mira

hallo, ich kenne leider niemanden,der das gemacht hat. Ist halt auch die Frage, ob dein Vater genug Geld hätte um es zu zahlen. Bei mir wäre das nicht möglich gewesen. Bin aber auch nie auf die Idee gekommen. Glaub , da hätt ich mich viel zu sehr schuldig gefühlt, wenn ich das getan hätte-denk-.

Wünsch dir jedenfalls viel Erfolg, bei diesem Schritt, wenn du es angehen wirst.

babas

hm... ich weiss gar nicht, ob es so sehr um das Geld geht. Es ist doch so, bei einem strafrechtlichem Prozess dreht sich alles um den Täter. War er zurechnungsfähig? Wie lange soll er ins Gefängnis? Und so weiter. Immer steht der Täter im Mittelpunkt. Aber bei einer Schadensersatzforderung würde es um mich und den mir zugefügten Schaden gehen... es geht also auch um die Anerkennung des mir entstandenen Schadens. Oder?

Babas, warum hättest du dich schuldig gefühlt?

Mira

Hi Mira,

ich denke mal, es gibt - da es auch das Gesetz gibt, dass man zivilrechtlich SChadensersatz einfordern kann- auch genug Fälle, wo es durchgekommen ist. ABER ganz ohne Strafprozess kann es ja gar nicht gehen, denn ob er leisten muss muss erst ermittelt werden. Also muss der Grund genannt werden. Und sobald der Grund genannt wird, muss die Staatsanwaltschaft strafrechtlich ermitteln- denn es liegt nunmal ne Straftat vor und auf deren Verfolgung kann man nicht "verzichten", da ja der Staat klagt.

Und ich vermute mal, es sind nur die Fälle, die eindeutig auch strafrechtlich durchgekommen sind die, wo es auch zivilrechtlich durchkam. Wenn überhaupt.

Liegst du eigentlich noch innerhalb der Verjährungsfrist?

Kennst du den Film "Angeklagt" mit Jodie Foster? Dort kommt sie strafrechtlich nicht durch (weiß nicht mehr warum), klagt aber dann zivilrechtlich gegen die Zuschauer, die nicht eingegriffen haben. Auf 1 Dollar Schmerzensgeld. Um zu zeigen, dass ihr etwas passiert ist und es ihr nicht ums Geld geht. Dazu musste dann der andere Prozess nochmal wieder aufgerollt werden und diesen gewinnt sie dann.

Ist zwar in Amerika...aber ein Gesetz, dass zivilrechtliche Ansprüche zulässt haben wir hier in Deutschland auch.

Also nur zu...allerdings wie gesagt, strafrechtlich wirds dann sicher auch verfolgt und da biste dann Zeugin.

Hi Pu,

nein, den Film kannte ich nicht, klingt interessant, werde ihn mir anschauen. Verjährungsfrist ist 20 Jahre nach Vollendung des 18-ten Lebensjahres, richtig? Wenn ja, dann lieg ich noch innerhalb der Verjährungsfrist ...

naja, gegen einen strafrechtlichen Prozess habe ich ja eigentlich nichts...

Mira

ich würde moch schuldig fühlen. Und ich betone "ich", weil ich das Gefühl hätte, dann deren(den Tätern) Leben zu zerstören und eben deren Familie. Sprich in meinem Fall, das Leben meiner Mutter und die eines Onkels. Ich käme mir eben total schuldig vor, wenn ich das getan hätte. Tun hätte ich es ja sowieso nciht können, denn, als mich alles sozusagen einholte, war Papa schon tot und beim ONkel ist es eben so , wie oben gesagt.

Doch wenn es für dich hilfreich ist, dann mach es. Es wird aber gewisse eine aufreibende Zeit sein, denn du wirst nach jedem Detail gefragt und wo was war usw.! Ich weiß das , weil ich einmal selber im Zuge einer anderen Sache 4 Stunden lang in Verhör genommen wurde. Und ich weiß auch von einigen hier, dass es kein Zuckerschlecken ist.

Naja, ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg. HOffe es hilft dir!!!

babas

Huhu,

naja mit der Schuld ist es ja sehr gut, wenn man die so nicht fühlt- denn verursacht haben es ja die Täter und nicht jemand anderer. Wenn einer ne Bank überfällt ist auch nur der Bankräuber Schuld und nicht der, der den anzeigt. Ist ja ne fiese Masche von den Tätern, einem Schuld einzureden, wo siehs ja selbst waren.

Also wer Wut empfinden kann und sich wehren will: Super.

Dass es nicht einfach wird, ja...jede Hilfe annehmen, die man kriegen kann. Besonders die von Beratungsstellen.

LG,
Pu

weiss jemand wann das verjährt?
ich bin Anfang 30, habe ich da noch eine Chance?

wegen sich schuldig fühlen... das hat doch wirklich der Täter verursacht, nicht ich. Warum soll ich im Stillen leiden, nur damit alle anderen einen auf Familienfrieden machen können?

Ich denke immer noch, eigentlich müsste es doch eine Klagewelle auf Schadensersatz geben. Dass die Leute mal kapieren, dass sowas kein Kavaliersdelikt ist. Und dass sich die Täter nicht so sicher fühlen wie mein Vater und auch meine Mutter damals ("ach, daran erinnerst du dich später sowieso nicht mehr")

Mira

also ich verstehe das mit der Verjährung wirklich nicht. Den Text auf der Homepage des Missbrauchsbeauftragten finde ich zum Beispiel sehr verwirrend (http://beauftragter-missbrauch.de/course/view.php?id=89)



was heisst denn bitte "nach Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis von Tat und Täter"? Wenn ich also Erinnerungslücken hatte, oder aufgrund psychischer Probleme (würde es nicht aushalten) mich vorher nicht erinnern konnte, ist die Verjährungsfrist dann gehemmt?

Normalerweise hemmt eine Amnesie für das Ereignis eine Tat. Allerdings wird der Nachweis wohl nicht einfach sein....

LG,
Pu

habe gerade ein Beispiel gefunden, wo das geklappt hat

http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/nac ... chs-326073

ich bin mir nicht sicher, ob ich eine "vollständige Verdrängung" hatte. Hatte immer wieder Erinnerungsblitze, hab mich an manche Sachen erinnert (nicht alle), hab sogar vielen meiner Freunde davon erzählt, und es dann wieder verdrängt.

Naja, ich hoffe auch, dass sich die Gesetzeslage bald ändert ... wie ich hier im Blog erfahren habe, gab es da eine Bundestagsdebatte ...

Mira

Ich habe auch mal mit dem Gedanken gespielt, meinen Vater zu verklagen...für mich, um es zu realisieren, einen Strich dunter zu ziehen.

Ich weiß nicht, wie deine Sachlage ist, jedoch bin ich mitte dreißig, hatte bis 29 eine vollständige Amnesie und der MB fand von ungefähr im Alter von 4-8 Jahren statt.

Mir ist allerdings klar, dass dort dann Aussage gegen Aussage stehen würde, weil er ja alles leugnet, ich keine Zeugen habe und Beweise (falls es jemals welche gab) auch nicht mehr existieren. Und daher das ganze keinen Erfolg haben würde...ausser meinen o.g. Grund.

Alles Gute dir und viel Glück,
Belita

Hier findest du auch noch was:

http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ehren.html