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 Betreff des Beitrags: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht)
BeitragVerfasst: 08.03.2013, 17:36 
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Zum einen möchte ich was von meiner Geschichte erzählen.
Zum anderen - vielleicht hat jemand von euch auch zu diesem Thema was zu erzählen. Vielleicht fühlt sich dann alles nicht mehr so "schräg" an.

Mein (Täter-)Vater starb kurz vor meinem 15. Geburtstag. Wahrscheinlich sind deshalb bis heute Geburtstage der Horror für mich.
Die Mb hatte ich ja sehr lange verdrängt, aber an die Beerdigung meines Vaters konnte ich mich immer erinnern, auch an die Todesnachricht.
Mit dieser Nachricht bin ich in ein solches Wechselbad der Gefühle gestoßen worden, das kann man sich kaum vorstellen. Hin- und hergerissen zwischen Wut, Erleichterung, Schuldgefühle, Rachegefühle, aber auch Angst und Trauer. Ich konnte das alles nicht aushalten!
Vor allem die Trauer meiner Mutter hat mich fast zum Wahnsinn getrieben! Und ich habe mich geärgert, warum die Erleichterung nicht vorbestimmend bei mir war. Jetzt ist er doch eeeendlich weg!
Aber der Schmerz war nicht weg, der war stärker als zuvor! Den hat der Feigling nicht mitgenommen!
Er hat sich einfach verpisst und mich mit der ganzen Sch.... zurück gelassen!

Am allerschlimmsten war das scheinheilige Getue der Trauernden, vor allem meiner Mutter. Meine Wut wurde übergroß, ich konnte es nicht mehr ertragen!

Erst neulich, nach dem Lesen der Seiten hier, wurde mir klar, dass ich auf der Beerdigung so sehr dissoziert habe, wie noch nie zuvor. Ich bin über den Menschen geschwebt, habe sie von oben betrachtet und konnte das ganze Hickhack nur verhöhnen (innerlich). Ich habe nix und niemanden an mich ran gelassen, sonst wäre ich wahnsinnig geworden und total ausgerastet.
Nur einmal, ganz am Schluß, als mich eine Freundin umarmt hat, bin ich fast gekippt. Ich konnte mich gerade noch auffangen.

Dafür war ich aber mit allem wieder mal total alleine... :(

Neulich in der Klinik hatte ich das erste Mal die Gefühle von damals (vor allem die Wut) gespürt und ein erstes Mal darüber gesprochen. Aber wirklich Zeit dafür hat sich keiner genommen. Deshalb bin ich immer noch sehr aufgewühlt, ich hätte gerne mehr daran gearbeitet. Aber die meisten Therapeuten wollen immer nur stabilisieren. Das kann und kenn ich schon. Ob die nicht einfach Angst haben?

Erst einmal danke für´s Zuhören, vielleicht später mehr.

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...Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf - dann geht ein Bild hinein - geht durch der Glieder angespannter Stille - und hört im Herzen auf zu sein. aus "Der Panther" von Rilke


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 08.03.2013, 20:43 
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Registriert: 11.04.2003, 00:00
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Hallo schwarzer Panther

Kann dich verstehen, dass dir das zu schaffen macht. Mein Vater starb auch, als bei mir alles aufbrach, allerdings war ich da 30 Jahre alt.
Könntest du ihn heute anzeigen????
Ich weiß es immer noch nicht, ob ich es fertig brächte. Ich glaub, wenn ich sauer wäre, dann wohl mehr auf alle, die weg geguckt haben und nichts getan haben. (Omas, die Psychiatrie usw.)
Konntest du das deiner Mum eigentlich sagen??? Meine Mum wusste es, verdrängte es und ich sagte es ihr sozusagen wieder, als Papa starb. Sie zündet heute noch ein Kerzerl an und naja spricht nicht böse von ihm. Sie will einfach nicht mit mir über die VErgh. sprechen und es interessiert sie nicht.
Ist das bei deiner Mum ähnlich??

Wünsche dir ganz viel Kraft und dass du gute HIlfe hast bei der Aufarbeitung.

babas


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 08.03.2013, 22:05 
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Hallo schwarzer Panther

auch wenn meine Geschiechte anders ist, verstehe ich dich gut. ich hoffe sehr, dass du bald eine Therapeutin findet, die mit dir über alles redet.
ich hoffe auch, dass du dich nicht so alleine fühlst

lg
sonne

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Geteilte Sorge ist halbe Sorge darüber zu reden macht uns stark


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 09.03.2013, 11:50 
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Hallo babas,

vielen Dank für deine Antwort, deine Fragen, deine Gedanken und Gefühle!

Das ist ein wenig verwirrend und verrückt bei mir. Der Tod meines Vaters ist über 40 Jahre her, die Beerdigung und mein VERHALTEN hatte ich nicht vergessen, aber die Gefühle kommen erst jetzt so richtig hervor. Das habe ich oben etwas ungeschickt formuliert.
Nach der Beerdigung habe ich wohl meine Erinnerungen an alles bez. Mb. total verdrängt. Bestimmt weil ich total alleine war. Keiner hat/hätte mir geglaubt oder mich verstanden.

Der erste Mb war mit 5 Jahren (Vergew*ltigung durch den Vater), damals wusste ich wohl noch gar nicht, was das war, hatte nur ein großes Aua. Ich habe versucht, mich meiner Mutter mitzuteilen - durch einen Erstickungsanfall. Mein Vater hatte Asthma, ich dachte wohl, da "reagiert" sie... Sie hat mit mir ein paar Übungen am offenen Fenster gemacht und mir, als das nichts nützte, einen rechten Klapps auf den Po gegeben. Durch den Schreck habe ich wieder geantmet, damit war es für sie erledigt. Wie oft hat sie mit dieser Tat angegeben - was sie doch für eine tolle Mutter sei. Ich habe dann aufgegeben.
Bei einem späteren Übergriff durch einen Lehrer habe ich mich wieder mal an meine Mutter gewandt. Sie hat mich dann vor der ganzen Klasse bloßgestellt, ich habe mich soooo geschämt.
Das waren meine Hilfssuchen. Oma, Opa hatte ich keine und mein älterer Bruder hat sich nicht für mich interessiert. Da war niemand... Ich glaube das war auch das Allerschlimmste für mich, dass ich immer so alleine war.

Deshalb kann ich jetzt wohl ganz gut über alles erzählen, aber die (Scham)gefühle haben mein Unterbewußtsein total im Griff und ich mißtraue erst einmal allen, kann nicht wirklich meine Mauern öffnen.

Mein ambulanter Therapeut ist klasse, aber bis ich recht "in die unangenehmen Gefühle komme" ist die Stunde um. Deshalb meine Hoffnung an die psychosomatischen Kliniken. Ich denke, dass ich verbunden mit Körperarbeit an meine alten Wunden kommen kann oder eben durch Zufall. Leider habe ich die richtige Klinik noch nicht gefunden. Die meisten wollen halt nicht ans "Eingemachte", sondern eher stabilisieren. Da werde ich dann oft "ausgebremst".

Anzeigen geht nicht mehr, ist alles zu lange her und die Täter tot oder der Lehrer soll wohl unter der Brücke gelebt haben, vielleicht noch leben.
Nach der langen Zeit würde es mir nix mehr bringen, glaube ich. Es sei denn, ich müsste ihnen noch begegnen, was bei mir nicht der Fall ist.
Meine Mutter starb vor einigen Jahren, das Thema wurde nie wieder erwähnt. Aber ich bin mir sicher, dass sie wusste, was vor sich ging. Manchmal hatte ich das Gefühl, sie sei die "Kupplerin" gewesen, ist aber nur so ein Gefühl...

LG Panther

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Zuletzt geändert von SchwarzerPanther am 09.03.2013, 11:52, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 09.03.2013, 11:52 
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Beiträge: 16
Wohnort: Nähe Stuttgart
Vielen Dank auch dir, liebe Sonne, es tut gut, nicht alleine zu sein!

LG Panther

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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 09.03.2013, 15:59 
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Registriert: 15.03.2010, 15:22
Beiträge: 2248
Wohnort: München
Liebe schwarzer Panther


Das was du schreibst, kenne ich auch gut.
Auch ich war alleine mit meinen Gefühle und Trauma. In meiner Kindheit erlebte ich was. Die Bilder waren immer da, aber die Gefühle waren weg. Erst jetzt mit meiner jetzigen Therapeutin könnte ich meine kindlichen Gefühle zulassen.

Vielleicht kannst du in der Knilink Wünsche äußern und sagen, was du brauchst.

Wenn du magst, können wir mal chatten

Lg

sonne

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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 09.03.2013, 17:29 
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Registriert: 02.08.2011, 11:13
Beiträge: 174
Hallo Panther

Das was du schreibst, kenn ich gut. Ich für mein Teil in der Therapie kann ich noch nicht ganz offen sein. Ich kann zwar über alles reden, weil es mir dabei gut get. Aber meine Gefühle sind nicht dabei, weil ich zu niemanden mehr Vertrauen habe. Ich vertraue meiner Therapeutin „voll und ganz“, nur ich muss wieder Vertrauen dabei haben. Meine Therapeutin sagt mir ganz klar, das ich nicht ganz hier bin, und noch Zeit brauche...

Es fehlt mir unheimlich schwer, wieder mich zu öffnen... und jetzt wo ich eine Therapeutin habe wo ich, ich sein kann. Ist mein Vertrauen schon zerstört worden. Da muss ich noch an mir arbeiten. Ich kann dich so gut verstehen.

Was ich mir wieder wünschen würde ist, das ich wieder weinen könnte. Denn mein Erzier und Peiniger. Hatte mir das Weinen abgewönnt, da er mir immer sagte: „Weinen, ist nur was für Schwächlinge. Männer müssen stark sein. Das werde ich dir schon abgewönnen...“ Heute als erwachsener Mann, weiß ich dass es völliger Schwachsinn ist, dass wir Männer nicht weinen dürfen. Und jetzt wo ich es weiß, würde ich es mir wieder wünschen. Denn als ich immer heimlich geweint hatte, ging es mir danach besser.

LG Lighthope!

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Man findet nur das „Licht der Hoffnung“, wenn man immer an „Hoffnung“ glaubt. Auch wenn es am „Anfang“, nicht gleich findet.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 13.05.2013, 20:32 
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Registriert: 23.01.2009, 11:55
Beiträge: 35
Hallo schwarzer Panther,
Dein´s könnte mein´s sein - ich kann richtig "mitfühlen", wenn ich Deine Zeilen lese.

Auch das mit der Klinik kenne ich seeehr gut. War jetzt in den letzten 5 Jahren insgesamt 3 x in einer psychosomatischen Klinik und alles was "man" dort mit mir gemacht hat, war immer und immer wieder nur stabilisieren. Bis in 2011 der dortige Chefarzt ausgesprochen hat, was alle denken; dass "man" mit mir (nach über 35 Jahren !) an meinen Traumen nicht mehr arbeiten wird - vielleicht sogar eine Zeit kommt, da ich das verstehe und bestenfalls sogar selber gar nicht mehr möchte / brauche.
Auch ich hatte immer die Befürchtung, dass "die" mich zu sehr verzärteln / in Watte packen; dass ich doch stark bin wie ein Pferd und die mich ruhig auch einmal über meine Grenzen hinwegführen dürfen.
Ich habe für mich gelernt, das zu nehmen, was ich bekommen kann und stabilisiere mich z.B. immer wieder selber damit, dass ich mir sage: Das Glas ist halb voll und eben nicht halb leer.

Auch für mich besteht, obwohl wohl beide T*t* noch leben (dürften), keine Möglichkeit, mit meiner Mutter / Irgendjemandem "darüber", die Folgen, mein "Fühlen" und denken zu sprechen. Gaaaaaanz im Gegenteil.
Auch meine Umwelt / Familie verleugnet: Was nicht sein darf ist auch nicht gewesen.
Selbst nach dem externen Übergriff, wie bei Dir Deinem Lehrer, ist meine Mutter soooooooo unprofessionell mit mir umgegangen, dass mir heute einfach die Worte fehlen. Ich könnte - im Gegensatz zu Dir - rein theoretisch mit meiner Mutter noch reden; doch de facto blockt sie zu diesen Themen grundsätzlich derart ab, dass da wirklich, trotz allen Zuredens und aller Mühen meinerseits, kein "durchkommen" ist. Ich weiß jetzt nicht, was mehr frustriert ??? Eine Mutter, die lebendig ist und sich klar immer und immer wieder gegen ihr eigenes Fleisch und Blut ausspricht oder eine Mutter, die (hoffentlich) ihren Frieden gefunden hat ?

Ich weiß heute, wenn das meinem Kind passieren würde (was ich niemals !!!! hoffen will), dann wüßte ich sehr, sehr wohl, dass ich anders reagieren würde - aber ganz anders!!!

Ich fühle mit Dir, dass (auch) Du immer das Gefühl haben wirst, nicht "genug" / die richtige Zuwendung / Hilfe zu erfahren.
Vielleicht ist das Teil unseres Schicksals. --- Jeden Tag auf´s Neue - ich sende Dir alle Kraft dazu !!!!

Auf dem Weg ...(mit Dir ... und so vielen Anderen, die ihr Schicksal mit uns teilen ...) - alles Liebe, Josi


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 Betreff des Beitrags: Re: Wenn der Täter stirbt....(triggert vielleicht - vorsicht
BeitragVerfasst: 15.05.2013, 08:58 
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Registriert: 26.03.2013, 18:06
Beiträge: 86
Hallo SchwarzerPanther,

ich mache eine andere Art von Therapie und da gefällt mir sehr gut das genau das gemacht wird was sie bei dir versuchen zu vermeiden. Ich bin bei einem sehr guten Kinesiologen und der führt mich ganz bewusst mit Hilfe des Kinesiologischen Muskeltests immer wieder in die Situationen und lässt mich die emotionen noch einmal fühlen/erleben um sie dann loslassen zu können. So wie überall gibt es da gute und schlechte aber falls es dich interessieren sollte kenne ich ein paar sehr gute Adressen :)

@josi0407 bei meiner Mutter ist es genauso. Ich bin sicher das sie es zumindestens geahnt hat. Sie steht voll hinter meinem Vater und schimpft überall auf die übelste Weise über mich... da ist auch null Mitgefühl oder ähnliches... Das macht mich auch immer wieder traurig aber wenn ich ehrlich bin hatte ich nie eine Vertrauensbasis zu meiner Mutter und ich glaube traurig bin ich eher über die Tatsache das es die niemals gab.

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Heilung ist wie Zwiebelschälen, es bedarf vieler Tränen und hat viele Schichten.


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