Gegen - Missbrauch e.V.

Vor der eigentlichen Frage eine kurze Erläuterung des Geschehenen:
Meine Nichte (als Kind) wurde vor vielen Jahren von ihrem Bruder (selbst noch Kind) mehrfach missbraucht. Die Nichte war sehr lange in psy. Behandlung und hat sich wohl auch mit ihrem Bruder "versöhnt" Da wir einen sehr guten und engen Kontakt zu der Nichte hatte und haben, war es ihr nicht möglich, den Missbrauch vor meiner Frau und mir zu verbergen. Sonst hat niemand etwas davon mitbekommen. Wie oftmals üblich wurde das Thema totgeschwiegen und aus Rücksicht auf unsere Nichte haben wir das akzeptiert.

Jetzt zur Frage und zum Problem:
Wir wissen das seit 15 Jahren. Da war der Missbrauch bereits beendet. Die Eltern haben sich seit der Zeit immer weiter isoliert. Der Nichte wurde ja auch geholfen, dabei wurde aber die Mutter "vergessen". Ehrlicher Weise haben wir das bisher völlig außer acht gelassen, dass sie niemanden zum reden hatte, es wusste ja keiner und sie wusste nicht, dass wir das wissen. Die Folge sind schwere psychische Probleme und Isolation. Der Mann ist nicht nur keine Hilfe sondern Teil des Problems. Wie können wir ihr jetzt helfen? Die einzige, die ihr helfen könnte, wäre ihre andere Schwester. Meine Frau ist 10 Jahre jünger und das Verhältnis ist eher angespannt, da sie ihre Wut oder Hilflosigkeit auf meine Frau und ihre Mutter projektiert. Die andere Schwester weiß aber nichts davon. Wir wollen zum einen die Nichte nicht verletzen, die Schwester "fallen lassen" geht aber auch nicht.
Wie kann ich vorgehen? Den Sohn (Täter) um Hilfe bitten, versuchen selbst Hilfe anzubieten (ich bin nur der Schwager, ich denke, dass geht nach hinten los). Die Nichte ist logischer Weise Tabu, es muss etwas passieren, aber ich weiß nicht weiter.

Sorry für den langen Text und vielen Dank im voraus

Hallo ratloser Dritter

Ich finde dieses Familiengefüge ehrlich gesagt ziemlich kompliziert. Was ich verstehe ist, dass sich seit langer Zeit eine Schweigemauer hochgezogen hat und du dich (noch?) nicht traust, es anzusprechen. Bitte korrigieren, wenn etwas falsch ist.
Ich würde mit allen, die darunter leiden zu einer Beratungsstelle gehen (zu finden hier: http://www.gegen-missbrauch.de/beratungsstellen) und bei Bedarf eine Therapie machen. Ich kenne solch riesige Schweigemauer auch und finde es unerträglich (habe aber auch den Kontakt abgebrochen). Vielleicht ist es möglich mit allen direkten und indirekten Betroffenen darüber zu reden. Am besten jeder einzeln, da auch Dinge sein können, die immer noch versteckt/verheimlicht werden und dies einer ehrlichen Aufklärung im Wege stehen würde. Wichtig ist zu signalisieren, da zu sein, die vermeintliche Einsamkeit zu durchbrechen. "Nur Schwager" hin oder her. Jeder kann helfen.
Ich hätte mir gerne auch so ein Familienmitglied wie dich gewünscht
Du kannst uns gerne auf dem Laufenden halten, wenn du magst. Wenn Fragen sind, immer her damit.

Liebe Grüße
Raini

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Ein einziger Regentropfen
- sanft auf die Haut prasselnd -
Kann eine ganze Welt erleuchten
Sei achtsam dafür

Die Nichte hatte sich damals dazu entschieden (sicher aus Scham), das es niemand weiter erfahren soll, das habe ich so akzeptiert, sie war ja auch das Opfer und kam in Behandlung. Richtig fand ich das natürlich nicht, da aus Schweigen auch schnell einmal ein Trauma werden kann. Vielleicht sollte ich der Mutter wirklich erst einmal eine Beratungsstelle anbieten und ihr raten, mit der anderen Schwester (also auch Schwägerin von mir) zu sprechen, vielleicht kann sie sich dann dazu überwinden, wenn ihr bewusst wird, dass es ja schon jemand weiß.

Für mich hört sich das auch nach einer schwierigen Familienkostellation an, deren Hauptproblem die "Schweigemauer" ist wie auch Raini schrieb. Ich selbst lebe auch in einer Famile, wo dies praktiziert wird und meine Schwester aus meiner Sicht daran langsam zu grunde geht. Doch ich kann nicht viel machen, muss das akzeptieren und für sie da sein, wenn sie mich braucht (was mir sau schwer fällt, weil ich gleichzeitig auch wütend auf sie bin, da sie jede wirkliche, kontruktive Hilfe ablehnt und ich ohnmächtig daneben stehe).

Ich verstehe vollkommen, dass ihr den Weg eurer Nichte respektiert, sie muss schließlich mit all dem umgehen. Doch ehrlich gesagt, glaube ich, solange alles unter einer Decke verschwindet, wird es da keine wirkliche Besserung geben.
Aber vielleicht kann ja die andere Schwester einen zu Zugang zu der Mutter finden, muss ja nicht gesagt werden, warum, sondern nur, dass sie Hilfe braucht...letztendlich liegt es immer an dem Betroffenen selber, ob ihm geholfen werden will.

Hm, klang vielleicht jetzt nicht sehr aufbauend, dennoch alles Gute,
Belita