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 Betreff des Beitrags: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 24.01.2015, 16:48 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Hallo, wie geht Ihr mit Schuldgefühlen um? Die plagen mich noch immer sehr. Ich war 15 während des sMB und immer davon überzeugt, dass es meine Schuld ist (weil ich nichts gesagt habe und mein späteres nein nicht durchgesetzt habe).
Ich hatte alles über 20 Jahre erfolgreich vergraben, aber dummerweise gab es vor ein paar Monaten einen Auslöser und die ganze Sch... war wieder da. Jetzt als Erwachsene weiß ich zwar, ganz nüchtern betrachtet, dass es nicht meine Schuld war, weil er der Erwachsene war und ich viel zu viel Schiss hatte, irgendwas zu sagen. Aber trotzdem frage ich mich immer wieder, warum ich nichts dagegen sagen konnte und werfe mir vor, wenn ich "dumme Kuh" mal den Mund aufgemacht hätte, wäre mir einiges erspart geblieben. Es fühlt sich einfach immer noch so an wie damals, die ganze Verantwortung liegt bei mir.
Ich weiß nicht, ob das was ist, was sich erst in der Therapie abschalten lässt. Ich muss leider noch ein paar Wochen auf einen freien Platz warten (Verdachtsdiagnose PTBS).
Wie ist / war das bei Euch? Konntet Ihr Euch selbst von den Schuldgefühlen freimachen? Gibt es "Tricks" sich die Schuld auszureden? Oder bekommt man das nicht alleine hin?
Würd mich über Infos freuen, danke!


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 24.01.2015, 16:57 
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Registriert: 04.01.2003, 01:00
Beiträge: 2022
Wohnort: NRW
Hallo du,

also meine Therapeutin rät mir dann immer, einen Schritt aus mir rauszugehen und mir vorzustellen, dass es nicht mir passiert ist sondern meiner Nichte, nur als Beispiel, und ob ich ihr dann die Schuld geben würde.

Das war nur so ein kurzer Gedanken dazu von mir.

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my silence is my selfdefence


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 24.01.2015, 17:07 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Ebenfalls hallo Du ; )
danke für die schnelle Antwort.
Ja, das ist ja genau der Zwiespalt: es eigentlich zu wissen und in einer ruhigen unemotionalen Minute, ist mir vollkommen klar, dass ich nicht schuld bin und ich würde auch niemals einem anderen Betroffenen Schuld geben, wenn ihm/ihr sowas passiert. Aber das schlechte Gefühl verschwindet trotzdem nicht aus dem Bauch. Und die Gewissheit, jetzt auch nichts mehr ändern zu können, weil Zeitreisen nicht möglich sind, vermindert die Wut auf mich selbst bzw. meine damalige Unfähigkeit, mich der Situation zu entziehen, auch nicht gerade.
Vielleicht brauche ich einfach noch etwas, bis ich diese doofen Gedanken aus dem Kopf und das Gefühl aus dem Bauch kriege.
LG


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 31.01.2015, 14:46 
Hallo,
ja, dass mit der Schuld ist ein riesiges Problem, zu wissen nicht Schuld gewesen zu sein, heisst leider nicht gleich es auch emotional zu begreifen. Was hat mir dabei geholfen? Immer wieder feststellen, dass man anderen die gleiches oder ähnliches erlebt haben niemals beschuldigen würde.... und dann diese "ja aber..." bei sich selber weg lassen. Klingt einfacher als es ist, klar. Doch mit (reichlich) Übung funktionierts. Auch mal anders rum (hinter-)fragen, warum sollte es bei einem selber anders sein? Weil einem bei einem selber Situationen einfallen wo man hätte änder können? Rückblickend - vielleicht, in der Situation - nein!

Wurden wir nicht genau dahin gehend manipuliert, dass wir an allem Schuld sind/waren? Ich denke, dass ist das "Grundproblem" der Schuldgefühle, wenn man sich dieser Manipulation bewusst wird, ist ein großer Schritt getan.

Gruss
Tati


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 31.01.2015, 15:46 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Hallo Tati,
ja, bestimmt hast Du recht, dass es einiger "Übung" bedarf, dieses Schuldgefühl loszuwerden. Du hast das gut beschrieben: bei einem selber kennt man die Momente, wo es - mit heutigem Abstand - zumindest theoretisch möglich gewesen wäre, nein zu sagen und konsequenter zu reagieren, aber wenn ich mich in die konkrete Situation zurückversetze (was ich mich selten traue), dann fühle ich wieder diese Erstarrung und völlige Unfähigkeit, irgendetwas zu tun oder zu sagen. Bei jemand anderem würde ich nie auf die Idee kommen, dass er oder sie selbst schuld ist, bei mir selbst sitzt das noch sehr tief.
Danke und LG


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 10.02.2015, 13:50 
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Registriert: 24.11.2013, 19:15
Beiträge: 9
hm..das thema schuld beschäftigt mich immer wieder und ich würde gerne ein paar dinge teilen, wie ich mein denken damit gerade erforsche...

ganz oft hört man ja diese übung, wenn das jemanden anderen passiert wäre, hätte diese person dann auch schuld?
für mich war dann immer klar, natürlich nicht- sobald mir aber bewusst war, dass ich diese person sein sollte oder mich sehr eng verbunden gefühlt habe, kam ich ins schwanken. ich weiß, dass das die richtige antwort wäre, fühle sie aber nicht...

also habe ich mir einen brief schreiben lassen, von wegen ich habe keine schuld. ich dachte, wenn ich ihn regelmässig lese, dann kommt es vielleicht im kopf an- also das fühlen und verstehen.
das einzige was aber bei dem brief bei mir ankam, war die sympatie und das das in schutz nehmen der t*. das war der einzige punkt in dem brief der überhaupt etwas ausgelöst hat. das wiederum hat bei mir ein aha ausgelöst, dass ich irgendwie vielleicht nicht ganz so richtig denke.
also habe ich den brief immer wieder gelesen und mir die worte notiert die mir auffallen. jetzt ganz langsam, bewegt es auch etwas im inneren...

dann habe ich mir das ganze aus der systemik angeschaut. ich als ein feld, t* als ein feld und die anderen betroffenen. ich habe versucht zu sortieren wo was hingehört...also aus dem brief heraus. wohin das ich gehört, das du, das nicht schuld sein, das...
und als ich dieses schaubild dann mit einer freundin teilte, stellte sie mir eine eigentliche frage dazu:
wer fühlt sich eigentlich schuldig? aus welchem gefühl heraus entsteht dieses gefühl? mit welchen steht es in verbindung?
und dann hat sie mir erklärt, dass schuld oft ein mittel ist um dynamiken von m*cht und ohnm*acht aufrecht zu erhalten. und dass es da so verbindungen gibt...
weil letztelich ist die schuld nicht der ursprung...und die hilflosigkeit dahinter auch nicht..sondern wenn man dann weiter geht..und immer weiter geht..bin ich bei den t* gelandet. weil ohne sie die situation ja gar nicht so gekommen wäre...
also ist es auch nicht meine schuld..sie zeigt sich bei mir, aber sie ist nicht der ursprung...
mh..und das versuche ich gerade irgendwie zu verstehen..oder damit weiter zugehen...

:rolleyes: :gruebel:


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 10.02.2015, 14:42 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
@krypton: Deine letzten Sätze finde ich ganz treffend, man kann gar nicht an den Handlungen aus einer Situation schuld sein, die man nicht selbst herbeigeführt hat. Im Kopf ist das recht klar, wenn man es ein paar Mal hin- und herkaut. Vielleicht ist Schuld auch gar nicht das richtige Wort oder vielleicht hängt es mit anderen Gefühlen zusammen, z.B. Scham. Beides vermischt sich irgendwie (zumindest bei mir), es ist / war mir immer unendlich peinlich, überhaupt in dieser Situation gewesen zu sein, dass es passiert ist und ich (fast) nichts dagegen unternommen habe.

Ich habe neulich woanders gelesen, dass das Gefühl von Schuld / Verantwortung für und in der Situation Betroffenen auch das Gefühl vermitteln kann, die Kontrolle nicht komplett verloren zu haben. Für mich ist da sehr viel Wahres dran, denn solange ich dachte, "wenn ich jetzt was sage (bzw. aus der späteren Sicht: gesagt hätte), dann hätte er aufgehört", solange hatte ich auch das Gefühl, noch Einfluss / Kontrolle auf die Situation gehabt zu haben, zumindest theoretisch. Aber praktisch - und das ist mir jetzt mit dem zeitlichen Abstand ziemlich klar - ist mir die Kontrolle vollständig entglitten. Und das ist natürlich eine sehr bittere und heftige Erkenntnis. Vielleicht ist es leichter, das Gefühl von Schuld zu ertragen als die Gewissheit eines kompletten Kontrollverlustes auszuhalten, denn genau das ist ja etwas, was auch die Angst verursacht. Und dann nehme ich doch lieber die Schuld als die Angst... Muss ich wohl auch noch länger drüber nachdenken :?


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 10.02.2015, 16:37 
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Registriert: 24.11.2013, 19:15
Beiträge: 9
ja..schuld und scham sind bei mir eng verbunden...

der zusammenhang von schuld und verantwortung hat mich auch beschäftigt, bzw. das denken, die kontrolle über etwas zu haben.
die schuld lässt mich nicht so hilflos fühlen, weil ich denke ich hätte handlungsspielraum gehabt.
aber ist es nicht letztlich eine illusion? hätte ich eine chance gehabt, wäre es mir irgendwie möglich gewesen hätte ich anders, noch mehr, weniger wie auch immer gehandelt- aber wäre dann wirklich alles anders gewesen?
ich denke, es hat einen grund warum ich in welchen momenten auch immer, so gehandelt habe...nämlich um zu üb*rleben.punkt.
wie es im nachhinein von der gesellschaft, eine kollektiv oder wem auch immer bewertet wird sagt nichts über die reale situation für mich aus...theoretisch ist das immer alles ganz einfach, und es gibt hunderte von alternativen- aber in manchen momenten eben auch nicht..hm..
aber mit der verantwortung habe ich mir auch die gleiche frage gestellt wie mit der schuld..der scham...ist es wirklich meine? meine verantmortung mich zu schützen, habe ich so gut wie es möglich war, wahrgenommen...alles andere ist nicht meins...
zumindest mag ich es zurückgeben..
und ja...es macht angst...immer und immer wieder... und auch die schuld klopft immer weider an,..und die scham...und in all dem schm*rz, der hilflosigkeit, der verzweiflung...dem nichtwissen...ich lebe und fühle-
und ganz klein kommt für mich ein völlig neues gefühl...die wut...mich hat niemand gefragt ob ich die schuld/scham/verantwortung/ etc haben mag..man hat sie mir einfach gegeben.
und immer wieder merke ich, wie schwer es mir fällt...ehrlich zu mir selbst zu sein...so vieles wäre leichter, wenn ich einfach nur verrückt wäre...mir die angst und alles nur einzubilden


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 10.02.2015, 19:04 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Ja, den Handlungsspielraum hat man (d.h. ich, Du, viele andere...) theoretisch gehabt, aber eben nicht praktisch, nicht in der damaligen Realität. Wenn die Angst und die absolute Fassungslosigkeit mich so blockiert, dass es die Ebene, eine bewusste Entscheidung zu treffen und danach zu handeln überhaupt nicht mehr gibt, dann habe ich keinen Handlungsspielraum. Diesen Zustand absoluter Macht- und Handlungsunfähigkeit kann, glaube ich, nur verstehen oder nachempfinden, wer was ähnliches erlebt hat, weil sich das schwer erklären oder beschreiben lässt, das muss man fühlen.
Und ja, deshalb ist eine Illusion. Und in meinem Fall habe ich ja gemerkt, was ist, als ich mich nach ein paar Wochen endlich getraut habe, nein zu sagen, es hat nämlich GAR NICHTS geändert, die Situation verlief genauso besch*** wie immer. Nur, dass mir ab da klar war, dass mein Wille überhaupt keine Rolle spielt und ich innerlich aufgegeben habe. Auch das ist ein sehr fieses Gefühl, was jetzt noch wieder hochkommt, wenn die Erinnerung da ist: aufgegeben, resigniert zu haben. Ich denke, dass deshalb auch die Verdrängung über einen langen Zeitraum funktioniert, weil man diese Gefühle und Erkenntnisse nicht aushalten würde, gerade wenn man noch recht jung ist. Irgendwie musste man sich ja davor schützen, davon aufgefressen zu werden, also besser alles ganz tief vergraben. Hat leider nicht für immer geklappt... :(
Ich denke auch, dass Wut eine vollkommen angemessene Reaktion ist, vielleicht ist es auch gut, wenn Du die empfinden kannst. Bei mir ist die noch nicht wirklich aufgetaucht, da ist irgendwie gar nichts, absolute Leere. Kann auch daran liegen, dass ich die Erinnerungen immer noch lieber beiseite schiebe, als mich ihnen zu stellen, weil ich das alles nicht sehen und fühlen will. Aber dafür gibt es ja Therapien, vielleicht wird das was ändern, im positiven Sinne.
LG und viel Kraft!


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 12.02.2015, 12:03 
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Registriert: 24.11.2013, 19:15
Beiträge: 9
verstehe gut was du schreibst...
ich glaube wut ist irgendwann wichtig zur abgrenzung... ich kann super wütend werden wenn es andere betrifft, aber selbst...hm..und bestimmt hängt es auch mit dem hinschauen zusammen, dem wahrhaben, nicht wahrhaben..in all seinen dynamiken
ich glaube noch wichtiger wie therapie ist..sich zu erinnern wie stark und wundervoll wir als menschen eigentlich sind, und dass es etwas in uns gibt was uns durch das alles führt...wir selbst..mh


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 12.02.2015, 12:31 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
ja, da hast Du vollkommen recht: sich auf die eigenen Stärken konzentrieren und was draus machen, was einen stolz auf sich selbst sein lässt, ist total wichtig!! Es wäre schön, wenn so vergangene Sachen, nicht ständig die Gegenwart und die Zukunft beeinflussen, dass man nicht immer zurückschauen muss, aber ich fürchte, das gelingt erst, wenn man sich damit wirklich (!) auseinandergesetzt hat und das ist allein schwierig, wenn nicht gar unmöglich (für mich zumindest)... :roll:


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 18.02.2015, 19:17 
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Registriert: 20.09.2014, 11:41
Beiträge: 11
Ich habe im Moment ganz furchtbar mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Ich habe schon früher gepostet, es geht bei mir um einen Fall von Missbrauch in der Therapie. Mein jetziger Psychotherapeut und eine Expertin vom Ethikverein und einige andere Fachleute haben gesagt, dass der Therapeut völlig verantwortungslos gehandelt habe. Wenn sie es sagen, kann ich es glauben. Und wenn ich allein bin, kommt einfach nur der Schmerz hoch, dass seine Gefühle nicht echt waren (er hat mich belogen und längst eine andere Partnerin) und dann habe ich immer solche Angst, dass ich nur aus Rachegefühlen denke, dass er die Schuld trägt.
Nun hat, obwohl es erst anders aussah, die Staatsanwaltschaft der Strafanzeige auf Missbrauch (die nicht ich, sondern mein Mann gestellt hat) stattgegeben. Nach meiner ersten Zeugenvernehmung hat die Staatsanwältin gesagt, es sei aus ihrer Sicht dringender Verdacht auf Missbrauch und sie werde Strafbefehl erlassen. Und ich bin in Tränen ausgebrochen und habe ihr gesagt, wie schuldig ich mich fühle, weil ich den Mann nun belastet habe. Und da hat die Staatsanwältin (!) mich getröstet und gesagt, dass ich es hätte tun müssen, ich hätte die Pflicht, die Wahrheit zu sagen, und dass der Mann eine Strafverfolgung verdient hätte.
Und trotzdem schäme ich mich dafür. Zumal der Therapeut selbst es so sieht, dass wir zwei erwachsene Menschen seien und beide die Schuld an den Folgen trügen und sein Beruf (Psychologe) dabei keine Rolle spiele. Und dann denke ich immer, er hat recht, und fühle mich ganz schrecklich. Und in anderen Momenten ist es dann wieder eine Erleichterung, daran zu denken, dass er für sein Verhalten vielleicht eine Strafe bekommen wird.
Und manchmal denke ich dann wieder, ich leide so sehr unter den Folgen seines Verhaltens, weil ich einfach nur zu schwach bin und deshalb die Schuld bei anderen suche und dass es gar kein Missbrauch war. Dass ich einfach nicht gut genug für ihn war und es nicht ertragen kann.
Es ist so quälend, nie einen festen Standpunkt zu finden.


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 18.02.2015, 21:38 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Hallo caro22,
ich habe mit einem solchen Fall zwar keine Erfahrung, aber das Gesetz und auch die Berufsordnung für Psychotherapeuten ist da ganz eindeutig: jeglicher sexueller Kontakt zwischen Therapeut und Klient ist während der Therapie zu unterlassen und die Verantwortung dafür, dass ein solcher Kontakt nicht zustande kommt, liegt beim Therapeuten. D.h. selbst wenn Du gefühlt Dich freiwillig auf einen solchen Kontakt eingelassen hättest, wäre es Aufgabe des Therapeuten, diesen Kontakt zu unterbinden, NICHT Deine!
Ich weiß, das hilft Dir jetzt vielleicht nicht wirklich, aber ich wollte Dir das schreiben.
LG


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 19.02.2015, 12:47 
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Beiträge: 11
Danke für Deine liebe Antwort!

Der Fall ist ziemlich knifflig, ich hatte dazu schon mehrmals gepostet. Der Mann war der Therapeut meiner Tochter, also nicht unmittelbar mein Therapeut.
Die Staatsanwaltschaft erkennt das aber als eindeutige Beratungssituation an, weil zu belegen ist, dass er mir auch persönliche Hilfe in Bezug auf meine Behinderung (ich bin Autistin) angeboten hat und sich somit auch zu "meinem" Therapeuten gemacht hat.
Er selbst lehnt jede berufliche Verantwortung ab, aber die Staatsanwältin sieht es als Missbrauch (ich habe gar nicht selbst die Anzeige erstattet, das war mein Mann).

Es ist schon gerechtfertigt, denn ich habe ihn eindeutig in seiner Rolle als Therapeut gesehen und sehr bewundert. Seine Stelle hat er bereits verloren, weil ich beim Jugendamt, das die Therapie finanziert hat, im Interesse meiner Tochter die Sache erzählt hatte. Danach bin ich vor lauter Schuldgefühlen total zusammengeklappt und hätte es gern rückgängig gemacht. Mein Problem ist, dass ich so wahnsinnig heftige Gefühle für ihn habe. Am Anfang habe ich versucht, ihn zu schützen. Er hatte mir ganz viele Versprechungen gemacht, ewige Liebe, ein gemeinsames Leben und dass er sich immer um meine Tochter kümmern wird. Ich habe hunderte Mails als Beweis. Und dann hat er mich abrupt verlassen, als die Sache herauskam. Er hat gesagt, er habe gemerkt, dass er lieber bei seiner Frau bleiben wolle. Und er hat mich in einer sehr schlimmen Situation allein gelassen. Und erst jetzt, nach über einem halben Jahr, hat er sich wieder gemeldet (auf meine Initiative hin), hat gesagt, er liebe mich nicht mehr und wolle keinen Kontakt. Und dann habe ich auch noch erfahren, dass er seine Frau längst verlassen hat und nun mit einer jungen Kollegin zusammenlebt.

Das hat mich zutiefst getroffen, weil es ja zeigt, dass er mich nie geliebt hat. Und da bin ich wütend geworden und habe bei meiner Zeugenaussage die Wahrheit gesagt und habe ihn nicht mehr geschützt.

Und jetzt denke ich, das war unfair von mir. Er lehnt zwar jede Verantwortung als Psychologe ab (er habe nur menschlich versagt, da habe er aber auch "Straßenwärter sein können), aber ich glaube ihm, dass er mir nicht vorsätzlich geschadet hat. Und dann denke ich, ich kann ihn ja nicht belasten, wenn er keine böse Absicht hatte. Aber mich hat es schlimm erwischt, ich hatte ihm alles geglaubt, meine Ehe beendet. Und er hat mich darin bestärkt. Und dann war er einfach weg. Völlig weg. Habe tiefe Depressionen und verletze mich selbst, kriege den Alltag nicht mehr auf die Reihe, kann mich kaum um meine Tochter kümmern.

Es ist so schwer. Manchmal denke ich, dass es wirklich schlimm war, wie er sich verhalten hat, und mein Psychotherapeut, der mich jetzt betreut, sagt, er habe völlig unprofessionell und unverantwortlich gehandelt und sei eine Schande für den Berufsstand. Und dann denke ich wieder, es ist nur meine Schuld, dass ich es nicht verkraften kann, verlassen worden zu sein. Im Grunde will ich einfach nur, dass er mich doch noch liebt und zu mir zurückkommt. Aber das wird nie geschehen. Ist es Gerechtigkeit, wenn er bestraft wird? Oder nur Rache, wenn ich gegen ihn aussage? Aber ich lüge ja nicht, er hat das alles wirklich getan. Ich bin unendlich traurig und verzweifelt.

Liebe Grüße! Und danke, dass ich hier darüber reden kann!


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 Betreff des Beitrags: Re: Umgang mit Schuldgefühlen?
BeitragVerfasst: 19.02.2015, 13:34 
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Registriert: 24.01.2015, 16:13
Beiträge: 8
Na, das liest sich für mich so, als wärst Du damals in einer klassischen Übertragung drin gewesen, das kann auch vorkommen, wenn er nicht Dein eigener Therapeut, sondern der Deiner Tochter gewesen ist.
Wenn ich mich nicht täusche, gilt das Abstinenz Gebot aber auch für die Angehörigen von Minderjährigen, so lange sich diese in Therapie befinden... es ändert also nichts daran, dass das Eingehen einer sexuellen Beziehung von ihm hätte unterbunden werden müssen.

Wenn das Ganze z.B. ein Jahr nach Ende der Therapie gelaufen wäre, sähe die Lage anders aus, dann wäre sein Beruf nicht mehr relevant, da kein Abhängigkeits-Verhältnis besteht.

LG


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