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 Betreff des Beitrags: Schweigepflicht
BeitragVerfasst: 18.08.2009, 10:52 
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Registriert: 21.02.2002, 01:00
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Einschränkungen der Schweigepflicht ergeben sich durch Rechtfertigungsgründe und gesetzlich vorgeschriebene Offenbarungspflichten.

Rechtfertigungsgründe sind:
1. Die Entbindung von der Schweigepflicht durch den Patienten (Schriftform nötig)
2. Die stillschweigende („konkludente“) Einwilligung gegenüber dem überweisen-den, konsiliarisch- oder weiterbehandelnden Psychotherapeuten oder Arzt; diese deckt aber nicht o. w. die Einwilligung nach § 4a BDSG (s. o.).
3. Die mutmaßliche Einwilligung des Patienten, wenn (z.B. bei Handlungsunfähigkeit) angenommen werden kann, dass die Offenbarung im Interesse des Patienten ist.
4. Rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB
Danach bleibt ein Bruch der Schweigepflicht dann straffrei, wenn der Therapeut keine andere Möglichkeit mehr sieht, als z.B. eine Anzeige zu erstatten, wenn ein Patient sein eigenes Leben und / oder das Leben anderer gefährdet.
Bei Patienten in Psychotherapie ist Suizidalität im Rahmen der Behandlung zu sehen und muß ernst genommen werden. Dasselbe gilt für spezielle selbstgefährdende Krankheiten wie beispielsweise Anorexia nervosa.
Weiter zählen dazu auch die Ankündigung von bestimmten, besonders schweren Verbrechen (§ 139 StGB), aber auch Fremdgefährdung im Straßenverkehr und - in der Rechtsprechung umstritten - das Unterlassen der Aufklärung von Geschlechts-partnern über eine bestehende HIV-Infektion.

Offenbarungspflichten ergeben sich aus:
1. Nach §§ 138 ff. StGB ist jeder Bürger verpflichtet, geplante Straftaten, die ihm be-kannt werden, unverzüglich zur Anzeige zu bringen.
Vermutlich werden wenige Psychotherapeuten im Laufe Ihres Berufslebens mit die-sem Problem konfrontiert sein, aber der Vollständigkeit halber muss auf diese Pflich-ten hingewiesen werden.
Der § 138 StGB enthält einen Katalog zahlreicher geplanter, also noch nicht ausge-führter, schwerer Straftaten, die von demjenigen, der von solchen Planungen erfährt, der Behörde (Polizei, Staatsanwaltschaft) angezeigt werden müssen, andernfalls er sich strafbar macht („Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung ... eines Angriffs-krieges, ... Hoch- oder Landesverrats, ... einer Geld- oder Wertpapierfälschung, ... ei-nes schweren Menschenhandels, ... Mordes oder Totschlags, ... Völkermordes, ... Verbrechens gegen die Menschlichkeit, ... erpresserischen Menschenraubs … zu ei-ner Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann,glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig An-zeige zu machen, wird … bestraft.“. Ebenso wird bestraft, wer die Bildung einer terro-ristischen Vereinigung nicht anzeigt.
Der § 139 Abs. 3 StGB lässt indessen die o. e. Berufsgeheimnisträger bei einigen der im § 138 StGB aufgezählten vorgenannten Straftaten dann straffrei ausgehen, trotz deren Nichtanzeige, wenn sie in ihrer beruflichen Eigenschaft von den Planungen eines der Verbrechen zwar erfahren, sich allerdings „ernsthaft bemüht“ haben, den Täter (Patienten) „von der Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden“. Das kann bspw. auch durch eine anonyme Anzeige geschehen. Erlangen Therapeuten freilich von einem solchen Vorhaben „privat“ Kenntnis, also außerhalb ihrer beruflichen Ei-genschaft, bleiben sie nach § 138 StGB zur Anzeige verpflichtet. Bis vor kurzem konnten sich die Berufsgruppen der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- Jugendlichenpsychotherapeuten übrigens noch nicht auf den § 139 Abs. 3 StGB be-rufen. Jener erfuhr nämlich erst zum 1. April 2004 eine Ausweitung auf diese beiden Berufsgruppen. Seitdem zählen sie auch zu der privilegierten Berufsgruppe wie die der Rechtsanwälte, Verteidiger oder Ärzte. Die berufsmäßigen Gehilfen der privile-gierten Berufsgruppen und die Personen, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Be-ruf tätig sind, sind dabei den Mitgliedern der Berufsgruppe gleichgestellt worden und insoweit ebenfalls nicht mehr zur Anzeige verpflichtet.
Folgende geplante, also in Vorbereitung befindliche, im § 139 Abs. 3 StGB aufge-zählte Straftaten bleiben für die Geheimnisträger anzeigepflichtig: Mord oder Tot-schlag, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, er-presserischer Menschenraub, Geiselnahme und der Angriff auf den Luft- und Seever-kehr durch eine terroristische Vereinigung.
Die Anzeigepflicht durchbricht also die Schweigepflicht, die Offenbarung seitens des Psychotherapeuten geschieht „befugt“. Ist indessen die Tat bereits geschehen, ge-steht also ein Patient eine besonders schwere Straftat, auch eine solche, die in den §§ 138, 139 StGB aufgeführt ist, oder berichtet er von einer Tat durch einen Dritten, so besteht dennoch keine Anzeigepflicht mehr.
Wichtig: Es gilt also immer scharf zu trennen, zwischen drohenden, zukünftigen schweren Straftaten, und solchen, die bereits begangen wurden und nicht mehr an-zeigepflichtig sind.
Andere Straftaten hingegen, ob geplant oder bereits begangen, sind niemals anzei-gepflichtig, berechtigen aber u. U. den Therapeuten, die Schweigepflicht zu brechen! Zu den „anderen“ gehören alle die Straftaten, die sich weder im Katalog des § 138 Abs. 1 StGB noch in dem des § 139 Abs. 3 StGB finden. Handelt es sich indessen um Straftaten, die zwar nicht im § 139 StGB, aber im § 138 StGB aufgezählt sind, dann muss sich der Therapeut bei diesen jedenfalls ernsthaft bemühen, den Patien-ten von dieser Tat abzuhalten oder den Erfolg abzuwenden.

Andere Seiten zur Schweigepflicht:
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84rztl ... igepflicht
http://www.bptk.de/psychotherapie/theme ... 91443.html
http://www.agb-hessen.de/VERANS_1/AUGUST01/august01.HTM
http://www.kvberlin.de/STFrameset165/in ... licht.html
http://www.bundesaerztekammer.de/30/Ric ... hweigepfl/
http://gin.uibk.ac.at/thema/rechtsinfor ... index.html

(Quelle:Erläuterungen zur Schweigepflicht in der Praxis
Konrad Nikolaus Haeberle
März 2006
Landespsychotherapeutenkammer Baden-Würtenberg)

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