Ich heiße hier Coco, bin 25 Jahre jung und studierte Sozialpädagogin. Ich führe eine harmonische Beziehung, habe eine tolle Familie und Freunde, einen Job. Das hört sich doch erst einmal sehr gut an. Bis ich an diesen Punkt gekommen bin, hat es aber auch einige Jahre gedauert. Ich möchte hier weder bewundert, noch bemitleidet werden. Ich kann aber sagen: Ich habe es geschafft - ich bin zufrieden mit meinem Leben. Es ist zwar weiterhin täglich ein Kampf, aber mir geht es ziemlich gut. Warum bin ich dann hier? Vielleicht erzähle ich euch zunächst grob etwas zu mir und dem Thema sexuellen Missbrauch, damit ihr mich vielleicht verstehen könnt.. Als Kind wurde ich von meinem Onkel ca. 10 Jahre lang sexuell missbraucht (eine genaue Zahl ist auf Grund der fehlenden Erinnerung schwer zu sagen). Aber so mit 14 Jahren hat es dann aufgehört. Mit 16 Jahren erzählte ich es meiner Verwandtschaft, aber da uns (drei meiner Geschwister waren auch Betroffen und es gab noch weitere "Opfer") nicht geglaubt wurde, war es ein ziemlicher Kampf. ZUm Glück standen meine Mutter und meine Geschwister hinter mir. Ich denke, es kam alles zusammen...der Missbrauch, der Terror der Verwandtschaft, meine eigene Pubertät, die Krankheit meines Vaters (Schizophrenie), weshalb es bei mir "plötzlich" ziemlich bergab ging. Nach zwei SM-Versuchen, SVV, 30 Kg Zunahme in 3 Monaten, depressive Verstimmtheit (Depressionen wurden nie bei mir diagnostiziert, weshalb ich dies hier so nicht nennen möchte), Nervenzusammenbrüchen etc. war es ein langer und harter Kampf, zurück ins Leben zu finden. Ich arbeitete nebenbei ehrenamtlich, wandte mich an eine Sozialarbeiterin und ich wurde so in eine Beratungsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs vermittelt. Dort hatte ich 6 MOnate fast wöchentlich Beratungsgespräche, machte große Fortschritte und es ging Schritt für Schritt für mich zurück ins Leben. Ich studierte Sozialpädagogik und arbeite heute in der Kinder-und Jugendhilfe. Ich führe nach unzähligen fehlgeschlagenen Beziehungen und Männergeschichten seit 2 Jahren eine gute, harmonische Beziehung. Seit 3 MOnaten hat sich nach 9 Jahren Kampf auch meine Ernährung etwas eingepedelt und sie ist nicht mehr ganz so gestört. Eine Therapie wollte ich damals vor 7 Jahren unbedingt machen...nach unzähligen Telefonaten (im Umkreis von 50 Km alles abgearbeitet, nur Wartelisten oder Absagen), gab ich die Suche auf. Meinen Missbraucher wollte ich anzeigen, aber ich schob dies immer weiter nach hinten, mit der Begründung "ich bin noch nicht so weit", später mit "jetzt ist nicht der richtige ZEitpunkt" nach hinten. Im Nachhinein denke ich, dass ich zwar dachte, ich würde mit allem klar kommen, weil es bei mir immer so gut in Richtung "Heilung" ging. Aber ich merke, dass ich auch viel wieder mit der Zeit verdrängt habe und aufgehört habe, weiter das, was mir angetan wurde, zu verarbeiten. Ich denke wieder vermehrt über diese Thematik nach und bevor die Veergangenheit mich einholt, möchte ich aktiv an ihr arbeiten und dem zuvorkommen. Damals habe ich mich sehr intensiv mit allem auseinander gesetzt, als ich ein Teenie war. Vielleicht ist es auch noch einmal wichtig, als erwachsene Frau aus einem anderen Blickwinkel darauf zu schauen.
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