Hallo ihr Lieben,
ich habe so oft gehört, dass es so wichtig für einen Heilungsprozeß ist, die eigene Wut über die erlebten Mißhandlungen und die traumatischen Mißbrauchssituationen zulassen zu können. Nicht nur das, ich habe in meiner ersten stationären Therapie sogar erfahren, wie erleichternd es sein kann, die Wut zu befreien und zulassen zu können. Wie seht ihr das?
Meine Frage wäre, braucht diese Wut vielleicht sogar ein eigentliches Ziel, braucht sie eine Richtung, einen Kanal auf den eigentlichen Verursacher der Wut? Heute stecke ich erneut in der Unfähigkeit, die sicherlich immer noch vorhandene Wut überhaupt spüren geschweige denn zulassen zu können. Obwohl ich es in meiner ersten Therapie ja schon einmal geschafft hatte, sie zu befreien. Aber damals war ich wütend auf eine Teilnehmerin in der Gruppentherapie, die mit dem eigentlichen Täterverhalten ja rein gar nichts zu tun hatte.
Wenn es aber wichtig sein sollte, diese Wut auch zielgerichtet zulassen zu können und sie vielleicht postum und rein gedanklich auf die damalige eigentliche Täterin zu richten, wie sollte das gehen?
In meinem Fall war die Täterin ja selbst noch ein Kind, wenn auch schon älter, als ich es damals war. Ich denke heute, dass dieses Mädchen wahrscheinlich sogar selbst Opfer einer Mißbrauchssituation gewesen ist. Anders kann ich mir ihr Verhalten jedenfalls nicht erklären.
Aber auf wen sollte ich also in einem solchen Fall überhaupt wütend sein? Wer trägt denn hier überhaupt die Verantwortung? Dennoch, ich weiß, dass ich nach wie vor Wut in mir trage. Und dass ich es immer noch tief in mir vergrabe, damit auch niemand anderes darunter leiden müßte. Immer noch, trotz vieler Therapien...
Und dass ich heute immer noch anderen Menschen weitgehend aus dem Weg gehe, weil ich mit meinen verletzten Gefühlen immer noch sehr hadere und mich als Belastung für andere empfinde, solange es so ist.
Liebe Grüße
Sternenvogel