Gegen - Missbrauch e.V.

Die Plattform für Betroffene, Überlebende, Freunde und Partner

Dieses Forum ist Teil der eines Angebots von gegen - missbrauch e.V. Unsere Hauptseite finden Sie unter www.gegen-missbrauch.de

Aktuelle Zeit: 29.03.2024, 01:06

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 11 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 18.05.2015, 08:16 
Offline

Registriert: 17.05.2015, 12:34
Beiträge: 17
Wohnort: Rödermark
Hallo, liebe Forummitglieder!

Ich bin neu hier :)
Hatte gestern etwas quer gelesen und etliche Themen entdeckt, die auch mir entsprechen; worin ich mich wieder erkenne....

Ich habe keine Freunde..... seit Jahren nicht mehr.
Früher gab es immer mal wieder eine Frau/Freundin, mit welcher mich eine Zeit lang etwas verband.
Irgendwelche ähnliche Probleme oder Themen, über die man dann reden konnte und die uns das Gefühl gaben, irgendwie "Verschworene" zu sein....
Wenn sich dann unsere Leben veränderten, ging es auseinander....
Wir hatten uns nichts mehr zu sagen.
Oder einen Mann der sagte, wir seien Freunde - und doch ging es ihm wohl mehr um Sex.

Nach 1995 zog ich mein Mädchen alleine groß.
Irgendwie..... - letztlich habe ich ja keine Ahnung davon, wie eine GUTE Kindheit sein kann; was man seinem Kind GUTES geben kann und sollte; wie man GUT mit seinem Kind ist....
Ich weiß nur zur Genüge, wie das Gegenteil aussieht.
Inzwischen ist sie 24 und nach vielen kleinen "Kriegen" kommen wir uns nun endlich näher.
Sie ist jetzt 4 Jahre älter, als ich es bei ihrer Geburt war.
Und sie fühlt nun ihre eigene Unwissenheit und Unerfahrenheit; die eigenen Ängste und Unsicherheiten.
Nun kann sie nachfühlen, wie unsicher man sich fühlt, wenn man mit Kind den gewalttätigen, brutalen Ehemann verläßt um ihm Dinge zu vermitteln und zu schenken, von denen man im Herzen keine Ahnung hat.
Und sie bringt inzwischen großes Verständnis für mich auf.

Seit 2009 bin ich nun mit meinem 2. Ehemann zusammen - wir haben letztes Jahr geheiratet.
Es könnte alles gut und schön sein.
Er ist sehr verständnisvoll; liebevoll und bemüht sich von Herzen, meine Mißbrauchsgeschichte mit zu tragen; sich einzulassen; zu verstehen.....
Wir haben viel Aufarbeitung zusammen geleistet und sind glücklich miteinander.
Zur Zeit geht ihm die Kraft aus...... es ist zu viel..... und er hat keinen, mit dem er reden kann......
Es tut mir weh, ihn derart seiner Kraft zu berauben......

Mein Bruder - der im Heim aufwuchs und mit welchem ich nie wirklich verbunden war - sagte letztes Jahr, ich solle doch bitte Kontakt aufnehmen mit unserer Mutter.
Sie "käme ja nun in ein Alter, wo man nicht wisse, wie lange das noch ginge" (sie ist 69).
Und wir sollten doch nun in der Lage sein, wie Erwachsene miteinander zu reden.....

Meine Mam hat ebenso Mißbrauch hinter sich.
Sie war Tabletten- und Alkoholabhängig (ist sie vermutlich noch immer) und war mehr in Psychatrien, als Zuhause.
Sie hatte mich beim Vater gelassen mit 3 Jahren und nicht nur verleugnet, was passierte - sondern bei meiner Scheidung dann auf der Seite meines 1. Mannes gestanden.
Ihm den Anwalt bezahlt und mich bezichtigt, mein Kind zu mißbrauchen.

Wir hatten oft 9 Jahre andauernde Sendepause; dann wieder mal ein Versuch, ob wir inzwischen wohl anders miteinander umgehen können - und wieder 9 Jahre Pause.....

Nun denn.... - letztes Jahr gab ich meinem Bruder nach.
Und seitdem "schwimme" ich......

Es gibt kaum ein anderes Thema mehr, als die Vergangenheit.
Völlig egal, ob meine Kindheit; meine Ehe; ..... was auch immer....
Ich bin ständig verletzt - mal von seinem Ton, wenn er mit mir redet; mal von der Wortwahl; mal von seinem Blick; mal von einer Kombi davon....
Er weiß oft nicht mehr, was er sagen darf; wie er gucken soll; .....
Ständig weine ich oder rede von früher.....

Ich hab inzwischen den Kontakt zu Bruder und Mutter wieder abgebrochen.
Da ich es bisher nicht geschafft habe, einen Vollzeitjob durchzuhalten (weil mein Körper ständig psychosomatische Anwandlungen hat), ich mich mit einem 450€-Job an unserem Budget beteilige und mein Mann somit nicht nur meine Psychostütze, sondern auch mein Versorger ist, hatte ich mich entschieden, mit dem Weißen Ring Kontakt aufzunehmen.

Aber ganz offensichtlich sieht die Dame dort - wie schon immer bei welcher Beratungsstelle auch immer - keinen Hilfsbedarf.
Wie oft in meinem Leben hab ich schon irgendwo um Hilfe gebeten, meine Geschichte erzählt und höre dann immer nur "Sie können stolz auf sich sein. Was Sie schon alles erreicht haben in ihrem Leben...... Dass Sie überhaupt noch leben, ist ein Wunder. Ich habe größte Hochachtung vor Ihnen..... - aber helfen?! Helfen kann ich Ihnen nicht. Auf Wiedersehen".

Ich habe langsam auch keine Kraft mehr.
Ich bin traurig und verzweifelt.
Ich möchte gerne eine Chance haben - eine Chance, doch noch einen guten, vollwertigen Platz im Leben auszufüllen.
Irgendetwas Sinnvolles tun zu können - und nicht nur Zuhause am PC irgendwelche Spiele zu spielen.
Und wenn mein Mann Heim kommt, mit ihm über mein Leben und meine Traurigkeit zu reden....

Ich hätte gerne einen Freund oder eine Freundin.
Eine Selbsthilfegruppe für "Alt-Überlebende" und Angehörige - damit mein Mann wieder Luft holen darf.
Ich wollte beim Weißen Ring gerne Hilfe, um vielleicht noch eine Ausbildung zu bekommen - sie sagte nur, "rufen Sie beim Arbeitsamt an".....
Aber wie oft hatten die mich dort schon weg geschickt?! Und ich gehe jedes Mal widerspruchslos und resigniert und brauche Jahre, bis ich mich einmal wieder hin wage....

Oder Unterstützung wegen dem Antrag auf OEG.....
Da sitz ich 12 Std. am Stück und durchsuche mein Zeug nach irgendwelchen Zetteln und Belegen; durchforste meine Erinnerung und das Internet nach Kleinteilen meiner Erinnerung - und wenn ich sie bitte, drüber zu sehen, sagt sie "Schicken Sie es an ihr zuständiges Versorgungsamt. Welches das ist, steht im Internet"
Ist das Unterstützung?

Ich bin irgendwie unsichtbar.
Nicht bedeutsam genug.
Oder vielleicht geht es mir auch einfach nicht schlecht genug.....
- auf den ersten, oberflächlichen Blick.....
Und dann bin ich "die Mühe nicht Wert".....

Mein Mann sagt, ich soll daran denken, woher ich komme und wo ich heute stehe.
Was ich alles überlebt und bereits bewältigt habe.
Was ich alles weiß und kann.
Und wie stolz er auf mich ist.
Und auch mein Mädchen.

Und doch bin ich einsam.
Und habe immer wieder gehört, ich sei "zu schwer"; zu kompliziert; zu was auch immer.....
Ich denke zu viel; hinterfrage zu viel; erwarte zu viel; ....
Ich kann nicht mit der materiellen Oberflächlichkeit vieler Menschen.
Das bin ICH.
A.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 18.05.2015, 09:33 
Offline

Registriert: 02.04.2014, 16:25
Beiträge: 123
Hallo,

Ich habe dich gelesen und ich erkenne mich in manchem wieder.
Zwar bin ich keine "Alt-überlebende" aber mein Bruder spricht ähnlich von unserer Alkoholkranken Mutter.
"Ich habe Angst das sie sich etwas antut!"
Was mit mir ist ist dabei egal.
Und auch die Sprüche "Schau doch mal was du alles geschafft hast!" helfen einem nicht weiter, wenn man wieder in ein Loch der Vergangenheit fällt.

Mit dem Weißen Ring habe ich leider ähnliche Erfahrungen gemacht.
"Sie haben doch schon alles gemacht, was sollen wir da noch tun?"

Vielleicht liegt es an unserer Fassade. Eben weil wir so viel geschafft haben.
Ich würde mich hüten vor irgendwem im Dreck zu kriechen und um Hilfe zu betteln.
Ich habe genug erniedrigung hinter mir um mir selbst dies nicht anzutun.
Trotzdem betiteln mich die Leute als schwach sobald ich mal ehrlich bin.
Also ziehe ich mich zurück.


Dein Text löst in mir den Wunsch aus mich mit dir aus zutauschen, dich kennen zu lernen, dir zuzuhören und auch mal hinter die Fassade zu blicken.
Vielleicht hast du ja Lust ein wenig mit mir zu schreiben.

Liebe Grüße
Alice


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 19.05.2015, 15:09 
Offline

Registriert: 17.05.2015, 12:34
Beiträge: 17
Wohnort: Rödermark
Was ein Kraftakt.......

Ich kenne mich selbst überhaupt nicht wieder......

Ich hatte sehr viele Jahre an und für sich ganz gut abgeschlossen mit dem Mißbrauch und allem, was so anhängt.
Habe nach vorne gesehen :) und versucht, aus allem das mir mögliche Beste zu machen.
Und letztlich war ich mit mir und meinem Leben soweit auch eins.

Dann lernte ich meinen jetzigen, 2. Ehemann kennen.
Wir wußten nicht wirklich, ob wir uns wagen sollten - auch nicht, worauf wir uns da letztlich wirklich mit dem anderen einlassen....
Er hat sein eigenes Päckchen mit in die Beziehung gebracht, dessen Konsequenzen für mich nicht von vorneherein begreifbar waren - und genauso erging es ihm mit meinem Mißbrauch (von dem er gleich zu Anfang zwar in der Theorie wußte, von dessen Auswirkungen er jedoch nichts erahnen konnte).

Wir hatten 2 sehr anstrengende Jahre, in welchen wir nach einem Weg suchten, uns irgendwie zusammen zu bringen - wie 2 Zahnräder die noch nicht synchron laufen; wo der Sand dazwischen knirscht und man erst feinfühlig versuchen muß, dass sie gut ineinander laufen.
Fast hätten wir aufgegeben.....
Das war die erste Zeit, in der ich wieder an meinen Mißbrauch heran kam und beginnen mußte, Aufarbeitungsarbeit zu leisten.
Aber es war auch das erste Mal in meinem Leben, dass ich fühlen durfte, wie weit all jenes das man mir bisher als Liebe verkauft hatte, in Wahrheit davon entfernt gewesen war.
Auch, weil ausgerechnet die Liebe; die Nähe; das Vertrauen - die ja allesamt so wichtig und wertvoll sind - doch am meisten aufwühlen und schmerzen.....

Irgendwann kehrte Ruhe ein in unsere Beziehung; der Dreck war ausge*otzt und die Narben heilten besser als sie zuvor gewesen waren.

Letztes Jahr dann die Kontaktaufnahme mit meiner Mutter.
Eine erste große Freude, sie wieder zu haben.... meine Seele fiel zurück in meine Kindheit. Ich war wieder 4 Jahre alt und völlig freudig, klein, hilflos und kuschelsüchtig.....
Dann das Erkennen und begreifen - ich bin NICHT 4..... ich bin 44.
Und sie hat sich NICHT verändert.... - sie tut noch immer weh.....

Seitdem kreisel ich nur noch um Mißbrauch; Erinnerung...... das Sortieren von Realitäten und Fakten; das Wegräumen von Hoffnungen und Illusionen.
Das Bewußtmachen davon, was sie WIRKLICH getan hat. (- und was nicht)
Und immer wieder dieses "Ich bin kein kleines Mädchen mehr".....
Diese Traurigkeit über sich niemals erfüllende Sehnsüchte.....

Im Moment erlebe ich mich wie noch nie.
Früher gab es Bilder in meinem Kopf; Szenen; Sätze; Erinnerungen.
Auch Flashbacks durch Töne; Düfte....

Im Moment habe ich Gefühle.
Einfach nur Gefühle.
Ohne irgendetwas anderes....
Und das sichere Wissen; die Selbst-Reflektion, dass es ALTE Gefühle sind.
Und dennoch bin ich so erschöpft; so atemlos; ohne Kraft.
Ständig traurig, wütend, hoffnungslos, enttäuscht, ängstlich, zweifelnd,....... und noch mehr.

Und mein Mann muß wieder mit durch.
Paßt auf, dass er mich nicht verletzt - weiß garnicht, wodurch eigentlich.... Balanciert wieder durch ein Feld von Tretminen, das sich täglich verändert...
Es strengt an.....
Es ist unfair....

Mein Versuch mit dem Weißen Ring hatte mich desillusioniert.
Sie hat sich bis heute nicht mehr gemeldet.
Mich einfach "vergessen".

Ich konnte mich zusammenraffen und bei einer anderen Außenstelle anrufen.
Der Mann dort war "zutiefst betroffen und fassungslos über dieser Frau ihr Verhalten" sagte er.
Ich habe nächste Woche nun einen neuerlichen Termin.
Und offenbar kann ich den Antrag auf OEG knicken, da es nie ein Verfahren gab.
Aber es gibt wohl einen "2. Hilfeweg", dessen Infragekommen man einmal prüfen sollte.
Ich werde nun sehen, wo dieser Weg hin geht.

Als um Hilfe betteln oder kriechen empfinde ich das nicht - obwohl ich gut nachvollziehen kann, was Du meinst, Alice :)
Ich weiß nicht... ich bin eher wütend; zornig; aufmüpfig und habe das Gefühl, endlich, endlich, verflixt nochmal, auch ein Anrecht zu haben zumindest darauf, eine Chance zu bekommen.

Eine Chance darauf, ein bißchen aufholen oder gut machen zu können, was damals schlecht war.
Ich mag gerne die Chance haben, einen Beruf zu haben.
Wenigstens das.

Ich will die nicht vom Wickel lassen; es nicht ermöglichen weg zu sehen; ich will sichtbar sein.
Ich lebe noch.

Mein Körper summt und bebt.
Als würde alles in und an mir vibrieren.
Ich habe heute nach einer 4-Std.-Schicht überall Schmerzen, als wäre ich einen Marathon gelaufen...
So viele Jahre...... - und es hört nicht auf.

Aber gut - es wird immerhin besser ;)
Danke Euch für´s da sein.
Andrea


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 11:28 
Offline

Registriert: 02.04.2014, 16:25
Beiträge: 123
Babutz hat geschrieben:

Als um Hilfe betteln oder kriechen empfinde ich das nicht - obwohl ich gut nachvollziehen kann, was Du meinst, Alice :)
Ich weiß nicht... ich bin eher wütend; zornig; aufmüpfig und habe das Gefühl, endlich, endlich, verflixt nochmal, auch ein Anrecht zu haben zumindest darauf, eine Chance zu bekommen.


Liebe Andrea,
so hab ich das nicht gemeint...
ich meinte eher, das andere einen erst ernst nehmen wenn man schreit, weint und sich buchstäblich wieder erniedrigt. wenn man sich schwach gibt.
Das man auch hilfe braucht wenn man sich nicht komplett auszieht und selbst nieder macht ist den meisten nicht klar.
Ein Hilferuf muss immer geschrien werden....

Das finde ich schade und ich freue mich das dir dieser andere Mensch vom weißen Ring vielleicht doch helfen kann.

Wir erscheinen anderen manchmal auch einfach zu stark....

Liebe Grüße
Alice


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 11:59 
Offline

Registriert: 17.05.2015, 12:34
Beiträge: 17
Wohnort: Rödermark
Ja..... - da fehlen irgendwie noch Schulungen; Feingefühl; Erfahrung...

Das ist meist nur "an-studiert"; aus der Theorie; ...
Schlimm irgendwie.... Leute, die wüßten wovon sie reden, schaffen es nur selten so eine Ausbildung zu erlangen.
Und jene, die die Ausbildung haben, haben dafür überhaupt keine Vorstellung davon, wovon sie reden....

Es wäre ein Traum, wenn "Helfende" aus der Praxis; der Realität; der Erfahrung kommen dürften.
Aber man glaubt ja eher dem Papier, als den Augen des Gegenübers.
Schade.


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 13:07 
Offline

Registriert: 30.07.2010, 10:27
Beiträge: 294
Hallo liebe Babutz,
ich habe selber lange im ambulanten betreuten Wohnen gearbeitet und dachte mir,
dass das vielleicht eine gute Unterstützung für dich zur Zeit wäre?! Das gibt es in jeder Stadt, bei Diakonie oder Caritas als auch von privaten Anbietern. Dort würde dich dann jemand ein, zweimal die Woche in deiner anstrengenden Zeit unterstützen. Sei es praktisches wie Einkaufen und Haushalt, rechtliches oder psychologisch...machst du Therapie? Ich habe auch immer Angst, mit meiner Geschichte mein Umfeld zu überfordern, bei mir hilft mir da eine Therapeutin enorm.

Alles Gute,
Belita


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 13:21 
Offline

Registriert: 17.05.2015, 12:34
Beiträge: 17
Wohnort: Rödermark
Hallo, Belita :)

Als ich letztes Jahr meinen 3. Job kurz hintereinander wieder aufgeben mußte, weil mein Körper/meine Seele völlig durchdrehten unter dem Stress; der (Heraus-)Forderung zu "funktionieren", da war ich hier bei uns bei "die Brücke" von der Diakonie.
Der nette Mann :roll: dort hörte sich 2 Std. lang meine Geschichte an.
Dann sagte er, wie fassungslos er sei. Wie erstaunt, welch eine unsagbar starke Persönlichkeit ich sei.
Dies alles ohne Drogen; Tabletten oder andere Suchtmittel überstanden zu haben, verdiente seine absolute Hochachtung.
Aber weil ich ja so stark sei, wüßte er nicht, wie und womit er mir helfen könnte.
Die Menschen die "normalerweise seine Klientel seien", würden mich nur runterziehen.
Es gäbe hier bei ihm keinen, der fähig wäre mir etwas zu geben, das ich nicht schon längst hätte.

Einzig eine Geschichte/ein Gedicht (?) gab er mit:


Das Loch im Bürgersteig

1. Ich gehe die Straße entlang.
Es gibt ein tiefes Loch im Bürgersteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren, ich bin hilflos.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert unendlich lange einen Weg heraus zu finden.
 
2. Ich gehe die gleiche Straße entlang.
Es gibt ein tiefes Loch im Bürgersteig.
Ich täusche vor, dass ich es nicht sehe; und falle wieder hinein.
Nicht zu glauben, dass ich schon wieder am selben Ort bin.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Es dauert noch immer sehr lange, wieder herauszukommen.
 
3. Ich gehe die gleiche Straße entlang.
Es gibt ein tiefes Loch im Bürgersteig.
Ich sehe es, und falle trotzdem hinein.
Es ist eine Gewohnheit.
Meine Augen sind offen, ich weiß wo ich bin, es ist meine Schuld.
Ich steige sofort wieder heraus.
 
4. Ich gehe die gleiche Straße entlang.
Es gibt ein tiefes Loch im Bürgersteig.
Ich umrunde das Loch.
 
5. Ich gehe eine andere Straße entlang.

"Autobiographie in fünf Kapiteln" von Portia Nelson


Ich versuche mich an den Punkten 4 und 5.
Der Rucksack für die Ersteigung sämtlicher Löcher in Bürgersteigen ist gut gefüllt.
Auch Verköstigung für längere Pausen hab ich dabei.
Und bin einfach dankbar, dass ich einen sehr geduldigen und "zähen" Ehemann an der Seite haben darf.
Und warte auf das Gerspräch mit dem Mann vom Weißen Ring.

Ansonsten anerkenne ich, dass meine Seele wohl gerade Magen-/Darmgrippe hat.
Versuche sie lieb zu behandeln und freue mich, bis sie das überwunden hat.
Und bin sehr froh, hier Menschen zu haben, die verstehen wovon ich rede.
Danke.
Andrea


P.S.: Nein, Therapie mache ich grade keine.
Mein MB liegt inzwischen über 25 J. zurück und es geht mir "normalerweise" gut, wenn grad nicht mal wieder "so eine Phase" ist :)


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 17:33 
Offline

Registriert: 30.07.2010, 10:27
Beiträge: 294
Hallo Andrea,
also, der Typ scheint ja nicht wirklich kompetent gewesen zu sein. Das, wo ich gearbeitet habe, nennt sich "Ambulantes Betreutes Wohnen für psychisch Erkrankte" und da hätte es bestimmt nicht so eine blöde Reaktion gegeben und auch kein Gedicht :wink: Denn die sind da, um Menschen mit einer schwierigen Lebensgeschichte zu helfen.
Mein Missbrauch ist 30 Jahre her, und erst jetzt bin ich wirklich in der Lage, mich dem zu stellen. Und die Therapie hilft mir sehr dabei...ich weiß ja nicht, was du für Hilfe suchst, aber ich dachte, nachdem was du hier geschrieben hast, hast du Angst deinen Mann zu überfordern und mit psychosomatischen Problemen zu kämpfen und bist auf der Suche nach Hilfe. Meines Erachtens ist betreutes Wohnen und/oder Therapie immer eine gute Hilfe für traumatisierte Menschen...auch wenn es ihnen normalerweise gut geht :)
Saluti Belita


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 18:12 
Offline

Registriert: 17.05.2015, 12:34
Beiträge: 17
Wohnort: Rödermark
Hm... was ich für Hilfe suche.... - eine gute Frage.

Den weißen Ring hatte ich kontaktiert, weil ich mich wg. dem OEG informieren wollte und ich im Moment einfach ganz viel Wut verspüre.
Wüt, Fassungslosigkeit; Bitterkeit; und dieses Gefühl, Himmel und Hölle in Bewegung versetzen zu wollen, um diese Ungerechtigkeit irgendwie "wieder gut zu machen".
Dass ich keine Chance hatte, einfach eine Schule abzuschließen; eine Lehre zu machen und eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben - eine Chance, wie so viele Leute da draußen von welchen manche diese Chance überhaupt nicht wollen....

Ich bin aufgebracht, weil ich mit den Jobs die ich bekomme, nicht zurecht komme.
Weil mein Seelchen mir einen Strich durch die Rechnung macht und sagst, sie will was anderes.
Auch, wenn sie mir nicht ganz so genau sagen kann, was denn eigentlich....

So mag ich vom WR etwas darüber erfahren, was sie evtl. beruflich für mich tun können.

Dass ich meinen Mann womöglich überfordere, ist ein Thema über das wir sehr viel reden.
Wir haben es im Auge und passen auf.
Geben uns Freiräume und achten darauf, die Grenzen des anderen nicht zu sprengen.

Eine Therapie ..... ich kenne nur jene (verschiedenen) Therapien, die ich bisher erlebt habe.
Und das waren über die Jahre mehrere.
Und eine solche möchte ich im Moment nicht neu beginnen.
Mein Seelchen ist mir in solchen Phasen eigentlich gut vertraut. Und ich weiß, dass ich eigentlich nur ein Stückchen heiler werde.... Ich muß es nur aushalten; durch schaffen; einen langen Atem haben.... wie sonst auch. Danach ist die Sonne wieder da :)

Ich verarbeite irgendwie; rede viel; reflektiere viel - hab grad eher Muffe, ich quatsch euch das Forum zu....
Alles wird 5x gewendet; nochmal angeguckt; rein gefühlt; wieder gedreht; ....

Vielleicht springt mich - wie in meinem Leben schon mehrfach - etwas entsprechendes an, wenn die richtige Zeit dafür gekommen ist.
Hat sich ja viel verändert und von diesem EMDR (- o.ä.) hab ich einiges Gutes gehört.
Liebe Grüße, Andrea


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 18:45 
Offline

Registriert: 02.04.2014, 16:25
Beiträge: 123
Babutz hat geschrieben:
Hat sich ja viel verändert und von diesem EMDR (- o.ä.) hab ich einiges Gutes gehört.



EMDR ist klasse ;)


Nach oben
 Profil  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Mein Leben steht Kopf *trigger?*
BeitragVerfasst: 20.05.2015, 19:13 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: 15.03.2010, 15:22
Beiträge: 2248
Wohnort: München
hi

wenn du magst, können wir uns austauschen
vielleicht kann sich dein Mann sich auch hier austauschen.

überlegt dir, was du braucht, damit es dir gut geht


lg

_________________
Geteilte Sorge ist halbe Sorge darüber zu reden macht uns stark


Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 11 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron
Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007, 2016 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de