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 Betreff des Beitrags: Prozessverlauf Trigger
BeitragVerfasst: 31.03.2016, 19:45 
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Registriert: 30.03.2016, 15:57
Beiträge: 3
Hallo,

ich weiß nicht, in welche Rubrik das am besten passt, aber da das bei mir im Moment ganz akut ist, dachte ich, ich beschreibe mal, wie so ein Gerichtsprozess aus meiner Sicht abläuft, zumindest bis dato, zwei Termine stehen ja mindestens noch aus.

Nachdem meine Tochter entschieden hat, Anzeige zu erstatten (wir haben ihr unter zu Hilfenahme eines Anwalts erklärt, was auf sie zukommt, sie wollte das), sind mein Mann und sie gemeinsam zur Polizei gefahren und haben ihre ersten Aussagen gemacht. Für meinen Mann, der der Vater des Opfers und des Täters ist, war es wichtig, dass er diese erste Aussage macht. Etwas später hat die Polizei meine Tochter nochmal vernommen und ihre Freundin, der sie alles lange Zeit vor uns erzählt hat. Einige Zeit später kam ein Brief vom Amtsgericht, dass die Sache wegen der schwere des Deliktes gleich an das Landesgericht weitergegeben wurde. Dann meldete sich eine psychologische Gutachterin vom Landgericht bei uns an. Sie hat viele Stunden mit uns allen einzeln gesprochen, das ganze fand bei uns zu Hause statt. Diese Frau war sehr nett und einfühlsam. Da meine Tochter zu dieser Zeit noch minderjährig war, waren Anwaltskosten gar kein Thema, der Anwalt hat gleich gesagt, dass es für den Fall Prozesskostenhilfe gibt.

Ca. ein halbes Jahr nach der Anzeige kam dann der Bescheid vom Landgericht, dass Anklage wegen ssmb an einem Kind erhoben wurde. Dann gingen erst einmal über vier Jahre ins Land, jedes Jahr kam ein Brief mit einer neuen Entschuldigung, warum sich das Gericht wieder nicht um unseren Fall kümmern kann. Anfang Februar kam dann die Nachricht, dass der Prozess Anfang März beginnt und die erst einmal vorgesehenen Termine. Es waren vier Termine angesetzt: erster Termin Anklageverlesung, zweiter Termin die Zeugen, dritter Termin Psychologe meiner Tochter und Gutachterin des Gerichtes, die übrigens alle Gerichtstage dabei sein muss (die arme Frau ist eigentlich schon seit Jahren in Rente und musste die Fallakten aus dem Keller wieder raussuchen, sie hat nicht erwartet, dass noch etwas passiert), vierter Termin Plädoyers und Urteilsverkündung. Wenn alles so gelaufen wäre, wären wir schon längst durch, aber, wie das Leben so spielt, eine Zeugin war bettlägerig krank, die Verteidigung hat noch zwei Zeugen aus dem Hut gezaubert, also dauert es noch ein bisschen.

Meine Tochter hätte als Nebenklägerin bei der Anklageverlesung dabei sein können, die Staatsanwältin hat ihr aber unmittelbar zu Beginn der Verhandlung nahe gelegt, den Gerichtssaal zu verlassen, da dies für ihre Zeugenaussage und Glaubwürdigkeit besser wäre, wenn sie nicht hört, was der Angeklagte vielleicht von sich gibt. Also ist sie ins Zimmer der Zeugenhilfe gegangen, was ich wirklich jedem in dieser Situation nur empfehlen kann. Die Frauen dort haben sich unglaublich lieb um uns alle gekümmert. Ihren Papa im Auto hatte sie in der Zwischenzeit völlig vergessen. Laut unserem Anwalt sollte das Ganze nicht mehr als eine halbe Stunde dauern, aber daraus wurde nichts, der Angeklagte hat die Gelegenheit genutzt, seine ganze tolle Lebensgeschichte zu erzählen, zu betonen, was für ein toller Kerl er ist und was wir doch für eine unbrauchbare Asselfamilie sind (das hat uns unser Anwalt nach unser aller Zeugenaussage dann erzählt, der Verteidiger hat wohl gemeint, er hätte sich bis 12 Uhr Zeit genommen, worauf der Richter gesagt haben muss, so viel Zeit hätte er aber nicht). Zum Tatbestand hat er sich nicht geäußert. Nach ca. einer Stunde fiel meiner Tochter dann ihr Papa wieder ein und sie hat ihn ins Zeugenzimmer geholt. Nach ca. drei Stunden und einem kurzen Gespräch mit dem Anwalt war das der erste Tag, da war ich noch nicht mit. Meine Tochter bestimmt jeden Besuch und jede Begleitung selbst, mittlerweile ist sie ja fast 20.

Als nächstes kam der Tag der Zeugenvernehmung. Zuerst musste meine Tochter ran. Veranschlagt war eine Stunde, drin war sie zwei. Ich saß vor dem Saal mit ihrer Freundin, die als nächstes dran war und habe sie mehrfach schreien gehört, aber natürlich nichts verstanden. Hinterher habe ich sie gefragt und sie meinte, sie hätte den Angeklagten angeschrieen, er solle sie schämen und solche Sachen, aber der Richter hat sie nicht gerügt. Dann kam ihre Freundin dran, sie war für eine halbe Stunde vorgesehen, wie alle weiteren Zeugen, aber alle waren ca. die doppelte Zeit im Saal. Dann kam mein Mann dran. Eigentlich sollte nach mir Mittagspause sein, aber alles hatte sich schon so nach hinten verschoben, das die Pause vor mir eingeschoben wurde. Da war dann in der Zwischenzeit schon die Zeugin der Verteidigung (seine jetzige Frau, die er damals noch gar nicht kannte) vor dem Saal. Ich wollte nicht an ihr vorbei, weil unter starkem emotionalen Druck mein Kreislauf gern mal verrückt spielt und ich wie die edlen Damen früher einfach in Ohnmacht falle, die Blöße wollte ich mir nicht geben, aber ich war ja schon extrem unter Stress. Ich hatte schon früher am Tag einen Schleichweg vom Zeugenzimmer über einen Wirtschaftsgang und Fahrstuhl gefunden, wo ich ungesehen zur Toilette konnte. Leider hat, als es drauf an kam der Fahrstuhl nicht mehr funktioniert und ich musste doch Spießrutenlaufen. Für so einen Fall habe ich einen Trick, ich fixiere eine Grünpflanze unterwegs und konzentriere mich darauf, welche Pflege ich genau dieser Pflanze zukommen lassen würde. So bin ich heil an denen, er stand nachher auch mit im Gang, vorbeigekommen. Danach kam unser gemeinsamer Sohn dran und dann sind wir nach Hause gefahren, die Zeugenaussage von ihr haben wir uns von unserem Anwalt erzählen lassen.

Am dritten Tag sollte die Polizistin aussagen, die die Anzeige aufgenommen hat, aber die war krank. Dann hat noch der Psychologe meiner Tochter ausgesagt, der war noch mal fast drei Stunden da drin, wir saßen wieder alle im Zeugenzimmer. Es wurde ein neuer Termin angesetzt, da die Zeugin krank war, die Verteidigung zwei weitere Zeuginnen benannt und die Gutachterin erst zu allerletzt aussagen muss. Die Zeugen sind inzwischen vernommen, da sind wir gar nicht hingefahren, war auch völliger Blödsinn, sie sollte bestätigen, dass der Angeklagte in der besagten Zeit nicht bei uns gewesen war, weil er immer nur bei ihnen war, was sie natürlich gar nicht aussagen konnten, weil das Schwachsinn ist. Die Frau von der Zeugenhilfe sagte uns, der Richter lässt diese Zeugen zu, damit es nachher keine Revision deswegen gibt. Die Polizistin war immer noch krank. Deshalb stehen ihre Aussage und die Gutachterin noch aus, dann die Plädoyers und noch die Urteilverkündung. Alle sagen es sieht gut für uns aus, aber was heißt das? Ein junger Mann, den ich zwanzig Jahre lang gern hatte geht wahrscheinlich ins Gefängnis, was ihm kein bisschen hilft und meiner Tochter auch nicht. Das Einzige, was vielleicht helfen würde, wären Zugeben, echte Reue und selbstauferlegte angemessene Buße, das könnte seine Seele retten und ihre dann vielleicht auch heilen, aber das brauche ich nicht zu erwarten. Laut der Zeugenhelferin sitzen solche Leute lieber etwas länger ab und stellen sich dann als Opfer der Justiz dar, warten wir ´s ab...

Glück im Unglück kann man sagen, haben wir. Das Gericht hat trotz öffentlichen Interesse des Falls keine Pressemitteilung rausgegeben, die Zeugenhelferin meint, weil die Presse die lange Zeit zwischen Anklageerhebung und Prozessbeginn zerfleischen würde.


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 Betreff des Beitrags: Re: Prozessverlauf Trigger
BeitragVerfasst: 31.03.2016, 19:45 
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Registriert: 30.03.2016, 15:57
Beiträge: 3
Jetzt waren wohl die Zeichen alle, aber ich war auch fertig.

Frau Holle


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