Gegen - Missbrauch e.V.

Hallo,

ich habe hier ein Buch vor mir liegen, "Lady Punk", dass die Einsamkeit eines 14 jährigen Mädchens aus reichem, aber gleichgültigen Elternhaus beschreibt.
Dieses Buch erhielt 1986 den Jugendliteraturpreis.

Mein Problem: In diesem Buch gibt es eine Szene zwischen ihr und einem 6jährigen Jungen, in dem sie den Jungen bittet, seinen Penis zu zeigen. Da dies dann für sie doch weniger "gefährlich" wirkte, als sie zuerst dachte, lachten sie und der Junge anschließend gemeinsam darüber. Es wird zwar gesagt, dass sie es hinterher am liebsten als "nicht geschehen" vergessen wollte, doch eine Bedeutung für den Jungen wird NICHT thematisiert.

Nun frage ich mich:
- Fällt das unter Missbrauch oder unter Doktorspiel, da das Mädchen selbst erst 14 ist?
- Ist dieses Buch ohne direkte Thematisierung möglicher Folgen für den Jungen (und durch das Lachen darüber, was es als harmlos hinstellt) für Jugendliche Leser schädlich, in dem Sinne, dass es diese Handlung einer Identifikationsfigur auferlegt (könnte zu identifizierenden Verhaltensweisen der Leser führen) oder gerate ich selbst hier in eine Haltung des Überpädagogisierens, was Jugendalltag verdeckt und verschweigt?

Irgendeinen Grund muss es geben, dass diese Szene nicht dazu geführt hat, das Buch von der Jugendliteraturauswahlliste zu streichen- es sogar gewinnen lies.

Würde mich gerne darüber austauschen. Ich werde in Schulen unterrichten- es ist wichtig für mich über sowas zu reflektieren. Insbesondere Kinder- und Jugendbücher mit Jugendliteraturpreis gehören durchaus auch zum Unterrichtsstoff, es wird erwartet, diese Literatur den Kindern näher zu bringen (also später auch von mir), es sei denn, die Lehrkraft hat didaktische Gründe dagegen (dazu zählt leider nicht: Ich magst einfach nicht). Falls jemand kompetent beurteilen möchte, ob hier ein Missbrauch oder nicht geschildert wird und über pädagogische Erfahrungen verfügt, würde ich auch die entsprechenden Seiten zitieren- da ich sie triggernd finde, habe ich es hier bisher nicht getan.

LG,
Pu

Hallo Pu,
kann nur dazu sagen dass selbst "doktorspiele" bleibende Erinnerungen als Folge haben können. Und wenn das Mädchen 14 ist sind das auch keine normalen doktorspielchen zwischen gleichaltrigen Kindern. Hm, ich fühl mich auch ein bisschen blöd, man will ja nicht immer gleich Hysterie verbreiten. Aber oft wird halt auch unter dem Deckmantel "ist doch normal in dem Alter" oder "das macht doch jeder mal" viel runtergeredet und verharmlost.
Ich kenne das Buch nicht, aber wenn dort rüberkommt das es ok ist wenn ein(e) Jugendliche(r) so mit einem Kind umgeht dann finde ich es schon bedenklich. Ich kann mich noch gut an eine Situation auf einem Kindergeburtstag erinnern. Ich war als Gast dort (also als Kind), und wir spielten Flaschendrehen. Die "tolle" Idee war, die zwei Kinder auf die die Flasche nacheinander zeigt müssen zus. auf die Toilette gehen und sich gegenseitig ihr Ges****teil zeigen.
Total bescheuert, total kindisch, total peinlich. Aber ich hab mitgemacht. Obwohl ich nicht wollte, obwohl ich fast vor Angst und Scham gestorben bin. Bis Heute hab ich diese Sit. vor Augen. Also ich denke solche Sachen sind nicht harmlos. Denn ein Kind das M****ch erlebt hat kann sich in solchen Situationen nicht wehren. Nicht nein sagen. So ging es mir zumindest.
LG daisy74

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Schatten, die auf unser Leben fallen, sind ein sicheres Zeichen dafür, dass es irgendwo ein Licht geben muss, das es sich lohnt zu suchen.

hallo pu...

ich empfinde deine bedenken als berechtig, und ich habe mal bei wildwasser wegen einer ähnlichen sache, die leider nicht "nur" in nem buch stand, nachgefragt, und mir wurde gesagt, das es bei einem solchen altersunterschied nichts mehr mit doktorspielchen zu tun hat... ich denke, das die art, der "neugierde" auch im alter von 6 und 14 eine ganz andere ist, also nicht iwie auf einem level...
was mir aber aufgefallen ist... ich habe das so verstanden, dass das mädchen das gemacht hat, weil sie sich einen penis, als etwas bedrohliches vorgestellt hat, und frage mich, wie es dazu kommt, also, muss da doch auch schon irgendwas nicht ganz rundgelaufen sein, im vorherein, nur was, das scheint ja nicht in dem buch drin zu stehen, also würde ich das wohl eher nicht für den deutsch unterricht empfehlen... es sei denn, man reflektiert das halt mit den schülern zusammen, und stellt klar das sowas nicht in ordnung ist, analysiert vllt, weshalb es überhaupt soweit kommen konnte... aber vllt ist das dann doch eher was für den pädagogik unterricht... ich weiß zwar keins, aber denke um mit kinder und jugendlichen das thema mb zu thematisieren gibt es sicherlich geeignetere litaratur... also, mein "fazit", kein buch für den deutsch unttericht in unter und mittelstufe... zumindest nicht nachdem, as du davon berichtest, selber gelesen hab ich es ja nicht

lg chupi

Hallo ihr beiden,

ja ich finds auch bedenklich- nach meinem Empfinden ist es Missbrauch. Wird dort aber nicht so benannt. Und genau da sehe ich die Mögliche Schädigung durch das Buch.

Problem ist eben (egal ob ICHS in den Deutschunterricht nehme und thematisiere oder nicht): Das Buch hat den Jugendliteraturpreis und WIRD sowohl von Eltern als pädagogisch und literarisch wertvolles Buch gekauft werden, als auch im Deutschunterricht generell thematisiert werden.
Ich werd mal versuchen das Thema hier an der Uni anzusprechen- um mal anzutesten, ob die Reaktion sein wird "du übertreibst, das ist n Doktorspiel" oder mir zugestimmt wird. Aber eigentlich kann ich in Pädagogenkreisen gar keine Unterstützung kriegen- würds in Fachkreisen irgendjemand so sehen wie ich, hät das Buch keinen Preis (den höchsten überhaupt in Deutschland- nur 1 Jugendbuch pro Jahr erhält ihn) erhalten..

LG,
Pu

Ich finde auch nicht, dass diese Szene harmlos ist und von mir hätte das Buch den Preis nicht bekommen.
Ich denke, dass die Jurymitglieder über den Unterschied zwischen Doktorspielen und Missbrauch nicht informiert sind. Vielleicht haben sie auch an Günter Grass Blechtrommel gedacht, in der eine eindeutige Missbrauchsszene zwischen einer Frau und einem Jungen vorkommt, die aber dem Ruhm des Buches und dem Ruf des Autors nicht geschadet hat.
Wir sind einfach sensibel für das Thema, die meisten Menschen aber nicht! Und trotzdem können wir durch unsere Entscheidung: Buch kaufen oder empfehlen oder nicht auf das aufmerksam machen, was nicht in Ordnung ist.

Als Lehrer muss man zwar den Lehrplänen entsprechend unterrichten, aber bei der Literatur hat man immer noch die Auswahl zwischen verschiedenen Büchern. Und wenn du das Buch nicht nehmen willst, dann lass es! Ich möchte den Schulleiter sehen, der dich dazu zwingen würde, es doch zu nehmen!

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Es ist nie zu spät sich für das Leben zu entscheiden!

Hi Katahrina,

stimmt, ich werd mich da durchsetzen können.
Aber nur, was mich selbst und meine Klasse betrifft.

LG,
Pu

Das ist doch super, wenn du dich für deine Klasse entscheiden kannst!
Vielleicht denken die anderen - oder wenigstens einige - dann mal nach, warum du dieses Buch nicht nimmst.

Aber bitte warte nicht, bi du alle auf deine Seite bekommst, das ist meist nicht zu schaffen. Mach das, was du vor dir verantworten kannst! Du bist sensibel für das Thema, die KollegInnen oft nicht! (Erfahrung in 40 Lehrerjahren!).

Ich wünsche dir den Mut und die Kraft, nicht mit den Wölfen zu heulen. Es zahlt sich aus, das kannste mir glauben! Und irgendwann findest du dann auch eine(n) KollegIn, mit der/dem du offen über das Thema sprechen kannst. Und du wirst mit Freude feststellen, dass du nicht ausgelacht oder für verrückt gehalten wirst.

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Es ist nie zu spät sich für das Leben zu entscheiden!

Huhu,

noch zur Ergänzung. Dauert noch 6 Wochen, bis ich mit dem Studium durch bin und erst dann wirds akut

Aber mit Kinder- und Jugendliteratur beschäftige ich mich auch gerade eben zur Prüfung.

LG,
Pu

Dann drücke ich dir ganz fest die Daumen, dass alles so klappt, wie du es dir wünschst. Hast du schon eine Referendarstelle?

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