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 Betreff des Beitrags: Ein wenig von mir
BeitragVerfasst: 30.01.2011, 14:32 
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Registriert: 25.01.2011, 22:56
Beiträge: 10
Manchmal frage ich mich, war ich überhaupt jemals wirklich glücklich? Es wäre aber auch nicht richtig zu sagen, ich war immer unglücklich und so bleibt nur, ich habe existiert. Dies zu erkennen, ist für mich sehr schmerzlich und noch schmerzlicher ist es, mich an die Ursachen heranzutasten. Ich war schon als Kind sehr einsam. Meine Mutter arbeitete und häufig kam sie erst nach Hause, wenn ich schon im Bett lag. Wir wohnten damals zur Untermiete bei einer alten Dame. Am Tage war ich in einer Kindertagesstätte und abends legte mich die alte Dame ins Bett. Weinen war nicht erlaubt, sie fühlte sich dann gestört und oft musste ich mir anhören, dass meine Mutter ja für mich Geld verdienen muss. Ich fühlte mich also schuldig dafür, dass meine Mutter so schwer arbeiten musste.
Als ich sechs Jahre alt war, schloss sich meine Mutter den ZJ an und mein Leben sollte sich total ändern. Schon in diesem Alter wurde man zu allen Zusammenkünften mitgenommen. Die Bibel wurde studiert und ich lernte, den „Willen des Herrn“ zu tun. Schließlich wollte ich auch einmal in dem Paradies leben, welches uns verheißen wurde und nicht mit den „Menschen aus der Welt“ vernichtet werden.
Aber als ich ca. 10 Jahre war, bekam ich Zweifel. Vieles störte mich und ich stellte Fragen. Fragen waren nicht erwünscht, man muss glauben und nicht nachfragen, das würde ja bedeuten man stellt etwas in frage und so beschloss man, dass zwei Älteste der Gemeinde einmal in der Woche mir Unterricht erteilen sollten. Das was ich dort erlebte, habe ich jahrelang verschlossen, es nicht zugelassen, darüber zu sprechen oder auch nur nachzudenken. Bis heute fühle ich mich schuldig an all dem was geschah, denn ich habe nichts gesagt und geschwiegen. Die Schuldfrage ist bei mir ein großes Thema, wurde es mir doch immer und immer wieder von den beiden gesagt, wie schlecht ich bin, dass sie es nur für mich täten und ich für meine Sünden (welche wusste ich nie) zahlen musste. Ich habe das Problem, mich selbst anzunehmen, mich zu mögen. Jetzt erkenne ich, dass meine Mutter, die ich so sehr liebte und die für mich immer Halt bedeutete, sicher von allem wusste, oder es zumindest bemerkt haben muss. Lange wollte ich es mir nicht eingestehen, habe aber erkannt, dass es wohl unmöglich war, nichts bemerkt zu haben. Warum hat sie es zugelassen, warum hat sie mich nicht beschützt? War ich es nicht wert? War ich wirklich so ein schlechter Mensch? War ich es , dann bin ich es immer noch.

Ich habe hier auch vom Inneren Kind gelesen. In der Therapie habe ich auch Kontakt zu diesem Kind aufnehmen sollen und es ist mir gelungen. Ich habe gesehen, wie es traurig, in einer Ecke eines dunklen Raumes hockt. Doch hingehen, es beschützen und in den Arm nehmen, das konnte ich einfach nicht. Ich habe dann eine Kerze hingestellt, damit es dort nicht so dunkel ist. Trotzdem fühlte und fühle ich mich bei dem Gedanken, nicht hingehen zu können schlecht.

Zurzeit habe ich das Gefühl, alles überrollt mich, mir wird der Boden unter den Füßen entzogen und meine von mir aufgebaute kleine Welt, entgleitet mir. Meine Ärztin wollte mich in eine Klinik einweisen und ich bin völlig unsicher, ob das gut wäre. Einerseits bin ich allein hier im Haus, habe Angst vor meinen Gedanken, aber eine Klinik?

LG Zefira


Zuletzt geändert von Zefira am 31.01.2011, 01:32, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Hallo Zefira,
BeitragVerfasst: 30.01.2011, 22:08 
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Registriert: 18.01.2011, 11:58
Beiträge: 24
Wohnort: NRW
ich hatte schon ganz viel geschrieben....und alles wieder weg gelöscht :-(
Sorry.
Aber ich will dir wenigstens viel Kraft wünschen....

Grübelchen


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BeitragVerfasst: 31.01.2011, 01:16 
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Registriert: 25.01.2011, 22:56
Beiträge: 10
Liebes Grübelchen,

danke für deine Worte. Es hilft schon zu wissen, da gibt es Menschen, die verstehen.

LG Zefira


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BeitragVerfasst: 01.02.2011, 00:40 
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Registriert: 30.07.2010, 10:27
Beiträge: 294
Hallo Zefira,
ich kenne das, nicht zu dem eigenen verletztem Kind hingehen können, nicht in der Lage sein, sich zu kümmern oder es zu beschützen, manchmal will ich es einfach "weg haben"...hm, mein Therapeut meint immer, das ist o.k., ich habe jetzt "innere Helfer", die mein Kind versorgen. Ich glaube mittlerweile, dass es ganz normal ist, dass wir erstmal Abstand von unseren schlimmen Erfahrungen und so auch von unseren verletzten Anteilen oder Kindern nehmen, denn es ist alles sehr viel und anstrengend (daher verdrängen viele alles auch erstmal total). Deshalb bist du nicht schlecht oder eine "Rabenmutter" für dein inneres Kind, sondern es ist einfach menschlich.
Ich wünsche dir viel Kraft und mach einfach immer weiter :wink:
Saluti Belita


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BeitragVerfasst: 01.02.2011, 11:34 
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Beiträge: 10
Hallo Belita,

es ist immer etwas beruhigend, wenn man hier hört, es geht anderen genauso. Dafür einfach nur danke. Mein Therapeut meinte zu mir, ich würde es lernen, mich meinem inneren Kind langsam anzunähern. Allein der Gedanke macht mir aber schon Angst. Ich sehe mich auch zurückblickend nie als Kind, sondern immer als Erwachsene. Manchmal glaube ich einfach, dieses Kind ist gestorben, denn lebend wäre es nicht auszuhalten gewesen.

LG Zefira


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BeitragVerfasst: 01.02.2011, 20:32 
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Beiträge: 2148
Hallo Zefira,
ich habe lange gebraucht und es fällt mir heute ncoh schwer, anzunehmen, dass ich damals ein Kind war. Ich schiebe es so weit von mir weg. Ich glaube, es ist noch ein Schutz, mein Schutz um nicht von den Gefühlen überwältigt zu werden.
Dir alles Gute.
LG liv


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BeitragVerfasst: 02.02.2011, 11:00 
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Beiträge: 632
hallo zafira

was du durchmachen musstest ist echt schlimm. Tut mir echt leid.Was soll ich sagen, ich kenne das auch nur zu gut, dass man sich dem Kleinen Mädchen nicht nähern kann. Ich hasse sie sogar, weil sie nichts gesagt hat und sich nciht gewehrt hat. (auch wenn es vielleicht nichts genützt hätte, da meine Mam irgendwie ja auch bescheid wusste.
Ich kann dir nur eines sagen, gib dir bitte Zeit, denn die Heilung braucht Zeit.Es wird alles so aufbrechen, wie deine Seele ertragen kann-denk-. Naja manchmal kann es zu viel werden, dann wird wohl ein KLinikaufenthalt nicht erspart bleiben. Eine Therapiestation wäre aber glaub ich nciht schlecht(hat mir auch geholfen kleine Schritte zu machen).
Hast du es eigentlich geschafft dich von den ZJ los zu lösen?? KOnntest du die Täter anzeigen???? wäre vielleicht eine gute MÖglichkeit!!!!!!!!

Alles Gute
babas


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BeitragVerfasst: 02.02.2011, 13:12 
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Registriert: 25.01.2011, 22:56
Beiträge: 10
Hallo ihr Lieben,

es tut sooo gut euch zu lesen, zu merken man wird verstanden und man fühlt sich ein ganz klein wenig weniger komisch.
Besonders das mit dem inneren Kind belastet mich. Ich setze mich dann leicht unter Druck, weil ich es doch schaffen will. Ich liebe Kinder, warum mein inneres Kind nicht? Hmm, ich denke ich verachte es und es macht mir Angst mich ihm zu nähern. Mir wird sofort übel, bekomme Schweißausbrüche und fange an mich zu verkrampfen.
Durch eure Antworten aber weiß ich nun, dass es euch ähnlich ging, ich kann etwas entspannter sein und das ich mir einfach Zeit lassen muss.

Babas, die ZJ habe ich schon lange verlassen. Die Kraft dazu hatte ich als ich 28 Jahre war. Der Mb war vorbei, ich hatte ihn gut verpackt irgendwo im Inneren versteckt. Das Verlassen der ZJ bedeutet auch gleichzeitig alles aufzugeben. Mein Leben spielte sich bis zu diesem Zeitpunkt ja nur in dieser, sich von der übrigen Welt abgekapselten Gemeinde ab und das macht es so schwer zu gehen. Dort sind die Menschen, die man kennt, teilweise auch mag. Dort war meine Familie. Tante, Cousine, Opa und meine Mutter. Als ich ging, war ich weltfremd und musste mich völlig neu orientieren. Ich vermute, dass ich durch diesen Umstand auch meine ganzen Probleme die ich hatte, nie mit Mb in Verbindung brachte. Das ich eben anders war, schob ich auf die strenge religiöse Erziehung. Emotionaler MB könnte man es nennen und er zerstört ebenso. Sch**ge waren dabei das was ich noch am besten ertragen konnte, waren sie doch angeblich ein Zeichen von Liebe. Schlimmer war, man wird beeinflusst und einem wird als Kind schon klar gemacht, dass man nur dann von Gott errettet wird, wenn man "seinen Willen" tut und sein Wille bedeutet, den Ältesten zu gehorchen, denn sie waren ja seine Vertreter. Die Vernichtung aller Menschen wird einem in den schrecklichsten Farben geschildert. Ich ging also den Weg des "ich tue das was mir gesagt wird, denn das ist ja der Wille Gottes" obwohl ich im inneren wusste, das es falsch ist (das ist es, was ich mir auch immer wieder vorwerfe). Meine ganzen Zweifel die ich hatte, machten mir Angst, denn ich wollte doch kein schlechter Mensch sein.

Nun habe ich schon wieder so viel geschrieben. Aber etwas möchte ich euch noch sagen. Es gibt in meinem Leben zwei Dinge auf die ich wirklich stolz bin. Erstens auf meinen Sohn, den ich liebe (wenigstens ihn kann ich lieben) und der einfach der tollste Sohn ist (stimmt wirklich gg). Zweitens bin ich stolz darauf, es damals geschafft zu haben mich von den ZJ zu lösen. Es war wirklich schwer und damals verlor ich alles. Familie und Freunde, denn keiner von ihnen sieht mich noch. Sie gehen an mir vorbei wie an einer Fremden.

LG Zefira


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BeitragVerfasst: 16.03.2011, 17:42 
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Registriert: 01.04.2006, 10:23
Beiträge: 708
Wohnort: Hessen
hallo, Zefira!

das, was du bzgl. des inneren kindes schreibst, kommt mir bekannt vor. ich habe auch große probleme, mit meinem inneren kind zu kommunizieren, es anzunehmen, es zu trösten usw. . ich mag auch kinder und habe mir auch die frage gestellt, warum ich dann mein inneres kind nicht mag. ich denke, das problem liegt darin, dass ich meinem inneren kind die schuld an vielen dingen gebe und ich übertrage ihr viel verantwortung...irgendwie steh ich halt mit meinem inneren kind in einer echten ablehnung, was von mir ausgeht.
warum ich dir das alles schreibe? ich wollte dir nur mal zeigen, dass du damit nicht allein stehst und dass ich dich gut verstehen kann. ich lese gerade das buch "Aussöhnung mit dem inneren Kind" von Erika J. Chopich. das buch haben mir einige user dieses forums empfohlen. allerdings kann ich dir noch nicht sagen, ob es mir bisher geholfen hat oder ich es für gut befinde, weil ich erst angefangen habe, das buch zu lesen. aber viele hier haben gesagt, dass es gut sein soll. vielleicht ist das ja ein kleiner weg für dich, besser damit zurecht zu kommen und einen besseren weg zu deinem inneren kind*ls*

wie ist es dir denn zwischenzeitlich mit deinem inneren kind ergangen?


gruß, die kassiopeia


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